CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)
überhaupt erst stark machen. Sie waren schwache Gegner. Wenn die Männer an der Spitze der CIA in der Lage gewesen wären, erfolgreiche Spionageoperationen im Innern der Sowjetunion durchzuführen, hätten sie vielleicht gesehen, dass die Russen nicht einmal das zum Leben Notwendige produzieren konnten. Der Gedanke, dass die letzten Schlachten des Kalten Krieges ökonomische und nicht militärische Kämpfe sein würden, überstieg ihr Vorstellungsvermögen.
»Es gibt ein paar Dinge, die sagt er dem Präsidenten nicht«
Eisenhowers Versuche herauszufinden, wie weit der Arm der CIA reichte, führten zu einem Technologieschub, der das Sammeln nachrichtendienstlicher Erkenntnisse revolutionierte. Aber an die Wurzel des Problems kam keiner heran. Sieben Jahre nach Gründung der CIA gab es weder Beaufsichtigung noch Überwachung der Agency. Ihre Geheimnisse wurden anderen nach dem Kriterium »muss Bescheid wissen« mitgeteilt, und Allen Dulles entschied selbst, wer Bescheid wissen musste.
Nachdem Walter Bedell Smith im Oktober 1954 aus der Regierung ausgeschieden war, gab es niemanden mehr, der die CIA unter die Lupe nahm. Allein durch seine starke Persönlichkeit hatte Bedell Smith versucht, Allen Dulles Zügel anzulegen. Doch als er ging, nahm er auch die Möglichkeit mit, dass ein anderer als Eisenhower die verdeckten Aktionen unter Kontrolle hielt.
Im Jahr 1955 änderte der Präsident die Spielregeln durch Einsetzung der so genannten Sondergruppe – mit drei ausgewählten Mitgliedern, die das Weiße Haus sowie das Außen- und das Verteidigungsministerium vertraten und die Aufgabe hatten, die Geheimoperationen der CIA zu überprüfen. Doch ihnen fehlte die Befugnis zur Genehmigung solcher Aktionen im Voraus. Wenn Dulles es gerade für richtig hielt, ließ er bei einem zwanglosen Mittagessen mit der Sondergruppe – bestehend aus dem neuen Staatssekretär im Außenministerium, dem stellvertretenden Verteidigungsminister und dem Nationalen Sicherheitsberater des Präsidenten – schon mal eine Bemerkung über seine Pläne fallen. Aber meist unterließ er es. In einer fünfbändigen CIA-Geschichte über Dulles’ Amtszeit als CIA-Direktor heißt es, er sei der Ansicht gewesen, sie hätten nicht Bescheid wissen müssen. Ihm zufolge waren sie nicht befugt, über ihn oder die Agency ein Urteil zu fällen. Er meinte, für seine Entscheidungen sei »keinerlei politisches Plazet erforderlich«.
So hatten der CIA-Direktor, seine Stellvertreter und die Leiter seiner Auslandsbüros weiterhin jede Freiheit, selbst ihre Politik festzulegen, ihre Operationen zu planen und eigenmächtig ihr geheimes Urteil über deren Ergebnisse zu fällen. Dulles beriet das Weiße Haus so, wie er es für richtig hielt. »Es gibt ein paar Dinge, die sagt er dem Präsidenten nicht«, vertraute seine Schwester einem Kollegen im State Department an. »Es ist besser, er weiß es nicht.«
12 »Wir haben die Dinge ein wenig
anders gehandhabt«
Eine Waffe gebrauchte die CIA mit unübertroffener Meisterschaft, das war das Bargeld. Sie brillierte geradezu darin, die Dienste ausländischer Politiker anzukaufen. Das erste Land, in dem sie sich den zukünftigen Führungspolitiker einer Weltmacht aussuchte, war Japan.
Zwei der einflussreichsten Agenten, die die USA je rekrutieren konnten, standen der CIA bei ihrem Auftrag zur Seite, die Kontrolle über die japanische Regierung in die Hand zu bekommen. Die beiden waren Zellengenossen gewesen, die, als Kriegsverbrecher angeklagt, nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs unter amerikanischer Besatzung drei Jahre in einem Tokioter Gefängnis absitzen mussten. Schon Ende 1948 kamen sie frei, einen Tag, bevor viele ihrer Mitgefangenen im Gefängnishof zum Galgen geführt wurden.
Der eine, Nobusuke Kishi, wurde später mit Hilfe der CIA Japans Ministerpräsident und Chef der Regierungspartei. Der andere, Yoshio Kodama, verdankte seine Freiheit und seine nachmalige Position als oberster Gangster des Landes einzig dem Umstand, dass er sich dem amerikanischen Geheimdienst andiente. Im Krieg gegen den Faschismus hatten die beiden all das verkörpert, was Amerika hasste. Im Krieg gegen den Kommunismus waren sie haargenau das, was Amerika brauchte.
Kodama hatte in den dreißiger Jahren eine rechte Jugendgruppe angeführt, die versucht hatte, den Ministerpräsidenten zu ermorden. Er war zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden, aber dessen ungeachtet machte sich ihn die japanische Regierung als Anwerber von Spionen
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