CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)
die CIA zurück. Bob Gates ging ihn auf Anweisung des Weißen Hauses am 29.Januar 1987 im Krankenhaus besuchen und brachte ein Rücktrittsgesuch mit, das Casey unterschreiben sollte. Casey konnte den Stift nicht festhalten. Er ließ sich mit Tränen in den Augen aufs Bett zurücksinken. Als Gates am folgenden Tag wieder ins Weiße Haus kam, bot ihm der Präsident der Vereinigten Staaten den Posten an – »einen Posten, den wohl niemand sonst haben wollte«, dachte Gates bei sich. »Kein Wunder.«
Gates amtierte fünf qualvolle Monate lang, bis zum 26.Mai 1987, als geschäftsführender Direktor des Zentralen Nachrichtendienstes, aber seine Nominierung stand unter keinem guten Stern. Er musste sich gedulden, bis der Wind sich wieder gedreht hatte. »Es wurde rasch klar, dass er mit dem, was Casey getan beziehungsweise nicht getan hatte, zu eng verknüpft war«, erklärte der folgende CIA-Direktor, William Webster. »Bobs Methode hatte darin bestanden, die Augen zuzumachen. Unter den gegebenen Umständen war das nicht akzeptabel.«
Webster hatte neun lange Jahre das FBI geleitet. Er war ein von Carter ernannter vierschrötiger, geradezu unanständig sauberer, apolitischer Mann, einer der wenigen in der Regierung Reagan, die nach dem Iran-Contra-Debakel noch für moralische Integrität standen. Früher hatte er ein Bundesrichteramt innegehabt und ließ sich immer noch gerne mit dem dort erworbenen Amtstitel anreden. Dass es dem Weißen Haus attraktiv erschien, einen Mann zum Leiter der CIA zu bestellen, der sich mit »Richter« anreden ließ, lässt sich unschwer vorstellen. Wie Admiral Turner gehörte auch Webster der Christian Science an und war ein Mann mit festen moralischen Prinzipien. Ein Mann Reagans war er nicht; er unterhielt keine politischen oder persönlichen Beziehungen zum Präsidenten. »Er hat mich nie um irgendetwas gebeten«, sagte Webster. »Wir hatten nichts miteinander zu bereden. Wir waren keine Kumpels. Dann bekam ich Ende Februar 1987 einen Anruf.« Reagan hatte plötzlich jede Menge zu bereden. Am 3.März verkündete der Präsident die Berufung Websters zum Direktor des Zentralen Nachrichtendienstes und pries ihn als »einen gesetzestreuen Mann«.
Über Casey wurde so etwas nie geäußert. Nachdem er am 6.Mai vierundsiebzigjährig gestorben war, machte ihn bei der Trauerfeierlichkeit sein eigener Bischof von der Kanzel herab schlecht, während Reagan und Nixon schweigend zuhörten.
Casey hatte im Laufe von sechs Jahren die CIA fast auf das Doppelte vergrößert; dem Geheimdienst gehörten mittlerweile rund sechstausend Beamte an. Am Hauptsitz hatte er einen 300 Millionen teuren Glaspalast errichten lassen, um seine neuen Angestellten unterzubringen; rund um die Welt verfügte er über geheime Heere. Und doch ließ er die Agency weit schwächer zurück, als er sie vorgefunden hatte; mit seinen gewohnheitsmäßigen Lügen hatte er sie ruiniert.
Aus seiner Zeit unter Casey zog Bob Gates eine simple Lehre: »Der Geheimdienst ist das Herzstück und die Seele der Agency«, sagte er. »Er ist aber auch das, was dich ins Kittchen bringen kann.«
42 »Das Undenkbare denken«
Der Präsident der Vereinigten Staaten gestand dem amerikanischen Volk, dass er es belogen hatte, was das Tauschgeschäft Waffen gegen Geiseln betraf. Das Weiße Haus bemühte sich, den politischen Wirbelsturm in Richtung Casey und CIA zu lenken. Weder Casey selbst noch seine Einrichtung konnten in Deckung gehen. Der Kongress lud Caseys Beamte und Agenten vor und ließ sie aussagen. Sie vermittelten den Eindruck, dass die Vereinigten Staaten Schwindlern und Gaunern die Wahrnehmung ihrer außenpolitischen Angelegenheiten übertragen hatten.
Der Amtsantritt von Bundesrichter Webster in der CIA ließ an eine feindliche Übernahme denken. Der Kongress und ein unabhängiger Rechtsanwalt versuchten herauszufinden, was genau Casey im Schilde geführt hatte. Operationen wurden ausgesetzt, Pläne zu den Akten gelegt, Karrieren zerstört. Angst machte sich in der Zentrale der Agency breit, als drei Dutzend FBI-Agenten mit Vorladungen durch die Flure marschierten, doppelt gesicherte Tresore öffneten, Geheimakten durchblätterten und Beweise für die Straftatbestände Behinderung der Justiz und eidliche Falschaussage suchten. Die Führungsspitze des Geheimdienstes wurde verhört und sah Anklagen entgegen. Caseys Idee von einer CIA, die keinen gesetzlichen Beschränkungen unterworfen war, hatte sie ins Verderben gestürzt.
»Ich
Weitere Kostenlose Bücher