Ciao, Don Camillo
Camillo das alles offen und am hellichten Tag gemacht. Wenn er etwas ganz allein und mitten in der Nacht gemacht hatte, bedeutete das, daß es sich um eine schmutzige Sache handelte.
Das waren die Tage der sogenannten »Entspannungspolitik«, und die Roten hatten die Platte ausgewechselt und gaben sich Mühe zu zeigen, daß sie gutmütig waren und nur den Frieden suchten, daß sie die Meinung des anderen respektierten und den größten Respekt vor den Angelegenheiten der Religion hatten, und dergleichen mehr.
Peppone verlor daher keine Minute. Er zog sich in Eile an und stellte, begleitet vom Schmächtigen, die ersten Ermittlungen an. Er spähte durch das kleine Fenster der Sakristei und stellte fest, daß die Statue verschwunden war. Peppone entdeckte auch die Spuren des Fuhrwerks und des Pferds vor dem Pfarrhaus und entdeckte sie auch am Flußufer. Hier fand er sogar ein äußerst wichtiges Indizstück: Während der Verladung vom Fuhrwerk auf den Lastkahn war ein Splitter der Statue abgebrochen und dort geblieben, um zu beweisen, daß der Schmächtige die Wahrheit gesagt hatte. Peppone hatte jetzt alles, was er benötigte. Deshalb schickte er den Schmächtigen los, den Befehlsstab einzuberufen. Und so fanden die Leute am nächsten Vormittag um elf Uhr das Dorf mit Plakaten vollgeklebt, deren Text äußerst bedeutungsvoll war:
»Mitbürger!
Eine lästernde Hand ist unter dem Schütze der Nacht in den heiligen Tempel eingedrungen und stahl die verehrungswürdige Statue der Heiligen Babila, der Jungfrau. Daraufhin warf diese Hand, grausam und frevelhaft, selbige verehrungswürdige Statue in die Fluten des Flusses, um sie der Verehrung und dem Andenken der Gläubigen zu entziehen.
Angesichts dieser unheilvollen Tat schließt sich die örtliche Kommunistische Sektion – jedes berechtigte Ressentiment den klerikalen Intriganten gegenüber beiseite lassend – der einhelligen Verurteilung durch alle echten Christen an und organisiert spontan die Suche nach der Statue der Heiligen Babila, um sie der Liebe und der Verehrung der Gläubigen zurückzugeben.
Giuseppe Bottazzi.«
Jeder, der dieses Manifest las, lief in die Kirche, und weil das ganze Dorf dieses Manifest gelesen hatte, lief das ganze Dorf in die Kirche, und Don Camillo steckte bis zum Hals im Schlamassel.
Alle wollten das Warum und das Wieso erfahren, und Don Camillo durfte nicht antworten: »Nichts wurde gestohlen. Kein Sakrileg wurde begangen: Ich selbst habe die Statue in den Fluß geworfen.«
Er durfte so nicht antworten, weil jetzt, da die Statue der Heiligen Babila gestohlen und versenkt worden war, alle entdeckten, sogar jene, die bislang nichts von ihrer Existenz gewußt hatten, daß es die verehrungswürdigste, teuerste und wichtigste Statue war. Und alle bebten vor Verachtung gegenüber dem Unbekannten, der sich mit einem so großen Sakrileg befleckt hatte.
Don Camillo hielt dem nicht stand: Er konnte nur die Arme ausbreiten, ins Pfarrhaus flüchten und sich mit Fieber aufs Bett werfen. Da sagten alle:
»Der arme Kerl, das ist der große Kummer… Es ist, als ob man ihm das Herz aus dem Leib geschnitten hätte… «
Inzwischen war die »Entspannung« mit flankierten Bataillonen ins Feld gezogen, und das Dorf fand sich am nächsten Morgen auf dem Uferdamm ein. Unter Peppones Führung, der auf einem Motorboot thronte und die Attitüde und Autorität eines Admirals zeigte, hatten die Männer der Kommunistischen Sektion mit der Durchlotung des Flusses begonnen. Kein Zentimeter am Grund des Flusses blieb in dem vom Schmächtigen angegebenen Abschnitt unerforscht. Mittags, als die Schiffsmannschaft zum Essen in den Hafen zurückkehrte, sagte Peppone zu der Menge:
»Wenn es uns nicht gelingt, lassen wir die Genossen Taucher kommen. Aber wir werden die Heilige Babila wiederfinden. Das ist eine moralische Verpflichtung, die wir vor dem Volk und vor Gott übernommen haben!«
Das war ein schöner Ausspruch, der während des Essens durch das ganze Dorf ging. Am Nachmittag wurde die Durchlotung fortgesetzt, und sehr bald konzentrierte sich die Suche auf die große tiefe Stelle. Und plötzlich lief bei den Leuten, die auf dem Damm standen, eine Meldung von Mund zu Mund:
»Es scheint, daß wir sie haben!«
Nach einer halben Stunde gespannter Erwartung brach dann ein Schrei aus: »Die Heilige Babila wurde wiedergefunden!«
Don Camillo lag noch mit Fieber im Bett und versuchte verzweifelt, an nichts zu denken. Doch unglückseligerweise mußte er in
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