Ciara
ein verliebter Junge: »Oh, wie wunderbar. Ich sehe ein Mädchen, rothaarig und schön, jung und unberührt.« Mit der Zungenspitze fuhr er über seine Lippen. Er hechelte vor Erregung wie ein brünstiger Hund.
»Hör auf damit!«, rief Ciara. »Hör auf, die Mädchen zu töten!«
»Ach, Liebste, weißt du, ich liebe den Geruch der Panik, der ihre Körper in Sekundenschnelle ausfüllt und ihre Seelen damit ummantelt. Es gibt nichts, was wohlriechender und anregender ist, und nicht viel, was mich besser stärkt und befriedigt.« Er machte eine kurze Pause, bevor er hinzufügte: »Außer ihm – Paul.«
Ciara erkannte nun den Geruch, den er trug wie das penetrante Odeur eines billigen Rasierwassers: Es waren die Ausdünstungen von Angst und Tod seiner Opfer.
»Schritt für Schritt, verstehst du?«
Aber Ciara wusste nicht, wovon er sprach.
Er kniete sich neben sie, sein Gesicht weiterhin verborgen hinter der Kapuze und den Schatten des Dämmerlichts. Nur seine Augen schienen zu glühen. Seine linke Hand fasste jetzt in Ciaras Haare und zog ihren Kopf nach hinten, sodass ihr Hals entblößt lag. Er befeuchtete mit der Zunge seine Lippen, als rüstete er so seine Waffe auf. Anschließend leckte er über Ciaras Gurgel, knabberte an der empfindlichen, weichen Haut.
Mit Zähnen, die sich so spitz anfühlten wie die einer Fledermaus, fügte er Ciara winzige Bisswunden zu, die sich sofort schlossen. Er küsste die Narbe. Ciara unterdrückte ein Wimmern. Seine Zunge musste aus Tausenden kleiner Reißnägel bestehen, die sich in ihr Fleisch drückten. Endlich trennte er sich von ihr und erhob sich, blieb aber dicht bei Ciara stehen. Sie würgte vor Abscheu.
Sein Atem ging stoßweise. »Nun willst du sicher wissen, wann ich deinem Leben ein Ende setze?«
Unfähig, etwas zu sagen, starrte sie ihn an, während er bewegungslos auf sie hinunterschaute.
»Meine Aufgabe lautet, dich zu töten. Ich bin ein Schwein, aber kein Unmensch. Nein, das bin ich wirklich nicht.« Er neigte den Kopf zur Seite, als lausche er einer inneren Stimme. »Und so habe ich lieber meinen Nutzen daraus gezogen, dir deine Jungfräulichkeit – oh, ich liebe dieses Wort –«, wieder befeuchtete er die Lippen, »– deine Jungfräulichkeit zu rauben. Ich wusste natürlich, dass du etwas Besonderes bist und durch die Entjungferung deine Stärke, deine Kraft, deine Magie ausgelöst werden würde, aber ich bemerkte erst, wer du tatsächlich bist, als ich dein köstliches Blut schmeckte.« Nach einer kurzen Pause sagte er: »Das Tierchen hätte sich das übrigens sparen können.«
Er wies mit einem Finger auf seinen Hals. Die Wunde, die das Frettchen ihm zugefügt hatte, zeichnete sich deutlich ab und war längst nicht so gut verheilt wie die Ciaras.
»Ich werde dir vorerst nichts tun. Aber ich lasse dich auch nicht mehr aus den Augen. Der Tag wird kommen, an dem ich ihn töten und dich daraufhin in mich aufnehmen kann – schon bald!«
»Niemals!«, spuckte Ciara aus und funkelte ihn an. »Eher töte ich mich selbst.«
Er lachte laut auf. Ohne ein weiteres Wort verließ er den Keller.
Für Sekunden verblasste der Raum vor Ciaras Augen. Sie schüttelte den Kopf und sah wieder klar. Auch auf die Gefahr hin, dass er zurückkehrte und sie ertappte, versuchte Ciara, die Fesseln zu lösen, mit all der ihr zur Verfügung stehenden körperlichen Kraft zog und zerrte sie an den Ketten. Sie stemmte sich mit den Füßen gegen das Rohr und riss mit Gewalt ihre Arme in die Höhe, doch es gelang ihr nicht, die Kettenglieder auseinanderzubiegen. Sie keuchte vor Anstrengung. Auf ihren Handgelenken zeichneten sich erste Hautabschürfungen und Blutergüsse ab. Aber noch gab sie nicht auf. Sie presste ihre Finger so eng zusammen, wie es Haut und Knochen ermöglichten. Bei jeder Drehung, jedem Reißen und Ziehen grub sich das rostige Metall tiefer in ihre Haut und fertigte ihr ein blutiges, konturloses Tattoo an. Die Ketten saßen zu eng.
Erschöpft sackte ihr Körper ein Stück in sich zusammen. Sie dachte an Paul.
Aller Angst und dem Wissen zum Trotz, dass die einzige Möglichkeit, ihn zu warnen, ihre Sinne stark angreifen und die Anämie zum Ausbruch bringen würde, schickte sie ihm eine telepathische Warnung.
»Was ist nun schon wieder passiert?«, fragte Mike eher gelangweilt und gähnte.
»Ciara – sie warnt mich vor ihm.«
»Vor ihm?«
»Er will mich töten und ist auf dem Weg hierher.«
»Was?«
Verstohlen schaute sich Mike um, doch die wenigen
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