Cinderellas letztes Date
siehst du völlig falsch. Lass uns in Ruhe darüber reden“, versuchte David White sie zu beschwichtigen.
„Ich sehe gar nichts falsch“, fauchte Clarissa. „Im Gegensatz zu deinen früheren jungen Geliebten bin ich weder naiv noch blöd und lasse mich nicht mit ein paar netten Worten abspeisen. Ich gehe und lass dich in Ruhe, keine Sorge. Aber für mein Schweigen bezahlst du. Ich will 150.000 Dollar. Oder ich unterhalte mich mit deiner Frau über dich und mich.“
„Das ist nicht dein Ernst!“ Der Bürgermeister klang aufrichtig geschockt.
„Und ob! Ich will das Geld sofort.“
„Was denkst du dir? Ich habe nicht so viel Bargeld in meinem Safe.“
„Das glaube ich dir nicht. Die Summe bezahlst du doch aus der Portokasse.“
„Ich kann nicht glauben, dass du mich erpresst. Ich dachte, du empfindest etwas für mich.“
„O bitte! Nun fang nicht mit Gefühlsduselei an. Die nehme ich dir nicht mehr ab“, meinte Clarissa höhnisch. „Ich gebe dir bis Montag. Dann habe ich das Geld, oder du hast eine Menge Probleme. Denn ich glaube nicht, dass deine Frau dir eine Affäre mit der Tochter deines besten Freundes vergibt. Und was mein Dad wohl zu unserer Affäre sagen würde …“
„Du niederträchtiges Weibsstück!“ David Whites Stimme zitterte vor Wut. „Das hast du langfristig geplant. Du hast nur mit mir geschlafen, um mich auszunehmen.“
„Nein, du liegst absolut falsch“, entgegnete Clarissa kalt. „Ich lasse mich nur nicht verar…“
„Und wer garantiert mir, dass es bei den 150.000 Dollar bleibt?“
„Niemand, Liebling “, antwortete Clarissa zynisch. Sie genoss ihre Machtposition. „Wir sehen uns Montag um Punkt zehn. Du wartest vor dem Studentenwohnheim in deinem Wagen auf mich. Ich komme raus, hole mein Geld ab, und wir sind geschiedene Leute. Bis auf Weiteres …“
Es ertönten Schritte. Eine Tür wurde geschlagen. Dann endete die Aufnahme.
Ruby stand wie zur Salzsäule erstarrt auf demselben Platz mitten im Zimmer. Onkel David war der Mörder ihrer Schwester. Clarissa hatte ihn erpresst und dafür mit ihrem Leben bezahlen müssen. Und zwar umgehend. Denn am Zahltag war sie bereits tot. Hatte White sie mit Drogen und Alkohol abgefüllt und dann selbst ermordet oder jemanden dafür angeheuert?
Am liebsten wäre Ruby auf der Stelle zum Bürgermeister gefahren und hätte stundenlang auf ihn eingeschlagen. Aber Selbstjustiz führte zu nichts. Die Aufzeichnung gab den Hinweis auf ein Mordmotiv – lieferte aber nicht den Beweis. Damit Onkel David im Gefängnis landete, musste sie taktisch agieren.
Sie konnte die CD ihrem Vater vorspielen. Er war Richter und würde die Staatsanwaltschaft informieren … und die würde den Bürgermeister vorladen. Doch abgesehen davon, dass sie ihrem Dad damit das Herz brach, weil sein bester Freund und seine Lieblingstochter ihn hintergangen hatten, erreichte sie nichts.
Sheriff Warden? Ruby zögerte. Sie traute ihm nicht allzu große berufliche Kompetenz zu. Hatte er den Fall ihrer Schwester doch eher stiefmütterlich behandelt. Zwar musste sie ihn über kurz oder lang einweihen, aber noch nicht. Sie würde sich später an ihn wenden – zusammen mit Billy. Er war der Einzige, der ihr helfen konnte. Gleichgültig wie enttäuscht sie von ihm war. Er sollte sich die Aufnahme anhören und sagen, wie sie am besten vorgingen, um White senior als Täter oder Auftraggeber des Mordes zu überführen.
Ruby schloss ihren MP3-Player an ihren PC an und kopierte die CD. Dann nahm sie sie heraus, steckte sie in die Innentasche ihrer Motorradjacke und rannte aus dem Zimmer. Vor der Tür prallte sie gegen Emma, die immer noch telefonierte.
„Holla“, stieß Emma hervor, als sie durch den Zusammenstoß taumelte. „Dein Lover muss dir ja eine Wahnsinns-Liebesbotschaft geschickt haben, dass du es so eilig hast.“
Ruby antwortete nicht. Sie hörte ihre Mitbewohnerin nicht einmal. Dafür schoss zu viel Adrenalin durch ihren Körper. Noch vor einer Stunde hatte sie geglaubt, das Verbrechen an ihrer Schwester womöglich niemals aufzudecken. Und jetzt stand die Ergreifung des Mörders unmittelbar bevor.
„Das ist der Durchbruch!“ Billy reagierte auf den Mitschnitt genauso aufgeregt wie Ruby. Mit ausholenden Schritten durchmaß er sein Büro auf der Polizeiwache und überdachte ihre Vorgehensweise. „Wir fahren zu Bürgermeister White und konfrontieren ihn mit der Aufnahme.“ Er blieb vor seinem PC stehen und holte die CD aus dem Laufwerk. Er trug
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