Ciao, Don Camillo
geklebt. Am Tag, an dem Presse und Rundfunk mitteilten, daß Anteo Bigatti nach Italien gekommen war, wurde das Dorf von einem solchen Begeisterungssturm erfaßt, daß es notwendig wurde, auf der Stelle ein Komitee zu gründen.
»Anteo muß hierher kommen!« sagte das Dorf. »Zuallererst muß er hierherkommen in den Ort, der ihn zur Welt gebracht, ihn inspiriert und in seinen ersten Kämpfen unterstützt hat. Er muß hierherkommen zu seinen Freunden, zu seinen Spielkameraden und zu den Menschen, die eifrig seine Toten bewacht haben! Seine Stimme ist die Stimme dieser Erde: Es ist unsere Stimme, und wir haben das Recht, sie vor den anderen zuhören!«
Das Komitee arbeitete Tag und Nacht, und schließlich beschloß es:
»Jemand muß auf der Stelle nach Mailand fahren, Anteo auffinden, ihm die stürmischen Willkommensgrüße des ganzen Dorfs überbringen und ihn überreden, wenigstens für einen Abend hierherzukommen, um für uns zu singen. Wir garantieren ihm eine perfekte Organisation und die Anwesenheit aller wichtigsten Persönlichkeiten der Provinz sowie der nationalen Presse.«
Die Schwierigkeiten begannen, als es darum ging, denjenigen zu finden, der nach Mailand gehen sollte, um mit leidenschaftlichen Worten den berühmten Tenor zu überreden. Peppone wandte ein, daß er gerne gegangen wäre, aber aufgrund seiner politischen Position wollte er vermeiden, daß Anteo, der aus Amerika kam und wahrscheinlich irrige Ansichten über Kommunisten hatte, veranlaßt würde, die Beweggründe des Bürgermeisters falsch zu interpretieren.
So beschloß man, um jedes Mißverständnis auszuräumen, daß mit dem Bürgermeister auch der Pfarrer fahren sollte. Und Don Camillo war gezwungen, anzunehmen. Was ihn zwang, war vor allem seine unbezähmbare Neugier, zu sehen, was nach so vielen Jahren aus dem griesgrämigen kleinen Jungen geworden war, der ein Gehör wie ein Dachziegel hatte.
Peppone war festlich gekleidet mit gebügelten Hosen, blankpolierten Schuhen, Kragen, Krawatte und Füllfeder in der Jackentasche, und er benahm sich, als ob sie ihn in- und auswendig in Stärke getaucht hätten. Die Worte kamen ihm nur bis zum Kragenknopf und kehrten dann verschreckt zurück, um im Magen zu kochen.
»Redet Ihr, Hochwürden«, sagte er, als sie vor dem großen Mailänder Hotel standen. »Redet ruhig auch in meinem Namen. Versucht aber vielleicht, mich dabei nicht allzu groben Unsinn reden zu lassen.«
»Keine Angst, Genosse«, versicherte ihm Don Camillo: »Ich werde dich den üblichen Blödsinn reden lassen.«
Lange Zeit mußten Don Camillo und Peppone warten, bis ihnen der Weg freigegeben wurde. Als sie vor Anteos Zimmertür standen, waren sie beide ziemlich aufgeregt. Ein völlig steifer Typ empfing sie.
»Ich bin der Sekretär«, erklärte er. »Der Commendatore ist sehr müde, ich bitte Sie, sich kurz zu halten.«
Anteo lag ausgestreckt im Schlafrock in einem riesigen Lehnstuhl aus rotem Samt. Er las gerade in einer Zeitung und hob langsam den Kopf.
»Bitte«, hauchte er mit ferner Stimme, »reden Sie nur.«
Peppone stieß mit dem Ellbogen Don Camillo an, der neben ihm stand und mit offenem Mund den berühmten Tenor anstarrte.
»Also«, stotterte Don Camillo, »wir sind hier, der Bürgermeister und ich, um den herzlichen Willkommensgruß des Dorfes zu überbringen.« Anteo Bigatti deutete ein schwaches Lächeln an:
»Des Dorfes?« fragte er ruhig, »entschuldigen Sie bitte, was für ein Dorf?«
Don Camillo, dem es bis zu diesem Zeitpunkt nicht gelungen war, sich zurechtzufinden, schaltete nun entschlossen den Vorwärtsgang ein:
»Unser Dorf«, antwortete er, »Ihres, meines und jenes des Herrn Bürgermeisters. Das Dorf, wo sie geboren sind, kurzerhand.«
Anteo Bigatti lächelte wiederum und verzog dabei einen Mundwinkel:
»Sehr interessant und sehr nett«, antwortete er, »wirklich ein liebenswerter Gedanke.«
Don Camillo begann Nebel zu sehen: Zum Glück war es Peppone inzwischen gelungen, seinen »Kragenkomplex« zu überwinden und seinen Worten den nötigen Atem zu verleihen:
»Commendatore«, sagte Peppone, »unser Dorf ist stolz auf Sie und hat stets mit Spannung Ihre Welterfolge verfolgt. Und so sind wir alle hier, über politische Unterschiede hinweg, um Sie um das Privileg Ihres Besuchs zu bitten.«
»Ich verstehe«, antwortete er. »Aber meine Verpflichtungen sind so wichtig und so zahlreich, daß es mir gänzlich unmöglich ist.«
Der Sekretär breitete die Arme aus und schüttelte den
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