CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)
Nachrichtendienstes auf zu existieren. Goss nannte Negropontes Vereidigung »die Beerdigungszeremonie für die alte Agency«. An diesem Tag wurde dem neuen Chef ein seltsamer Glückwunsch zuteil. »Ich hoffe, der Geist von Wild Bill Donovan wird sein Bemühen leiten und inspirieren«, so Senator John Warner aus Virginia, Vorsitzender des Streitkräfteausschusses.
Donovans Bronzestatue steht am Eingang zur CIA-Zentrale Wache, dort, wo sich alle der noch lebenden ehemaligen Direktoren des Zentralen Nachrichtendienstes auf Goss’ Einladung hin einfanden, um als Anerkennung für ihre Dienste Medaillen entgegenzunehmen und das Ende der langen Reihe von Amtsträgern feierlich zu begehen. George H. W. Bush erschien – an dem Ort, der seinen Namen trug. Ebenso erschienen Jim Schlesinger und Stan Turner, die als Außenstehende so erbittert bekämpft worden waren; dann Bill Webster und Bob Gates, die gescheiterten Reformer und Restauratoren; Jim Woolsey, John Deutch und George Tenet, die sich bemüht hatten, ein orientierungsloses Schiff wieder ins rechte Fahrwasser zu dirigieren. Einige dieser Männer verachteten sich gegenseitig von ganzem Herzen, andere waren einander in tiefer Freundschaft verbunden. Es war eine hübsche Totenwache mit einem Stich ins Pompöse. Es gab ein Essen und vom Chefhistoriker der CIA, David S. Robarge, einen Vortrag über die verschwundene Behörde. Goss, der in der ersten Reihe saß, wand sich innerlich. Er hatte sich wochenlang über den Bericht des Generalinspekteurs gegrämt, den er, als er noch Vorsitzender des Repräsentantenhausausschusses für die Nachrichtendienste gewesen war, selbst in Auftrag gegeben hatte. Der Bericht war ein vernichtendes Resümee der Gebrechen, die zu den Anschlägen vom 11.September geführt hatten, ein Dolchstoß ins Herz der Organisation, eine schonungslose Offenlegung ihrer Unfähigkeit, irgendetwas auf die Beine zu stellen, was auch nur entfernt einem Kampf gegen die Feinde der Nation glich. Ganz in der Tradition von Allen Dulles hatte Goss sich dafür entschieden, den Bericht in der Schublade verschwinden zu lassen. Die Agency sollte für ihr Versagen beim Schutz der Vereinigten Staaten niemals geradestehen. Aber tatsächlich kam die Abrechnung doch noch.
Der Historiker der CIA zitierte die Worte Eisenhowers anlässlich der Grundsteinlegung für die Zentrale der CIA am 3.November 1959:
Das grundlegende Bestreben Amerikas ist die Erhaltung des Friedens. In diesem Sinn versuchen wir, Strategien und Abkommen voranzutreiben, um den Frieden dauerhaft und gerecht werden zu lassen. Dies kann nur auf der Basis umfassender und angemessener Information geschehen.
Im Krieg ist es für den Feldherrn das Wichtigste, die Fakten bezüglich der Stärke, der Anordnung und der Absichten seiner Feinde zu kennen und diese Fakten richtig zu interpretieren. In Friedenszeiten sind die erforderlichen Tatsachen (...) und ihre korrekte Interpretation essenziell für die Entwicklung von Strategien, die langfristig unsere nationale Sicherheit und unsere wichtigsten Interessen befördern. (...) Keine Aufgabe könnte wichtiger sein. Der Erfolg unserer Bemühungen, die Stellung unserer Nation auf der Weltbühne zu untermauern, beruht in hohem Maße auf der Qualität Ihrer Arbeit. (...) Diese Organisation verlangt von ihren Mitgliedern den höchsten Grad an Hingabe, Können, Vertrauenswürdigkeit und Selbstlosigkeit – nicht zu vergessen den entschiedensten Mut, wenn es darauf ankommt. Erfolge dürfen nicht hinausposaunt werden, Rechtfertigungsversuche bei Misserfolgen müssen unterbleiben. Bei der Arbeit des Nachrichtendienstes ernten die Helden keine Lorbeeren und keine Loblieder.
»Hier an dieser Stelle wird ein wunderbares und nützliches Gebilde entstehen«, hatte der Schlusssatz des Präsidenten gelautet. »Möge es lange wirken, um der Sache Amerikas und dem Frieden zu dienen.«
Während amerikanische Bürger aus Mangel an Informationen im Kampf starben, erhoben sich die Direktoren des Zentralen Nachrichtendienstes von ihren Plätzen, gaben sich die Hand, gingen in den heißen Sommernachmittag hinaus und führten ihr Leben weiter. Wie es der alte Soldat schon vor langer Zeit befürchtet hatte, hinterließen sie einen Scherbenhaufen.
»Geben Sie nichts zu, streiten Sie alles ab«
Am 5.Mai 2006 feuerte Präsident Bush Porter Goss, nachdem dieser neun Monate lang unentwegt der CIA in den Rücken gefallen war. Die Herrschaft des letzten Direktors des zentralen
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