Cinderella undercover
Bildern verzieren.
»Weiß Paule davon?«
»Nee, noch nicht. Ich sag’s ihr heute Abend. Im Moment ist sie noch total auf dem Leopold-Trip und hat kaum Augen und Ohren für etwas anderes. Gestern Abend waren sie zusammen im Ballett: Die kleine Meerjungfrau nach einer Choreografie von John Neumeier.«
Louisa zog die Nase kraus und guckte immer noch mindestens so streng wie Heidis Hausdame Fräulein Rottenmeier. »Will Paule sich jetzt gleich ins nächste Unglück stürzen oder was?« Ich guckte sie verständnislos an. »Wieso, nächstes Unglück?!?«
»Ja, wie soll denn das funktionieren? Paule verknallt sich in Leopold und versucht, ihn dann davon zu überzeugen, dass Mädchen die besseren Jungs sind, oder wie?« Nach diesem Satz brachen wir beide in schallendes Gelächter aus und es läutete zur nächsten Stunde.
Punkt fünfzehn Uhr betrat ich die »Erste Liebe« und checkte wie gewohnt als Erstes ab, wer alles anwesend war. Heute ging es hier ein bisschen ruhiger zu, was ja auch mal ganz angenehm war. So konnte Holly sich ausnahmsweise mal eine Zigarettenpause vor der Tür gönnen. »Hallo Cynthia, hast du meine Einladung bekommen?«, fragte Daniel, der ganz allein in der hintersten Ecke des Bistros saß, wo ich ihn nicht sofort entdeckt hatte. Sofort fingen zwei Stimmen in meinem Kopf wild an zu diskutieren: Die eine freute sich, ihn zu sehen – die andere grummelte immer noch wegen seines Dates mit Oberzicke Felicia. »Hab ich, danke«, antwortete ich und beschloss, mich erst mal möglichst neutral zu halten. Daniel ließ offenbar nicht so schnell locker. »Hast du einen Augenblick Zeit, dich zu mir zu setzen?«
»Sorry, aber ich fange gerade erst an. Frag mich in einer Stunde noch mal…«
»Mach ruhig, ist ja gerade tote Hose hier«, mischte sich Holly ein, die umgeben von einer stinkenden Rauchschwade wieder hereingekommen war und unseren Wortwechsel mit angehört hatte.
»Okay, aber wirklich nur kurz«, lenkte ich also ein und setzte mich Daniel gegenüber. Dabei bemerkte ich zum ersten Mal, dass seine Augen dieselbe Farbe hatten wie die Flügel auf meinem Engelsbild, nämlich Waldseegrün.
»Ist irgendwas?«, fragte er belustigt. »Ich weiß, dass ich heute ein bisschen fertig aussehe, weil ich letzte Nacht etwas versackt bin – aber letztlich kommt es ja auf den Charakter an, oder?« Schon wieder dieses unwiderstehliche Grinsen, gegen das ich einfach machtlos war.
Ich beschloss, aufs Ganze zu gehen und endlich Klarheit in den mysteriösen Fall Felicia und Daniel zu bringen: »Was war denn gestern los, dass du heute so in den Seilen hängst?«
Es stimmte nämlich. Daniel war deutlich blasser als sonst und hatte leichte Augenringe, wodurch er allerdings eher noch ein bisschen cooler aussah. Seufz!
»Ich war mit Felicia und ein paar anderen Leuten aus dem Fitnessstudio auf der Verleihung des Hamburger Sport-Awards. Und weil es da so grottenlangweilig war, sind wir danach noch ein bisschen um die Häuser gezogen. Erst waren wir im Schanzenviertel unterwegs und danach ging’s noch weiter auf den Kiez. Aber genau das hätte ich mir wohl besser sparen sollen. Aber jetzt zu dir: Hattest du schon Zeit, in deine Bücher reinzuschauen?«
Ich gab keine Antwort. Es dauerte erst mal einen Moment, bis ich all diese Informationen verarbeitet hatte und zu dem Ergebnis gekommen war, dass Felicia wohl doch keine Gefahr für mich darstellte.
Zumindest nicht im Augenblick. Dann sagte ich: »Ja, hatte ich und ich habe auch schon jede Menge Entwürfe gemacht. Gernot ist begeistert und will fünf davon als Motive für seine Sommerkollektion nehmen.«
»Das ist ja super!« Daniel sah mich anerkennend an. »Aber wo findet man eigentlich seine Sachen? Er scheint ja keinen Verkaufsraum oder so was zu haben, sondern nur ein Atelier.«
»Hast du GG gegoogelt?«, fragte ich freudig überrascht.
»Ja, hab ich. Schließlich will ich ja wissen, wo deine Sachen demnächst verkauft werden.«
»Du designst Klamotten?«, kam es nun neugierig von Holly, die gerade den Nebentisch abwischte und mir einen bewundernden Blick zuwarf. »Nein, das nicht gerade. Ich unterstütze nur einen Freund bei seiner neuen Street-Art-Kollektion. Man findet seine Klamotten übrigens in ein paar exquisiten Läden in der Schanze, im Karoviertel, in der Langen Reihe und in Ottensen. Ich gebe euch gern eine Liste mit Adressen, wenn es euch interessiert. Oder ihr schaut auf seine Homepage. Da kann man die Sachen übrigens auch online
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