Cinderella und der Scheich
einem Pauschalurlaub für Achtzehn- bis Dreißigjährige passen, was meinst du?“, witzelte sie, als hätte sie nichts bemerkt.
„Wir würden uns um ihn kümmern. Du musst mal raus. Etwas erleben.“
„Freddy ist mein Leben.“
„Di…“
„Wie war das Test-Match?“, fragte sie.
Nachdem sie ihren Vater auf sein Lieblingsthema Kricket gebracht hatte, brauchte sie nur noch hin und wieder an den richtigen Stellen „Absolut“ oder „Nicht zu glauben“ zu sagen. Er klärte sie über sämtliche Schwächen des englischen Teams auf, kommentierte die Blindheit der Schiedsrichter, die Qualitäten des Torwächters, während sie ihren Kakao trank. Dann spülte sie die Tasse und gab ihm einen Kuss auf die Stirn.
„Sag Mum, dass ich mich morgen früh um Freddy kümmere. Ich muss erst um neun weg. Bleib nicht mehr so lange auf“, ermahnte sie ihn, als wäre er wegen einer besonderen Fernsehsendung aufgeblieben und nicht, um auf sie zu warten.
Sie ging zu Freddy ins Zimmer, zog seine Decke hoch, die ihm von der Schulter gerutscht war, und strich leicht über seine dunklen Locken. Fünf Jahre alt und schon ein Herzensbrecher, genau wie es sein Vater gewesen war.
„Nacht, mein Engel“, murmelte sie und nahm die Schneekugel aus dem Bücherregal. Die Schneeflocken bewegten sich, aber sie schüttelte die Kugel nicht, sondern stellte sie zurück an ihren Platz. „Schlaf gut.“
In ihrem eigenen Zimmer setzte sie sich aufs Bett, öffnete die Schublade ihres Nachttisches und holte die kleine Schachtel heraus, in der sie Erinnerungsstücke aufbewahrte. Ganz unten lag ein Foto, das auf einer Party gemacht worden war. Es waren ein paar Leute darauf zu sehen, die sich zur Kamera gedreht hatten, als jemand „Lächeln!“ rief. Es war purer Zufall, dass sie und Pete O’Hanlon auf demselben Bild waren und dass es ihr jemand geschenkt hatte.
Es war alles, was sie von Freddys Vater besaß.
Sie behielt es nur, weil Freddy eines Tages darauf bestehen würde zu erfahren, wer sein Vater war. Bis dahin würden die Erinnerungen hoffentlich ebenso verblichen sein wie das Bild. Und Freddy konnte dafür geachtet werden, was er war, ein anständiger junger Mann.
Sie hatte das Foto herausgeholt, weil die letzten fünf Jahre sie eingelullt, ihr Gespür für Gefahr gedämpft hatten. Sie musste sich daran erinnern, dass man sein Leben zerstören konnte, wenn man sich der Lust hingab.
Schließlich schloss sie die Schachtel und räumte sie weg. Sie zog die Uniform aus, hängte sie auf einen Bügel und legte sich Unterwäsche und eine frische Bluse für den nächsten Tag zurecht. Dann putzte sie sich die Zähne und kroch anschließend endlich in das schmale Bett, in dem sie schon ihr ganzes Leben geschlafen hatte.
Sobald sie die Augen geschlossen hatte, sah sie Zahirs Lächeln vor sich. Das warme Lächeln in seinen Augen, das sich im restlichen Gesicht kaum zeigte. Spürte seine Hand, die ihren Kopf umfasste, seinen Atem auf ihrer Wange, seinen Mund …
Irgendwann schlief sie ein, nur um im Traum mit einem leuchtend pinkfarbenen Taxi im Inneren einer Schneekugel zu fahren. Dabei wurde sie ständig von Scheich Zahir angehalten, der nicht hinten in den Wagen stieg, sondern sie nur ansah und sagte: „Küss mich, ich bin ein Prinz.“
Als sie es dann tat, verwandelte er sich in einen Frosch.
Erschrocken fuhr Diana hoch. Ihr Herz pochte heftig, ihr Mund war trocken, für einen Augenblick wusste sie nicht, wo sie war.
Das penetrante Weckerläuten durchdrang schließlich den Nebel der Traumwelt. Seufzend stellte sie ihn ab, rollte sich auf die Seite und stand auf. Es war noch früh, aber sie wollte es nicht riskieren, noch einmal einzuschlafen und wieder diesem Traum ausgeliefert zu sein.
Sie schlüpfte in ihren Bademantel und ging über den Flur in Freddys Zimmer, um wie versprochen da zu sein, wenn er aufwachte, und zudem ihrer Mutter eine weitere halbe Stunde im Bett zu gönnen. Es war ein Luxus, das Haus erst so spät verlassen zu müssen.
Vorausgesetzt natürlich, dass Jack noch krank war.
Man konnte von ihm halten, was man wollte, aber blaumachen würde Jack nicht. Wenn es irgend möglich war, würde er heute wieder zur Arbeit erscheinen. Und wenn es nicht möglich war, auch. Nur um zu sehen, ob seinem geliebten Wagen nichts passiert war.
„Mummy?“
Freddy blinzelte, dann sprang er, im Nu hellwach, aus dem Bett, schnappte seinen Sticker für gutes Lesen und hielt ihn ihr hin.
„Guck!“
„Pst …“ Sie hielt ihm den
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