Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Cinderella auf Sylt - Bieling, E: Cinderella auf Sylt

Cinderella auf Sylt - Bieling, E: Cinderella auf Sylt

Titel: Cinderella auf Sylt - Bieling, E: Cinderella auf Sylt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Bieling
Vom Netzwerk:
in den Hörer.
    »Wie konntest du nur?«, rief eine ihr nicht unbekannte Stimme fast weinerlich.
Martha?
Sie drückte das Handy gegen ihre Schulter. »Sorry, meine Stiefmutter.«
    »Die Oma aus Halle«, erläuterte Tommy gelangweilt, während er aus einer Serviette ein Flugzeug faltete.
    »Möchten Sie lieber später bestellen?«, fragte der Kellner schmallippig.
    »Wäre vielleicht besser«, versuchte Moritz den Kellner milde zu stimmen.
    »Nein! Wir bestellen gleich«, forderte Cinderella. Sie hatte keine Lust, bis zum Abend zu bleiben. »Ich nehme die Austernsuppe auf … diesem Dingsda-Brot.«
    »Dingsda-Brot?« Die Nasenlöcher des Kellners weiteten sich wie bei einem Stier in der Arena. »Tut mir leid, aber Dingsda-Brot führen wir nicht!«
    Sie griff nach der Karte. »Wie hieß es doch gleich?«
    »Cindy! Was machst du denn nur? Ich muss mit dir reden!«, krächzte es aus dem Handy.
    »Moment, Martha! Bin gleich wieder dran.« Cinderella quetschte das Telefon zwischen Kinn und Hals.
Woher hat sie meine Nummer? Mike? Jule? Slowalski?
Sie durchblätterte die Karte. »Ah, da! Austernsuppe auf Kürbiskernbrot.«
    Der Kellner notierte. »Und welches Getränk darf ich bringen?«
    »Eine Limo.«
    Er schnappte nach Luft. »Zu Austernsuppe?«
    »Nein! Für unseren Sohn«, sagte Moritz. »Weiterhin hätte ich gerne die gratinierten Austern auf Blattspinat. Und dazu eine Flasche Muscadet de Sèvre et Maine.«
    »Eine wirklich vorzügliche Wahl«, entgegnete der Kellner und bedankte sich mit einem Nicken.
    »Martha? So, bin wieder dran.«
    »Also sag mal, wieso hast du mir nicht gesagt, dass du wegziehen willst?«
    »Ich bin nicht weggezogen, ich bin abgehauen, weil ich die Nase voll hatte.«
    »Ohne zu kündigen oder mir Bescheid zu geben. Und nun …« Martha Preußer schluchzte. »… nun bin ich völlig ruiniert und muss mein Lebenswerk aufgeben. Meine Altersvorsorge …« Sie schnäuzte sich. »Alles futsch! Und kein Geld, um die Unkosten länger zu tragen.«
    Cinderella hörte dem Gejammer ihrer Schwiegermutterzu und schwieg. In ihrem Kopf überschlugen sich die Ereignisse der vergangenen Jahre. Tommys Geburt, zu der Martha nicht kommen konnte. Ihr gebrochener Arm, mit dem sie neben der Arbeit in Marthas Schneiderei auch noch Tommy alleine versorgen musste. Die Weihnachten und Silvester, an denen Martha nicht einmal anrief. Immer waren andere Dinge wichtiger. Sandra, die Schneiderei, das Urlaubsgrundstück und all das, mit dem sich Martha gerne umgab. »Du musst kommen! Hörst du, Cindy? Sonst verliere ich die letzten Kunden und dann …« Erneutes Schluchzen folgte.
    Moritz blickte Cinderella fragend an. »Ist was passiert?«
    Cinderella schüttelte den Kopf und winkte ab. »Martha? Können wir später nochmal telefonieren? Es ist jetzt äußerst ungünstig.«
    »Du musst kommen, Cindy! Sag, dass du kommst!«
    »Martha! Ich habe hier einen Job!«
    »Nimm Urlaub oder melde dich krank. Du kannst mich nicht hängen lassen. Das würde dein Vater auch nicht wollen. Wo ich dich doch wie eine Tochter aufgenommen habe.«
    Wie eine Tochter?
»Unnützer Balg hast du mich geschimpft. Damals, als Vater noch lebte.«
    »Meine Güte! Du warst eben ein sehr lebhaftes Kind. Und meine Nerven waren schon damals kaputt«, schniefte sie in den Hörer.
    Cinderella wischte sich eine Träne aus dem Auge. »Du hast recht! Entschuldige, dass ich keine Wahl hatte. Genauso wenig wie Agga.«
    »Meinst du etwa dieses Viech, das du immer mit ins Bett geschleppt hast?«
    »Ja! Die schreckliche Schildkröte, die deinen Schlaf gestört hat.«
    »Das ist Jahre her, mein Gott.«
    »Stimmt! Aber das macht sie auch nicht lebendiger!«
    Die Gäste vom Nachbartisch warfen Cinderella empörte Blicke zu und tuschelten kopfschüttelnd. Und auch Moritz vergrub sein Gesicht in die Dessertkarte.
    »Könntest du bitte später telefonieren«, murmelte er ihr zu.
    »Klar! Kein Problem.« Cinderella legte auf und steckte das Handy zurück in die Tasche. »Was ist?«, fragte sie umherblickend. »Darf man auf Sylt in einem Restaurant nicht telefonieren?«
    »Doch! Dazu geht man aber in der Regel hinaus«, erwiderte Moritz, dem die Peinlichkeit deutlich anzusehen war.
    »Ach ja, tut man das? Und wohin geht man? Hinaus in die Kälte, wo sich Dutzende von Rauchern versammeln, um sich eine gemeinschaftliche Bronchitis einzufangen? Oder gibt es separate Ecken dafür?«
    Moritz griff nach ihren Händen. »Verdirb den Tag nicht. Bitte!« Er blickte zu Tommy. »Schau ihn

Weitere Kostenlose Bücher