Ciao Mayer
Interesse daran, dass Polizei und Carabinieri keine Verbindung zur Wett-Mafia fanden, oder nur vorgaben, keine zu finden? Der Zusammenhang war offensichtlich, fand Massimos Chef. Wer also wollte verhindern, ihn zu benennen?
„Hast du mit dem Rom-Präsidenten gesprochen?“
Hatte Massimo nicht. Er hatte nicht einmal daran gedacht, den Eigentümer des römischen Fußballclubs anzurufen.
„Warum?“ rutschte ihm heraus - und brachte ihm einen weiteren Zehn-Minuten-Vortrag.
„So, und nun trödel hier nicht weiter rum, Mayer“, der Chef sah auf seine Rolex. „Es ist gleich acht, um zehn, spätestens halb elf, will ich deinen Artikel haben. Wir spiegeln hundertachtzig Zeilen ein. Also Marsch Mayer!“
„Mist“, sagte Massimo, als er sich in seinen Schreibtischstuhl fallen ließ, „verdammter Mist!“
Er nahm einen Stift aus der Schublade und griff einen Stoß Papier vom Schmierpapierhaufen. Die ließ der Chef jeden Tag von seiner Sekretärin verteilen: Erledigte Korrespondenz, unbrauchbare Agentur-Meldungen, alles, was eine freie, unbeschriebene Rückseite hatte. Die reichte für die Recherche-Kritzeleien seiner Leute allemal, hatte der Chef beschlossen. Außerdem sparte es viel Geld, das man in die Qualität der journalistischen Arbeit investieren konnte.
Manche Kollegen regten sich über die Knauserigkeit auf. Massimo war es egal. Die Kollegen von der "Repubblica", zum Beispiel, hatten große Notizblöcke, auf denen oben auf jeder Seite das Logo der Zeitung prangte. Aber was hätte ihm das jetzt geholfen?
Er seufzte, schob den PC weiter zur Seite, zog das Telefon näher. Oh Wunder, dachte er, als er gleich im ersten Anlauf mit Signora De Francesca verbunden wurde. Die Presseziege war also doch gelegentlich an ihrem Arbeitsplatz. Und nicht nur das, sie freute sich über seinen Anruf, sagte sie, würde alles tun, ihm zu helfen, gab ihm ohne Probleme die Handynummer des Vize- Präsidenten, die des Herrn Präsidenten selbst wäre leider so geheim, dass sie die auch nicht kennte. Ungefragt offerierte sie ihm die Schiedsrichter-Berichte aller Spiele der Saison, bei denen Motti auf dem Platz war.
„Besuchen Sie mich doch am Samstag gegen 15 Uhr“, flötete sie, „da haben wir alle Zeit der Welt und sind vermutlich mutterseelenallein hier. Niemand wird uns stören. Mannschaft, Trainer, Betreuer, der ganze Tross ist unterwegs, wir spielen auswärts. Ich würde mich freuen, Sie wieder zu sehen.“
Massimo freute sich natürlich auch, beteuerte er. Dabei fragte er sich, was für ein Film hier ablief. Wieso war die arrogante De Francesca plötzlich so freundlich zu ihm? Wieso hatte sie nichts zu seinen Artikeln gesagt, die ihrem Arbeitgeber doch bestimmt nicht gefielen? Oder gefielen sie dem Verein womöglich? Waren die Roma-Manager vielleicht froh, dass er auf dem Wettmafia-Trip war, weil er dabei eine andere Spur übersehen hatte, die für den Club viel unangenehmer wäre? Fiel er gerade auf eine üble Inszenierung herein?
Den Gedanken wurde er auch beim Telefonat mit dem Vize- Präsidenten nicht los. Auch der war ihm viel zu freundlich. Gerne wollte er ihm jede Frage beantworten. Schließlich schmisse er doch sowieso den Laden.
Toll, dachte Massimo, wenn ich denn konkrete Fragen hätte! Um präzise zu fragen, musste man schon handfeste Informationen haben. Etwa so: Warum hat der Vereinsvorstand Motti am elften des Monats schriftlich abgemahnt, wusste er von dessen Wett-Beziehungen? Oder: Warum hatte der Vereinsvorstand nicht reagiert, obwohl ihm der Verband schon am 21. Juli vertraulich mitgeteilt hatte, dass Motti und womöglich andere Akteure versuchten, Spiele zu manipulieren? Das wären wunderbare, harte Fragen! Die hätten auch diesen aalglatten Heini aus dem Konzept gebracht! Aber weil er keine Fakten hatte, hatte er auch keine gescheiten Fragen.
„Haben Sie neue Informationen über eine Beziehung Mottis zu dunklen Kreisen?“ war alles was ihm einfiel. Entsprechend musste er sich mit einer „Wir haben alles Mögliche überprüft und rein gar nichts gefunden“-Antwort zufrieden geben. Wie sollte er kontern, widersprechen?
„Es ist doch merkwürdig“, versuchte er es trotzdem und wusste schon mitten im Satz, dass es blödsinnig war, „dass ausgerechnet in dem Verein, bei dem Motti spielte, rein gar nichts bekannt ist von dessen, hm, sagen wir: Nebengeschäften. Finden Sie nicht?“
Nein, fand er nicht, und erklärte ihm freundlicherweise sogar den Grund dafür: „Wenn es diese Nebengeschäfte
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