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CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)

CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)

Titel: CIA: Die ganze Geschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Weiner
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grundlegendes Unvermögen des gesamten Personals der für die Sowjetunion zuständigen Abteilung, das Undenkbare zu denken« – dass nämlich im Geheimdienst selbst ein Verräter versteckt sein könnte. Nach der Lektüre des Berichts hatte Casey Clair George gemaßregelt: »Ich bin entsetzt über die erstaunliche Seelenruhe (…) [angesichts] dieser Katastrophe«, schrieb er. Privat indes zuckte Casey nur mit den Schultern. Er beauftragte drei Leute – einer davon eine Teilzeitkraft – mit der Untersuchung der Tode dieser für die CIA wichtigsten Auslandsagenten.
    Wie wenig Vertrauen die leitenden Beamten des Geheimdienstes zu Webster hatten, lässt sich daran ermessen, dass sie ihn nie die volle Wahrheit über den Fall wissen ließen. Er erfuhr niemals, dass es sich hier um die schlimmste Infiltration in der Geschichte der CIA handelte. Er wusste, dass es eine unbedeutende Untersuchung gab – »eine Übung, nichts weiter. Wenn sie was fänden, prima«, erzählte er. »Wenn sie keine finstere Ursache finden würden, dann gebe es vielleicht einen anderen Grund oder überhaupt keinen. Mehr habe ich darüber nicht mitgeteilt bekommen.«
    Die Untersuchung schlug fehl, und der Gegenspionage-Albtraum, mit dem sich die CIA konfrontiert sah, wuchs sich unter Webster noch weiter aus.
    Im Juni 1987 fuhr Major Florentino Aspillaga Lombard, der Chef des kubanischen Nachrichtendienstes in der Tschechoslowakei, über die Grenze nach Wien, marschierte in die amerikanische Botschaft und lief über. Jim Olson, dem Chef des CIA-Büros in Wien, enthüllte er, dass jeder kubanische Agent, den die CIA im Laufe der vergangenen zwanzig Jahre angeworben hatte, ein Doppelagent war, der vorgab, den Vereinigten Staaten ergeben zu sein, während er heimlich für Havanna arbeitete. Das war ein echter Schock und kaum zu glauben. Die Analysten der CIA freilich mussten nach langer und sorgfältiger Prüfung bedrückt zugeben, dass der Major recht hatte. Im gleichen Sommer fingen eine Reihe neuer Kontaktleute aus dem Militär und den Nachrichtendiensten der Sowjetunion und des Ostblocks an, neue Informationen über den Tod der CIA-Agenten zu liefern. Die anfänglich spärlichen Informationen begannen kontinuierlicher zu strömen und wuchsen sich zu einem regelrechten Informationsfluss aus. Es vergingen sieben Jahre, ehe die CIA entsetzt feststellen musste, dass es sich um Desinformation handelte, die sie durcheinanderbringen und in die Irre führen sollte.
    »Sie hatten tatsächlich was richtig gemacht«
    Webster wandte sich kurz nach seiner Vereidigung an Bob Gates und wollte von ihm wissen: Also Bob, was ist los in Moskau? Was hat Gorbatschow vor?« Mit den Antworten zufrieden war er nie. »Da gab’s die Jungs, bei denen das Glas halb voll, und die anderen, bei denen es halb leer war«, seufzte Webster. »Einerseits so, andererseits so.«
    Die CIA wusste nicht, dass Gorbatschow auf dem Treffen des Warschauer Pakts im Mai 1987 erklärt hatte, die Sowjetunion werde niemals in Osteuropa einmarschieren, um ihren Machtbereich zu sichern. Die CIA wusste nicht, dass Gorbatschow im Juli 1987 dem afghanischen Staatsführer mitgeteilt hatte, die Sowjets würden bald mit dem Abzug ihrer Besatzungstruppen beginnen. Und die Agency staunte im Dezember 1987 Bauklötze, als auf den Straßen von Washington Massen von begeisterten Amerikanern Gorbatschow als Helden feierten. Der Mann auf der Straße schien zu verstehen, dass der Führer der kommunistischen Welt den Kalten Krieg beenden wollte. Der CIA war diese Vorstellung zu hoch. Das folgende Jahr verbrachte Bob Gates damit, seine Untergebenen mit der Frage zu löchern, warum Gorbatschow sie ständig neu überraschte.
    Im Verlauf von über dreißig Jahren hatten die Vereinigten Staaten annähernd eine viertel Billion Dollar für Spionagesatelliten und elektronische Abhörausrüstung ausgegeben – alles dazu bestimmt, das sowjetische Militär zu überwachen. Auf dem Papier war für diese Programme der Direktor des Zentralen Nachrichtendienstes verantwortlich, tatsächlich aber wurden sie vom Pentagon betrieben. Sie lieferten die Daten für die endlosen Verhandlungen mit der Sowjetunion über einen Vertrag zur Beschränkung des Arsenals strategischer Waffen; es ließe sich vielleicht sagen, dass diese Gespräche mithalfen, den Kalten Krieg kalt bleiben zu lassen. Keine der beiden Seiten freilich gab auch nur ein einziges Waffensystem auf, für dessen Aufbau sie sich entschieden hatte. Mit den Waffenbeständen

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