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CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)

CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)

Titel: CIA: Die ganze Geschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Weiner
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Staats- und Ministerpräsidenten konnte sie ins Amt hieven und wieder absetzen. Zu keiner Zeit aber gelang es ihr, den Feind in den Griff zu bekommen.
    Ende 1955 änderte Präsident Eisenhower Auftrag und Marschrichtung der CIA. Er hatte einsehen müssen, dass der Kreml durch verdeckte Operationen nicht in die Knie zu zwingen war. Die seit Beginn des Kalten Krieges geltenden Regeln mussten umgeschrieben werden. Der neue Auftrag mit der Bezeichnung NSC 5412/2, datiert auf den 28.Dezember 1955, sollte fünfzehn Jahre Bestand haben. Seine Zielsetzung lautete: »dem Internationalen Kommunismus Schwierigkeiten bereiten und bestehende Probleme gegen ihn ausnutzen«, »jeder Bedrohung durch Organisationen oder Einzelpersonen, die für kommunistischen Einfluss direkt oder indirekt empfänglich sind, zu begegnen« und »die Verbundenheit der Menschen in der freien Welt mit den Vereinigten Staaten zu stärken«. Immerhin waren diese immer noch ehrgeizigen Ziele etwas bescheidener und auch nuancierter als das, was Dulles und Wisner hatten erreichen wollen.
    Es war indessen Nikita Chruschtschow, der Generalsekretär der KPdSU, der kaum einige Wochen später mehr Konfusion im Lager des Weltkommunismus auslöste, als die CIA je für möglich gehalten hätte. In einer Rede auf dem 20. Parteitag seiner Partei im Februar 1956 geißelte er den knapp drei Jahre zuvor verstorbenen Stalin als »einen übermäßigen Egoisten und Sadisten, der alles und jeden der eigenen Macht und dem eigenen Ruhm zu opfern bereit war«. Gerüchte über Chruschtschows Rede kamen der CIA im darauffolgenden März zu Ohren. »Mein Königreich für eine Kopie«, soll daraufhin Allen Dulles zu seinen Leuten gesagt haben. Sollte die CIA vielleicht doch noch an Informationen aus dem inneren Zirkel des Politbüros herankommen?
    Damals wie heute war die CIA stark auf die Hilfe ausländischer Nachrichtendienste angewiesen und musste Geld für Geheiminformationen lockermachen, zu denen sie selbst keinen Zugang hatte. Auf diesem Wege erhielt auch James Angleton, der in der Folge alleiniger Verbindungsmann der CIA zu Israel wurde, den Text der Rede von israelischen Geheimdienstleuten. Über diese Verbindung liefen auch die meisten Informationen, die die CIA über die arabische Welt bekam, allerdings um den Preis, dass die USA, was ihr Wissen zur Lage im Nahen Osten betraf, mehr und mehr in die Abhängigkeit von Israel gerieten. Diese israelische Perspektive sollte denn auch den Blick der USA auf den Nahen Osten über Jahrzehnte weitgehend bestimmen.
    Nachdem George Kennan und andere zu dem Urteil gelangt waren, dass der Text dem Originalredebeitrag entspreche, löste dies in der CIA eine Riesendebatte aus.
    Wisner und Angleton wollten Chruschtschows Rede als ganze vor der freien Welt geheim halten, sie aber ansonsten im Ausland scheibchenweise verbreiten, um unter den internationalen kommunistischen Parteien Unstimmigkeiten entstehen zu lassen. Angleton glaubte, wenn der Text der Rede mit Propaganda versetzt werde, »könne er ihn in der Weise zu seinem Vorteil nutzen, um die Russen und ihre Sicherheitsdienste kopfscheu zu machen, und danach würde er einige Emigrantengruppen einspannen können, auf die wir zu diesem Zeitpunkt nach wie vor meinten zurückgreifen zu können, um dann die Ukraine zu befreien, oder etwas in dieser Art.« So jedenfalls die Meinung von Ray Cline, einem der seinerzeit vertrauenswürdigsten Mitarbeiter unter Dulles’ Nachrichtenauswertern.
    Vor allem aber hatte er vor, einen Köder daraus zu verfertigen, den er den Sowjetspionen hinhalten konnte, um eines von Wisners ältesten, aber erfolglosesten Szenarien zu retten, die Operation »Red Cap«.
    Dies war ein weltweit angelegtes Programm, das seinen Namen von den amerikanischen Bahnhofsgepäckträgern erhalten hatte, die den Reisenden halfen, ihr Gepäck in den Zügen zu verstauen. Die Operation »Red Cap« sollte Sowjetbürger dazu animieren, ihrem Land die Loyalität aufzukündigen und für die CIA zu arbeiten. Im Idealfall sollten sie als »Überläufer vor Ort« tätig sein, also ihre Posten in der sowjetischen Administration beibehalten, gleichzeitig aber für die USA spionieren. Im Falle einer Panne sollten sie in den Westen fliehen und ihr Wissen über das Sowjetsystem preisgeben. Die Zahl relevanter sowjetischer Quellen, die über »Rote Mütze« aufgetan worden waren, lag allerdings zu jenem Zeitpunkt immer noch bei null. Die Russland-Abteilung der Undercover-Sektion der CIA wurde

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