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Cinderella und der Wüstenprinz (Julia) (German Edition)

Cinderella und der Wüstenprinz (Julia) (German Edition)

Titel: Cinderella und der Wüstenprinz (Julia) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Kendrick
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ist. Aber zumindest für eine Weile hätte man uns vier durchaus als zufriedene Familie bezeichnen können. Wenigstens wirkte es für Außenstehende so …“
    „Und dann ist etwas passiert?“, hakte Ella zaghaft nach, weil ihr Mann plötzlich völlig geistesabwesend erschien.
    „Das kann man wohl sagen! Meine Mutter ließ Kamal und mich hier im Palast zurück und machte einen Besuch bei ihren Eltern in Bakamurat. Sie blieb viel länger, als mein Vater es erwartet hatte, und als sie zurückkehrte, war sie … verändert.“
    „Was meinst du damit, verändert ?“
    Sekundenlang presste Hassan nur die Lippen zusammen. Nicht umsonst hatte er die quälenden Erinnerungen so tief wie möglich in seinem Unterbewusstsein vergraben. Und trotzdem glaubte er seine Mutter plötzlich vor sich zu sehen, wie sie damals einfach durch ihn und Kamal hindurchgeschaut hatte, nachdem sie aus Bakamurat zurückgekehrt war. Sie aß nicht mehr, während der Blick aus den übergroßen schwarzen Augen in dem abgemagerten Gesicht immer ferner und verwirrter wirkte.
    Auf eine tragische Weise war sie nie schöner gewesen als zu dieser Zeit, doch trotz seines jungen Alters hatte Hassan die Besorgnis seines Vaters gespürt, die seine eigene Angst und Unsicherheit nur noch schürte. Nur zu gut erinnerte er sich an die schrecklichen Streitereien zwischen seinen Eltern, sobald sie Kamal und ihn schlafend in ihren Betten wähnten, und an das eisige Schweigen am darauf folgenden Morgen während des Frühstücks.
    „Sie hatte sich in einen Adeligen aus Bakamurat verliebt und behauptete, nicht ohne ihn leben zu können.“ Er hörte selbst, wie angewidert und gnadenlos seine Stimme klang. „Mein Vater wäre bereit gewesen, ihr zu verzeihen, verlangte aber, dass sie sich zwischen ihm und dem anderen Mann entscheiden müsse.“
    Ella schluckte heftig. „Und trotzdem ist sie gegangen?“
    „Ja, sie zog ihren Liebhaber dem eigenen Ehemann und ihren Söhnen vor, weil er der Einzige sei, der sie wirklich verstehe“, kam es hart zurück.
    „Wer hat dir das gesagt?“
    „Mein Vater.“
    Ella nickte voller Mitgefühl und verwünschte innerlich die lose Zunge und den gedankenlosen Egoismus unglücklich liebender Erwachsener. „Manchmal erzählen Eltern ihren Kindern mehr als notwendig … und als gut für sie ist“, sagte sie stockend. „Ich erinnere mich noch gut an die Anklagen und schrecklichen Dinge, die meine Mutter über meinen Vater erzählt hat und die ich lieber nie gehört hätte. Sie scheinen zu verwechseln, wer die Eltern sind und wer das Kind. Viele Menschen reagieren einfach unangemessen, wenn sie sich allein von ihren Emotionen beherrschen lassen.“
    „Und genau darum halte ich mich von sinnlosen und gefährlichen Gefühlsduseleien wie der großen Liebe fern.“ Hassans Lippen verzogen sich zu einem zynischen Lächeln, das Ella ins Herz schnitt. „Warum sollte man sich auf etwas einlassen, das Menschen dazu treibt, sich derart schamlos zu benehmen? Liebe ist so unbeständig wie der Wind. Erst schwor meine Mutter meinem Vater lebenslange Treue, dann verließ sie ihn für einen anderen Mann. Wie soll man da Vertrauen haben können?“
    Aus Angst, Hassan könne bemerken, wie heftig ihre Hände zitterten, legte Ella die Zeichenkohle zur Seite. Seine Warnung war angekommen. Die Nachricht war unmissverständlich, trotzdem wollte sie noch das Ende der traurigen Geschichte hören.
    „Wie ging es dann für deine Mutter weiter?“, fragte sie sanft.
    Hassan schüttelte den Kopf, als könnte er dadurch die Erinnerung an die Frau loswerden, die ihn erst geboren und dann im Stich gelassen hatte. „Die Scham über das, was sie getan hat, nahm sie natürlich mit sich. Damit war sie offenbar auch für ihren Liebhaber als Ehefrau nicht mehr akzeptabel. Wenn er überhaupt je vorgehabt hatte, sie zu heiraten. Und mein Vater wollte sie natürlich auch nicht mehr.“
    „Wollte sie denn zu ihm zurückkehren?“
    „Und ob! Zu spät wurde ihr klar, was sie aufgegeben hatte: zwei kleine Kinder und einen Mann, der sie wirklich liebte, aber dessen Stolz es nicht zuließ, sich möglicherweise ein zweites Mal zum Narren halten zu lassen. Daraufhin begann sie, sich bis zur Selbstaufgabe zu vernachlässigen und flüchtete sich schließlich völlig unterernährt in die Schweiz, wo sie sich eine Lungenentzündung zuzog.“
    Ella musste nicht nachfragen, um zu wissen, dass seine Mutter daran verstorben war. Sie sah es an dem Schmerz in Hassans schwarzen Augen.

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