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CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)

CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)

Titel: CIA: Die ganze Geschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Weiner
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will, dass jemand genau aufpasst, wer dieses Land verlässt, wohin er geht, warum er geht.« Der letzte Satz war gezielt an Helms adressiert.
    Die CIA fand freilich nie auch nur den leisesten Beweis für eine Verbindung der Führer der amerikanischen Linken oder der Black-Power-Bewegung zu ausländischen Regierungen. Helms überbrachte dem Präsidenten diese traurige Nachricht am 15.November 1967. Er berichtete, die CIA habe zwar einige Mitglieder der amerikanischen Linken im Verdacht der ideologischen Nähe zu Moskau und Hanoi, aber es gebe keine Beweise dafür, »dass sie anderen Vorgaben folgen als den eigenen«. Lyndon Johnson befahl Helms, noch intensiver zu suchen. Abgesehen von einer fortlaufenden Verletzung der Satzung der CIA kam dabei nichts heraus.
    Millionen von Amerikanern erlebten den Krieg jeden Abend zu Hause im Fernsehen. Am 31.Januar 1968 schlugen kommunistische Truppen in einer Stärke von 400 000 Mann gegen fast jede größere Stadt und Militärgarnison in Südvietnam los. Der Angriff ereignete sich in der ersten Nacht des Tet, des Neujahrsfestes nach dem Mondkalender, und der Feind zog um Saigon und die großen amerikanischen Stützpunkte in Hue und Khe Sanh einen Belagerungsring. Am 1.Februar hielten das Fernsehen und Fotoapparate fest, wie der Polizeichef von Saigon einen gefangenen Vietkong kaltblütig mit einem Pistolenschuss in den Kopf hinrichtete. Die Angriffe gingen unablässig weiter. Obwohl die Amerikaner einen überwältigenden Gegenangriff starteten – allein um Khe Sanh wurden 100 000 Tonnen Bomben abgeworfen –, bedeutete der Schock des Überraschungsangriffs eine verheerende psychologische Niederlage für die Vereinigten Staaten. Helms gelangte zu dem Ergebnis, dass die CIA die Tet-Offensive nicht vorhersehen konnte, weil sie so gut wie keine nachrichtendienstlichen Informationen über die Absichten des Gegners besaß.
    Am 11.Februar 1968 versammelte Helms seine Vietnam-Experten in der Zentrale. Alle außer einem – George Carver, der immer noch optimistisch war, wenn auch nicht mehr lange – stimmten in den folgenden Ansichten überein: General Westmoreland, der amerikanische Befehlshaber in Saigon, verfüge über keine in sich stimmige Strategie. Mehr amerikanische Truppen zu schicken sei sinnlos. Wenn die Regierung und die Armee Südvietnams nicht an einem Strang zögen und gemeinsam den Feind bekämpften, seien die Vereinigten Staaten gut beraten, abzuziehen. Helms schickte George Allen zurück nach Saigon, damit er sich ein Bild von dem angerichteten Schaden machte und mit Präsident Thieu und Vizepräsident Ky Gespräche führte. Allen stellte fest, dass die südvietnamesische Armee ein Scherbenhaufen war und die zwei führenden Politiker sich aufs Messer bekriegten. Die amerikanischen Soldaten sahen sich außer Stande, allein die großen Städte des Landes zu verteidigen; die amerikanischen Spione waren in Panik und demoralisiert. Hanoi hatte seinen größten politischen Triumph seit 1954 errungen; damals hatte es den Franzosen bei Dien Bien Phu den Todesstoß versetzt.
    Helms persönlich trug dem Präsidenten die zutiefst pessimistische Einschätzung vor. Sie zerstörte den letzten Rest von LBJs enormer politischer Willenskraft.
    Am 19.Februar, während Hanoi eine neue Welle von Tet-Angriffen startete, führte der Präsident ein privates Gespräch mit Dwight Eisenhower. Am nächsten Tag, beim dienstäglichen Mittagessen im Weißen Haus, hörte sich Helms an, was der Präsident von dem Gespräch zu berichten hatte.
    »General Eisenhower meinte, auf Westmorelands Schultern laste größere Verantwortung, als sie ein General dieses Landes jemals zu tragen hatte«, erzählte LBJ. »Ich fragte ihn, wie viele Verbündete im Zweiten Weltkrieg unter seinem Kommando standen. Er sagte, die Truppen der USA und der Alliierten zusammengenommen, habe er etwa fünf Millionen Mann befehligt. General Westmoreland, erwiderte ich, habe 500 000 Mann; wie könne er da behaupten, auf Westmorelands Schultern laste die größte Verantwortung, die je ein General getragen habe? Es sei ein anderer Krieg, meinte er, und General Westmoreland wisse nicht, wer der Feind sei.«
    Endlich hatte Lyndon Johnson verstanden, dass keine Strategie den Mangel an nachrichtendienstlicher Information in Vietnam wettmachen konnte. Die Vereinigten Staaten konnten keinen Feind schlagen, den sie nicht verstanden. Ein paar Wochen später erklärte er seinen Verzicht auf eine mögliche Wiederwahl zum Präsidenten der

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