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CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)

CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)

Titel: CIA: Die ganze Geschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Weiner
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präsidialen Amtsgewalt, die ihre Wurzeln im göttlichen Recht des Königtums hat, voll zu eigen gemacht. Ob der Präsident selbst oder ein nicht gewählter Beamter im Namen des Präsidenten einen solchen Befehl erteilte, machte freilich noch einen wesentlichen Unterschied.
    »Macht den Sowjets Feuer unterm Hintern, und zwar kräftig«
    Nixon und Kissinger operierten derart verstohlen, dass selbst die CIA außen vor blieb. Wenn die beiden mit Gegnern der Vereinigten Staaten in Verbindung traten – wenn sie Geheimverhandlungen mit den Sowjets, den Chinesen, den Nordvietnamesen führten –, erfuhr die CIA wenig oder nichts darüber. Dafür gab es einen Grund: Vielen Äußerungen der Experten der CIA über die Kräfte des Kommunismus begegnete das Weiße Haus mit Skepsis, zumal was die Einschätzung der Militärmacht der Sowjetunion betraf.
    »Ich will damit nicht sagen, dass sie bei den Informationen lügen oder diese verzerren, aber ich möchte, dass ihr Burschen größte Sorgfalt walten lasst, wenn es darum geht, Tatsachen von Meinungen zu trennen«, erklärte Nixon gegenüber Helms auf einer Sitzung des Nationalen Sicherheitsrates am 18.Juni 1969.
    »Tatsache ist, dass die nachrichtendienstlichen Voraussagen für 1965, 1966, 1967 und 1968 – ich hab’ sie mir alle angeschaut – bis zu fünfzig Prozent danebenlagen, was den tatsächlichen Waffenbesitz der Russen betraf – und zwar lagen sie zu niedrig«, verkündete Nixon. »Wir müssen von den Fakten ausgehen, und zwar von sämtlichen Fakten, und unsere Schlussfolgerungen auf der Grundlage gesicherter Fakten ziehen. Ist das jetzt klar?«
    Nixon war rasend vor Zorn, als die Agency geltend machte, die Sowjets hätten weder die Absicht, noch verfügten sie über die Technik, einen vernichtenden nuklearen Erstschlag zu führen. Diese Beurteilung entsprang einem ganzen Bündel von offiziellen Schätzungen der Stärke der sowjetischen strategischen Streitmacht, die Nixon allesamt verwarf. »Nutzlos«, schrieb er an die Ränder eines Memorandums über die nuklearen Kapazitäten Moskaus, das ihm Helms vorlegte. »Ein oberflächliches, hirnloses Nachplappern dessen, was wir aus der Tagespresse wissen.« Die Analysten der CIA widersprachen den Plänen Nixons zum Aufbau eines Raketenabwehrsystems – des Vorläufers der späteren Krieg-der-Sterne-Fantasien. »Auf wessen Seite steht die CIA?«, so interpretierte Helms im Rückblick die Argumentationsweise des Weißen Hauses. »Mit anderen Worten: ›Tun wir uns zusammen und stutzen das Beweismaterial zurecht.‹«
    Am Ende tat Helms genau dies, indem er eine Schlüsselpassage mit der Einschätzung der Stärke der sowjetischen Atomstreitmacht im Jahr 1969 aus dem Text tilgte. Einmal mehr manipulierte die CIA ihre Befunde, um sie dem politischen Schematismus des Weißen Hauses anzupassen. Seine Entscheidung, dem Weißen Haus zu Willen zu sein, »kam bei den Analysten nicht gut an«, wie sich Helms erinnerte. »In ihren Augen hatte ich eine der grundlegenden Verpflichtungen der Agency mit Füßen getreten – die Aufgabe, sämtliche verfügbaren Daten zu prüfen und unabhängig von der jeweiligen Politik der USA Schlussfolgerungen zu formulieren.« Aber Helms traute sich nicht, diesen Kampf durchzufechten: »Ich war überzeugt davon, dass wir bei diesem Streit mit der Regierung Nixon den Kürzeren ziehen würden und dass die Agency dabei dauerhaften Schaden nehmen würde.« Seine Analysten beklagten sich darüber, dass abweichende Ansichten unter den Tisch fielen und aus vergangenen Fehlern nichts gelernt werde. Pläne zur Verbesserung der Analyse der sowjetischen Kapazitäten und Zielsetzungen kamen indes keine zum Vorschein.
    Die CIA studierte seit mittlerweile acht Jahren Aufklärungsfotos, die ihr Spionagesatelliten von der Sowjetunion lieferten; mit den aus dem Weltraum gemachten Bildern setzte sie das Puzzle der sowjetischen Militärmacht zusammen. Die Organisation bereitete die nächste Generation von Spionagesatelliten vor, die man mit Fernsehkameras ausrüsten wollte. Helms hegte stets die Überzeugung, dass Apparaturen die lebendigen Spione nicht ersetzen konnten. Dessen ungeachtet versicherte er Nixon, durch sie sei sicherzustellen, dass Moskau sich an das SALT-Abkommen, über das gerade in Helsinki verhandelt wurde und bei dem es um eine Beschränkung strategischer Waffen ging, halten werde.
    Je mehr Rohmaterial die CIA aber zusammenbrachte, umso mehr verunklarte sich das Gesamtbild. Nixon warf der CIA zu Recht

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