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Ciao Mayer

Ciao Mayer

Titel: Ciao Mayer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Jürgen Schlamp
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entgeistert an. „Ich habe Fehler gemacht?“
    „Klar. Lassen wir beiseite, dass der erste Fehler war, dort überhaupt hinzugehen. Wer sich in Gefahr begibt, kommt darin um, sagt ein altes Sprichwort. Und nicht ganz zu Unrecht. Aber das beiseite. Der erste Fehler vor Ort war: wegzurennen.“
    „Was? Spinnst Du jetzt? Hätte ich mich vor Ort als Hundefutter offerieren sollen?“
    „Du bist unsachlich. Wegrennen sehen viele Hunde als typisches Verhalten ihrer Beutetiere an. Klar? Wer wegrennt, ist Beute. Also hinterher! Wer nicht wegrennt, ist keine Beute. Also Vorsicht! Du hättest die natürliche Reaktion von solchen Raubtieren in deinem Sinne einkalkulieren und nutzen können, Massimo.“
    „Andrea, das waren keine in der Natur wildlebenden Arten, die sich entsprechend artgerecht verhalten, das waren abgerichtete Kampfhunde. Abgerichtet, um auf ein Wort ihrer Besitzer hin einen Menschen anzufallen und zu zerfetzen. Beutetiere! Das ist doch völlig abwegig, was du sagst.“
    „Fehler Nummer zwei“, machte Andrea ungerührt mit gelehriger Miene weiter, „war noch einmal: Wegrennen! Denn statistisch betrachtet sind die Opfer von Hundeattacken, ich zähle jetzt nur ernsthafte Verletzungen, nicht Dackel- oder Pudelbisse oder so etwas, am Häufigsten die Besitzer der Aggressoren. Und meistens sind sie auch noch selber schuld. Denn in aller Regel verstehen die Hunde, kurz vor ihrem Angriff auf Herrchen oder Frauchen, einen Befehl falsch oder das Verhalten ihrer Besitzer oder die Befehle sind nicht gleichgerichtet und verwirren die Tiere. So kommt es zu völligen Fehlreaktionen, die sich dann oft keiner erklären kann. Wie konnte das liebe Tierchen nur...? Es konnte nicht, es musste, weil sein Herrchen...“
    "Andrea! Der schlichte Befehl wäre gewesen: ‚Fass’! - eindeutig, klar, und er hätte die empfindsamen Tierchen vermutlich auch nicht ernsthaft verstört. Ich läge jetzt auf der Intensivstation oder im Leichenschauhaus, wenn ich deinen wissenschaftlichen Rat befolgt hätte, den ich gestern Abend Gott sei dank noch nicht kannte.“
    „Ich rede nicht von Einzelfällen, ich rede von Statistik, Massimo. Natürlich wäre es möglich gewesen, dass in deinem Fall die Hunde anders reagiert hätten, als es ihrem Verhaltensmuster nach der Gauß´schen Normalverteilung entsprochen hätte, so ist das eben mit der Statistik. Aber die Wahrscheinlichkeit wäre eben auf deiner Seite gewesen.“
    „Vielen Dank dafür. Andrea, ich hätte dich in dieser Situation sehen wollen! Was hättest du denn gemacht? Wärst du stehen geblieben, im Vertrauen auf die Wahrscheinlichkeitsrechnung und wo mögliche defekte Verständnisstränge zwischen dem ‚Fass!’-Befehlsgeber und dem ‚Fass!’-Befehlsempfänger?“
    „Nein. Ich wäre natürlich gar nicht erst dort hingegangen.“
    „Aber nehmen wir an, Du hättest dorthin gehen müssen, was hättest du in der Situation gemacht?“
    „Ich wäre nicht dahingegangen. Ich habe eine Hundeallergie, Massimo.“
    „Jetzt reicht es! Meinst du das alles ernst, was du sagst, oder willst du mich nur total verklappsen?“
    „Ich bin dein Arzt, Massimo. Ein Arzt verklappst seine Patienten nicht, er heilt sie. So und nun ans Werk! Hose runter, Hemd aus“, kommandierte er, erhob sich und kramte, während Massimo der Order Folge leistete, eine Ampulle aus dem kleinen Kühlschrank, eine Einwegspritze in Plastikfolie und eine große Spraydose aus dem Hängeschrank darüber.
    Massimo legte sich auf die mit einem Papier-Laken bedeckte Liege, der Arzt betrachtete prüfend erst das Bein, dann den Arm, kniff hier, kniff dort und sprach dann die erlösenden Worte, die Massimo angstvoll herbeigesehnt hatte: „Nichts Schlimmes. Du hast Glück gehabt, alles nur oberflächlich.“
    Er nahm die Spraydose und sprühte Arm und Bein sorgfältig ein. Dann langte er nach der Plastikfolie und der Ampulle.
    „Ich gebe dir zur Sicherheit aber noch eine Tetanus-Ladung. Einverstanden?“
    Massimo nickte tapfer. Er musste aufstehen, das rechte Bein belasten, und Andrea stach ihm die Nadel ins linke.
    „Au!“ sagte Massimo, hielt sich aber heldenhaft.
    „Du bist manchmal ein bisschen hypochondrisch, Massimo. Eine Spritze tut nun wirklich nicht weh, schon gar nicht, wenn ich sie gebe.“
    Er kramte noch einmal im Hängeschrank, kam mit einer Tabletten-Schachtel zurück, die er Massimo in die Hand drückte und sagte: „Ein leichtes Schmerzmittel, falls sich der eine oder andere Riss doch entzündet und dir

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