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Cinderella auf Sylt - Bieling, E: Cinderella auf Sylt

Cinderella auf Sylt - Bieling, E: Cinderella auf Sylt

Titel: Cinderella auf Sylt - Bieling, E: Cinderella auf Sylt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Bieling
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ein besticktes Taschentuch aus ihrer karierten Weste, die farblich perfekt zum Hut passte, und schnäuzte sich. »Wo war ich stehengeblieben? Ach ja, die Kundensuche. Hier auf Sylt liest man den Strandanzeiger. Ein wöchentliches, kostenloses Blatt.«
    Interessiert lauschte Cinderella den Worten der liebenswerten Vermieterin. Ihr Herz klopfte freudig bei dem Gedanken, bald wieder nähen zu dürfen. Sie liebte es, eigene Kleidungsstücke zu entwerfen, ihre Ideen darin zu verarbeiten. »Und Sie denken, das klappt?«
    »Versuchen Sie es.«
    »Wo muss ich hingehen, wenn ich eine Anzeige aufgeben will?«
    Elsbeth Schmiedel räusperte sich. »Das, meine Liebe, erkläre ich Ihnen bei einer guten Tasse Tee. Aber vorher sollten wir den kleinen Seeräuber aus den Tiefen des Ozeans bergen.«
     
    Die Wohnung der freundlichen Hausbesitzerin lag im unteren Stockwerk. Cinderella bewunderte ihre Kuckucksuhr, die im Wohnzimmer neben einem rustikalen Sekretär stand. »Wirklich hübsch, diese zapfenförmigen Pendel.«
    »Und schwer«, erwiderte Elsbeth Schmiedel aus der Küche heraus. Sie bereitete Tee zu. »Mag der kleine Seeräuber lieber ein Glas Apfelschorle?«
    Tommy kniete vor einer Vitrine, in der Modellschiffe standen. Er schüttelte seinen Kopf und zog eine Grimasse. »Igitt, Apfelschorle, nee.«
    »Dann auch Tee«, entschied Cinderella für ihn. Tommy, der sich gegen den Beschluss seiner Mutter aufbäumen wollte, bemerkte jedoch ihren vorwurfsvollen Blick und lenkte ein. »Tee schmeckt besser als Apfelwasser. Stimmt’s, Mama?«
    Cinderella zuckte mit den Schultern. »Weiß nicht.«
    »Doch, tut er.«
    »Ist eine englische Teemischung. Sehr aromatisch«, erläuterte Elsbeth Schmiedel. In ihren Händen hielt sie ein Tablett. »Für den Fall, dass Sie es mögen, habe ich Zitronenscheiben, Milch und Kandis mitgebracht.« Sie stellte das Tablett ab und setzte sich auf einen der antiken Sessel, die den Wohnbereich schmückten. Cinderella tat es ihr gleich. Gespannt auf das weiterführende Gespräch, legte sie die Hände in den Schoß. Elsbeth Schmiedel goss den Tee aus einer dickbäuchigen Kanne in edle Tassen mit Goldrand. Ähnliche hatte Cinderellas Großmutter in ihrer Schrankwand aufbewahrt. Sammeltassen nannte sie die handbemalten Porzellangefäße, die nur zu ganz besonderen Anlässen herausgeholt wurden
. Und jedes von ihnen hatte ein anderes schreckliches Muster.
Cinderella musste schmunzeln. Einmal hatte Oma Trautchen die Tassen außerhalb der üblichen Zeremonie herausgenommen, um sie zu spülen. Dabei stießsie versehentlich auf das Geldversteck von Opa Walter, der sein erspartes Papiervermögen klein gefaltet zwischen Tassen und Unterteller geschoben hatte. Sie traute ihren Augen nicht, als plötzlich grüne Scheine im Abwaschwasser schwammen. Entsetzt über Walters Misstrauen, barg sie das Vermögen aus dem Spülwasser und hängte es zum Trocknen auf die Wäscheleine. »Also, dein Opa kommt vielleicht auf Ideen«, hatte sie missmutig gemurmelt, während Cinderella ihr beim Aufhängen der Scheine zusah.
    »Ein Stück Zucker?«, fragte Elsbeth Schmiedel und holte sie in die Gegenwart zurück.
    Cinderella nickte. »Gerne.«
    »Nun, wo waren wir stehengeblieben? Ach ja, der Strandanzeiger.« Sie schüttete Milch in ihren Tee und rührte ihn um. »Bahnhofsgasse 10. Ein auffälliges gelbes Gebäude, das oftmals mit einer Poststelle verwechselt wird.«
    »Hier im Ort?«
    »Nein, in Westerland. Direkt am Bahnhof.«
    »Dort, wo die Taxen stehen?«
    »Ja. Gegenüber dem Taxistand.«
    Cinderella nahm ihre Tasse und blickte auf den sich auflösenden Kandiswürfel. »Kann man die Anzeige vielleicht auch telefonisch aufgeben?« Der Weg nach Westerland erschien ihr zu weit für eine kurze Annonce.
    Elsbeth Schmiedel überlegte. »Ich bin mir nicht sicher. Glaube aber nicht. Am besten, Sie rufen dort mal an und erkundigen sich.«
    »Mama?«, mischte sich Tommy ins Gespräch. Er hockte vorm Tisch und lutschte ein Stück Zucker. »Fahren wir da mit dem Fahrrad hin?«
    »Wohin?«
    »Na, zu dem Anzeigenladen.«
    »Wohl eher nicht.« Cinderella kicherte. Die Entfernungwar ihr noch sehr gut in Erinnerung geblieben. »Da nehmen wir besser den Bus.«
    »Au ja, Bus ist cool. Kann ich am Fenster sitzen?«
    »Klar. Aber vorher muss die Mama noch einiges klären.«
     
    Drei Tassen Tee später hatte sich Cinderella mit Elsbeth Schmiedel auf einen Einzugstermin geeinigt. Die nette alte Dame war ihr um einiges an Mietzins entgegengekommen.

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