CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)
Sicherheitsbehörde während ihres ersten großen Zusammenbruchs zu Beginn des digitalen Zeitalters geleitet und in den vergangenen zehn Jahren bei Booz Allen Hamilton als Heereslieferant Geld gescheffelt hatte.
Als Gates sich im Pentagon einrichtete, schaute er sich das amerikanische Nachrichtenwesen an und sah überall Sterne: Ein General leitete die CIA, ein General war Staatssekretär für den Nachrichtendienst im Verteidigungsministerium, ein General war im Außenministerium Beauftragter für die Antiterrorismusprogramme, ein Lieutenant General war im Pentagon Stellvertretender Staatssekretär für den Nachrichtendienst, und ein Major General leitete die Spionage bei der CIA. Jeden dieser Posten hatten viele Jahre hindurch Zivilisten innegehabt. Gates blickte auf eine Welt, in der das Pentagon die CIA erdrückt und damit seinen sechzig Jahre zuvor geleisteten Schwur eingelöst hatte. Gates wollte das Militärgefängnis in Guantánamo Bay schließen, die unter Terrorismusverdacht stehenden Gefangenen von Kuba in die Vereinigten Staaten schaffen und sie entweder verurteilen lassen oder sie anwerben. Er wollte die Herrschaft des Verteidigungsministeriums über den Nachrichtendienst eindämmen. Er hätte liebend gern dem Bedeutungsverlust des Nachrichtendienstes im amerikanischen Regierungsapparat Einhalt geboten. Aber er war weitgehend machtlos.
Der Niedergang der CIA war Teil eines langsamen Verfallsprozesses, der die nationale Sicherheit Amerikas in ihren Grundfesten erschütterte. Nach vier Jahren Irakkrieg war das Militär erschöpft, ausgeblutet, weil die Befehlshaber mehr in futuristische Waffen als in Soldaten investiert hatten. Nachdem es fünf Jahre lang eine auswärtige Politik verteidigt hatte, die auf religiösem Erweckungsbewusstsein beruhte, hatte das Außenministerium die Orientierung verloren und war nicht mehr in der Lage, demokratische Werte überzeugend zu vertreten. Und nach sechs Jahren mutwilliger Ahnungslosigkeit, die von ignoranten Politikern verhängt wurde, war der Kongress nicht mehr im Stande, seine Kontrollfunktion über die CIA auszuüben. Der 9/11-Ausschuss hatte erklärt, dass unter all den Aufgaben, denen sich der Nachrichtendienst stellen müsse, die Stärkung der Kontrolle durch den Kongress die vermutlich schwierigste, zugleich aber die wichtigste sei. In den Jahren 2005 und 2006 reagierte der Kongress darauf so, dass er die jährliche Gesetzesvorlage für die CIA, die die rechtliche Grundlage für deren Strategie und finanzielle Mittel bildet, nicht ratifizierte. Blockiert wurde sie von einem einzigen republikanischen Senator, der gegen die Vorlage stimmte, weil sie das Weiße Haus zu einem geheimen Bericht über die Geheimgefängnisse der CIA verpflichtete.
Weil sie ihrer Aufsichtspflicht nicht nachkamen, wurden die Ausschüsse des Kongresses für den Nachrichtendienst bedeutungslos. So wenig Kontrolle über die CIA hatte der Kongress seit den sechziger Jahren nicht mehr gehabt. Jetzt gewannen ganz andere Mächte erheblichen Einfluss auf die Nachrichtendienste: amerikanische Firmen.
Am Ende der Ära Eisenhower, wenige Tage nachdem er im Blick auf die nachrichtendienstlichen Fehlschläge das traurige Erbe beklagt hatte, das er seinen Nachfolgern hinterließ, sprach er in seiner Abschiedsrede an die Nation die berühmt gewordene Warnung aus: »Wir müssen uns vor dem nicht vertretbaren Einfluss des militärisch-industriellen Komplexes hüten, unabhängig davon, ob dieser Einfluss angestrebt wurde oder sich einfach ergeben hat. Die Gefahr einer unheilvollen Zunahme von Macht an der falschen Stelle besteht und wird weiter bestehen.« Wenig mehr als ein halbes Jahrhundert nach dieser Rede sorgte das enorme Wachstum geheimer Finanzmittel für die nationale Sicherheit, zu dem es nach dem 11.September kam, für die Entstehung einer florierenden nachrichtendienstlichen Industrie.
Privatwirtschaftliche Klone der CIA entwickelten sich rasch überall in den Vororten Washingtons und darüber hinaus. Die Vaterlandsliebe um des Profits willen wurde zu einem Geschäft, das, verschiedenen Schätzungen zufolge, fünfzig Milliarden Dollar jährlich umsetzte, eine Summe etwa so groß wie das offizielle Budget des amerikanischen Nachrichtendienstes selbst. Die Wurzeln dieses Phänomens reichen fünfzehn Jahre zurück. Nach dem Kalten Krieg hatte die Agency aufgrund der Einschnitte im Budget, die 1992 begannen, angefangen, Tausende von Jobs durch Werkverträge zu sichern, um die empfindlichen
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