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Ciara

Ciara

Titel: Ciara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Rensmann
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Gäste an den Nachbartischen beachteten sie nicht, sie aßen schweigend oder unterhielten sich gedämpft.
    »Lass uns verschwinden«, schlug Paul vor, legte, ohne eine Antwort abzuwarten, einige Scheine auf den Tisch, griff nach seiner Jacke, die über der Stuhllehne hing, und eilte zwischen den Tischen hindurch dem Ausgang entgegen. Mike folgte ihm. Sie liefen zum Auto zurück, doch auf halber Strecke stoppten sie beide, als seien sie gegen ein unsichtbares Hindernis gestoßen. Auf der anderen Straßenseite stand
er.
Genau wie Ciara ihn beschrieben hatte, mit dem langen dunklen Lodenmantel und der tief ins Gesicht gezogenen Kapuze, wie das Abbild des Sensenmanns.
    »Geh!«, befahl Paul.
    »Ich kann dir zwar nicht helfen, aber versuchen, deine Einzelteile hinterher wieder zusammenzuflicken.« Mike bewegte sich nicht von der Stelle.
    »Geh zum Auto!«
    »Nein!«
    Ciaras Peiniger kam auf sie zu – langsam, als wisse er, dass keiner von ihnen flüchten würde.
    Mike fühlte sich an seinen Albtraum erinnert. Er zitterte leicht und wünschte sich eine weitere Tablette des Sedativums, das er im Auto liegen gelassen hatte.
    »Hat sie dich gewarnt?«, fragte der Unbekannte Paul, ohne Mike zu beachten.
    »Wie ist dein Name?«, verlangte Paul zu wissen.
    »Mein Name? Ist das von Bedeutung, jetzt, wo ich dich töten werde?«
    »Aber sicher. Ich möchte doch wissen, wer mein Wissen für sich beansprucht.«
    »Nenn mich Fear.«
    »Fear? Das gälische Wort für Mann? Schlicht und eindeutig, aber sehr simpel für jemanden wie dich.«
    Mike beobachtete Paul und bemerkte mit Erstaunen, dass dieser keine Angst zu haben schien, nicht einen Funken Unruhe entdeckte er in Augen oder Mimik.
    »Es reicht für dich, mehr brauchst du nicht zu wissen. Ihr habt übrigens eine feine, intime Art, euch zu begrabschen. Äußerst interessant.«
    »Was meinst du damit?«
    Als habe Paul einen Witz gemacht, lachte Fear laut auf. »Schade für dich, dass ich es ihr zuvor besorgen konnte. Selten ein so geiles Gefühl dabei verspürt!«
    »Falls du mich provozieren willst, vergiss es. Du magst mir in mancher Hinsicht überlegen sein, aber nicht in jeder.«
    Fear trat auf Paul zu und knurrte: »Du weißt es nicht, oder?«
    »Was meinst du?« Paul blieb regungslos.
    »Du solltest ihr Prinz sein, der ihr die Jungfräulichkeit nimmt, nur hättest du das nicht überlebt, weil euch ja purer Sex nicht gereicht hätte. Nicht wahr? Ich habe dein Leben gerettet! Als Gegenleistung kannst du es mir jetzt schenken, findest du nicht?«
    Nun war es Paul, der laut lachte, woraufhin Fear seinen rechten Arm hob, die Hand zur Faust geballt, als wolle er Paul niederschlagen. Mike hielt den Atem an. Aber Fear änderte seinen Plan, senkte den Arm und versteckte ihn unter seinem Mantel. Mike entspannte sich. Doch dann sprang Fear vor, riss seinen Arm erneut hoch, diesmal hielt er ein Messer in der Hand. Rasch formierte Paul seine Arme in Abwehrstellung und schien in seiner Haltung zu erstarren, als Fear nicht auf ihn, sondern auf Mike losstürmte. Er drückte ihm die Klinge an die Kehle und zischte: »Ein Ton und ich töte dich.« Obwohl Schmerz und Furcht Mike drängten aufzuschreien, biss er sich auf die Zunge und erstickte so seinen Hilferuf. Sein Mund füllte sich mit Blut – er hatte zu fest zugebissen. Blitzschnell führte Fear das Messer von Mikes Kehle zu seinem Nacken, den Rücken hinab, suchte den Weg unter den Jackensaum und wanderte zurück auf Höhe der Nieren. Dort verharrte es, stach durch den Pulli und ritzte Mikes Haut.
    Nicht ein Mensch trat aus einem der Mehrfamilienhäuser, kein Auto fuhr in diesem Moment vorbei.
    »Geh los! Langsam!«, forderte Fear und Mike gehorchte. Er spürte die Spitze des Messers, die sich ein Stück tiefer in seine Haut bohrte. Die Waffe verborgen unter Fears langem Mantel, gingen sie wie intime Freunde eng aneinandergeschmiegt den Weg entlang. Mike wusste nicht, ob Paul ihnen folgte, und er fragte sich, welche Rolle er in diesem grotesken Stück übernehmen sollte. Was wollte der Typ von ihm?
     
    Eine Maus huschte an ihr vorbei und versteckte sich in der Dunkelheit, eine zweite folgte der ersten. Im Inneren des Rohres, an dem Ciara angekettet saß, rauschte es in regelmäßigen Abständen viel zu laut. Die Wasseruhr hinter ihr tickte unentwegt, jedes »Klack« ließ Ciara wie unter einem Pistolenschuss zusammenzucken. Sie schluchzte und wünschte sich nichts sehnlicher, als ihre Ohren vor den Geräuschen abzuschirmen, die wie

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