Cinderella und der Wüstenprinz (Julia) (German Edition)
und sehr freundlich. Was angesichts ihrer ersten Begegnung schon erstaunlich war. Anfangs hatte Ella noch voller Unbehagen überlegt, was er von ihr denken mochte und wie viele dieser Aufträge er wohl pro Jahr erledigte.
Gefragt hatte sie ihn natürlich nicht!
Wie erwartet, erwies sich Benedict als sehr effizient. Quasi aus dem Handgelenk präsentierte er Ella einen lichtdurchfluteten, nach Norden ausgerichteten Raum in einem Seitenflügel des Palasts, gleich neben dem Blumengarten. Begeistert öffnete sie die Fenster, sog tief den süßen Blütenduft ein und sah sich kritisch um. Ein fantastischer Ort zum Malen. Unterstützt von Benedict und einigen Dienstmädchen machte sich Ella mit Feuereifer ans Umgestalten und Einrichten. Anschließend bereitete sie die erste Sitzung vor. Als erstes wollte sie einige Kohleskizzen von Hassan erstellen, um sie später als Ölgemälde umzusetzen.
Zwischendurch nutzte Ella die Gelegenheit, während eines Palastrundgangs die wenigen bereits vorhandenen Porträts des Scheichs von Kashamak zu studieren. Immer wirkte er ungeheuer eindrucksvoll und Ehrfurcht gebietend in den verschiedenen Militäruniformen oder dem offiziellen königlichen Ornat.
Doch Ella wollte nicht den König, sondern den Mann dahinter porträtieren, in der heimlichen Hoffnung, dabei mehr über ihren verschlossenen Gatten zu erfahren und ihm vielleicht sogar näherzukommen.
Über seinen Vater und Bruder wusste sie nur sehr wenig, und seine Mutter erwähnte Hassan überhaupt nicht. Sie hatte die unmissverständlichen Winke, nicht weiter in ihn zu dringen, bisher respektiert, weil sie den filigranen Burgfrieden zwischen ihnen nicht gefährden wollte. Doch je weiter die Schwangerschaft fortschritt, desto wichtiger wurden Ella die Hintergründe und Umstände, unter denen Hassan groß geworden war und in die ihr Kind hineingeboren werden würde.
Außerdem dachte sie immer häufiger über ihr Verhältnis zu ihrer eigenen Familie nach. Selbst wenn sie nur selten damit einverstanden war, wie sich die Mitglieder des extrem unkonventionellen Jackson-Klans aufführten, liebte Ella sie alle aufrichtig und von Herzen.
Aber wenn ihr Baby ein Sohn wurde und unter dem Einfluss seines Vaters dessen Arroganz und Ablehnung gegenüber des mütterlichen Teils seiner Familie übernahm? Unsinn! sagte sie sich energisch und legte zärtlich eine Hand über die runde Wölbung ihres Bauchs. Immerhin bin ich auch noch da …
Ob ihre eigene Mutter während der Schwangerschaften auch dieses starke Band zwischen sich und ihren Kindern gespürt hatte? Leicht war es für sie bestimmt nicht gewesen, mit dem untreuen Ehemann an der Seite und ihrer Fürsorge für seine anderen Kinder. Trotzdem war es Julie Jackson irgendwie gelungen, die ganze Familie zusammenzuhalten. Nur selten hatte es Geld in ihrem chaotischen Haushalt gegeben, dafür waren Spaß und Lachen an der Tagesordnung gewesen. Oder nicht?
Auf keinen Fall aber war es so ein kaltes, stilles Heim gewesen wie der Palast, in dem Hassan groß geworden war.
„Ella?“
Erst jetzt merkte sie, dass sie nicht mehr allein in ihrem Atelier war.
„Tut mir leid“, sagte sie und lächelte ihrem Mann zu, „ich war gerade meilenweit weg mit den Gedanken.“
„Das ist mir nicht entgangen. Können wir anfangen?“
„Natürlich, komm, setz dich hierher … ja, genau so.“
Während Hassan seine Kopfbedeckung ablegte, widerstand Ella dem Drang, sich vorzubeugen und ihn zu küssen. Doch eine der strengen Regeln lautete: keine Intimitäten außerhalb des Schlafzimmers. Laut Hassan verlangte es das höfische Protokoll. Seine Berater und Bediensteten würden weder Verständnis noch Respekt für einen Monarchen aufbringen, der sich darüber hinwegsetzte und öffentlich Zärtlichkeiten mit seiner Frau austauschte.
Außerdem kann er mich damit wirksam auf Armeslänge von sich weghalten, dachte Ella und nahm sich vor, wenigstens das Zusammensein während der Sitzungen vollauf zu genießen.
„Was muss ich jetzt machen?“
Ella lachte. „Du sitzt doch nicht das erste Mal Modell für ein Porträt.“
„Stimmt, aber da war der Maler ein Mann und nicht meine Frau, die noch vor wenigen Stunden in meinen Armen gelegen hat.“
„Würdest du bitte nicht über Sex reden?“
„Warum nicht?“
„Weil es den Ausdruck auf deinem Gesicht verändert. Deine Augen wirken verhangen und deine Lippen verhärten sich.“
Nicht nur die Lippen! registrierte Hassan grimmig und veränderte unauffällig seine
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