Cinderella und der Scheich
Meer, der Arm des geliebten Mannes lag um ihre Taille, während sie ihren Kopf an seine Schulter lehnte.
Sie schüttelte sich und versuchte einen klaren Gedanken zu fassen.
Die Jacht, der Sonnenuntergang – nichts als Träume. Nur der Mann war echt, und es war klüger, ihn zu vergessen.
Alles, was sie in ihrem Leben noch vorhatte, was sie erreichen konnte, musste sie sich selbst erarbeiten. Aus einem Impuls heraus lehnte sie sich nach vorne, streckte die Arme aus wie Kate Winslet in „Titanic“. Und da sie keinen Helden hinter sich hatte, spornte sie sich selbst an: Sie konnte alles tun, alles erreichen, wenn sie nur den Mut dazu hatte …
Zahir besah pflichtschuldig die glänzenden Kolben der Motoren, wie das bei der Übernahme von ihm erwartet wurde. Viel lieber wäre er bei Diana geblieben, hätte sie angesehen, während er ihr sein neues Spielzeug vorführte. Beim Betreten der Hochzeitskabine hätte er alles in ihrem Gesicht ablesen können, was er wissen wollte.
Vielleicht war es besser, dass es anders gekommen war.
Als er schließlich alles begutachtet hatte, fand er Diana nicht unter Deck, sondern oben auf Deck. Mit ausgestreckten Armen stand sie da, wie eine Galionsfigur … Nein … Es war etwas anderes. Eine Szene aus einem Film.
Sie träumte also doch. Lächelnd ging er auf sie zu, stellte sich hinter sie und legte ihr die Hände an die Taille. „Machen Sie es richtig. Stellen Sie sich auf die Reling.“ Erschrocken ging sie einen Schritt zurück, ließ die Arme sinken, aber er redete ihr zu: „Greifen Sie danach, Diana. Greifen Sie nach dem, was sie sich am meisten wünschen.“
„Zahir!“
Der Ausruf klang gequält, doch er gab nicht nach.
„Vertrauen Sie mir. Ich lasse Sie nicht fallen.“
Diana, die sich ertappt fühlte, zögerte einen Moment. Aber seine Hände waren stark, gaben ihr Halt, also stieg sie auf die Reling, beugte sich vor, weit übers Wasser. Mit geschlossenen Augen, die Arme seitlich ausgebreitet, griff sie nach der Zukunft, während er sie hielt.
„Der Wind weht mir ins Gesicht“, sagte sie lachend und fühlte sich wie das kleine Mädchen, das sie nie gewesen war. Im Rücken spürte sie Zahir, der sie mit kräftigen Armen hielt, die Wärme seines Körpers erweckte in ihr eine bis dahin unbekannte Sinnlichkeit.
Ihr Puls raste, das schmerzhafte Verlangen nach ihm schockierte sie. Einen Sekundenbruchteil lang hatte sie den verrückten Wunsch, sich zu ihm umzudrehen und ihn mit sich ins Wasser zu ziehen.
Wenn sie beide den Boden unter den Füßen verlören, gäbe es keine Unterschiede mehr zwischen ihnen. Es ging nicht. Sie war Cinderella, und sobald sie die Jacht verließen, würde sie keine Prinzessin mehr sein.
„Ich weiß nicht, ob das so gut ist“, sagte sie mit einem leichten Zittern, erschrocken über die Intensität ihrer Gefühle. Sie musste vernünftig bleiben.
Sich nicht überwältigen lassen.
Sich nicht in Träumen verlieren.
Im Film war die Szene wunderbar gewesen. Doch die Liebesgeschichte war ebenso wie die Titanic dem Untergang geweiht. Sie versuchte, wieder auf den Boden der Tatsachen zurückzukommen, und öffnete die Augen. Das Bild hatte sich gewandelt. Sie waren draußen auf dem Meer.
Verwirrt blickte sie nach unten. Weiße Wellen kräuselten sich, wo der Bug das Wasser durchschnitt.
Für einen Moment starrte sie darauf und versuchte sich zu erklären, was geschehen war. Dann wurde ihr schwindelig. Sie schrie auf, glaubte zu fallen.
Doch Zahir hielt sie fest. Er hob sie hinunter, drehte sie zu sich, sodass sie nicht mehr in die Wellen blickte, und zog sie dicht zu sich heran. Bebend hielt sie sich an seinen Schultern fest, während er ihr leise und beruhigend ins Ohr flüsterte.
Sie konnte nicht aufhören zu zittern. Es war nicht mehr die Furcht vor einem Sturz. Diese Angst war dunkler, vernichtender. Als sie zu ihm aufsah, wusste sie, dass er sie küssen würde.
Nicht so, wie er sie beim letzten Mal geküsst hatte – süß und sinnlich, der Hauch eines Kusses.
Dieses Mal war es anders. Kein leichtes, schwebendes Gefühl wie bei ihrem Tanz auf dem Berkeley Square. Das hier war drängendes, glühendes Verlangen …
Ihr Herzschlag dröhnte ihr in den Ohren, und für zwei oder drei Schläge gab sie sich Mühe zu widerstehen. Doch ihr Körper gehorchte ihr nicht mehr, gegen jede Vernunft erwiderte sie seinen Kuss.
Rückhaltlos. Ohne Schranken. Noch Minuten zuvor hatte sie geglaubt zu fliegen, jetzt tat sie es.
Er sollte sie nicht
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