Cinderellas letztes Date
sie von Owen nichts Neues erfahren hatte.
„Dir scheint’s zu schmecken“, stellte Owen fest. Rubys Schale war bereits leer, während er gerade mal zwei, drei Löffel von seinem Dessert gegessen hatte.
„Ja, super.“ Ruby rutschte unruhig auf ihrem Stuhl hin und her. „Du hast ein tolles Restaurant ausgesucht. Und es war ein wirklich schöner Abend. Aber ich muss Morgen sehr früh zur Uni …“ Wenn Owen nicht komplett ignorant war, würde er am unnatürlichen Klang ihrer Stimme hören, dass sie log. Verflucht!
„Kein Problem.“ Owen lächelte. Falls er ihre Schwindelei bemerkte, so ließ er sich nichts anmerken. „Ober, die Rechnung bitte. Und bestellen Sie mir bitte ein Taxi.“ Er zahlte und ließ seine Veilchencreme größtenteils unberührt stehen, um ihr in ihre Motorradjacke zu helfen, und begleitete sie nach draußen.
Als sie vor dem Eingang des „Chapeau“ standen, fühlte Ruby sich erleichtert und hatte sogar wieder gute Laune. Der zähe Abend mit Owen war endlich vorbei, und es würde keine Wiederholung geben. Dafür wusste sie zu sorgen. Zudem konnte sie endlich mit ihrer Schwärmerei für ihn abschließen. In all den Jahren ohne Owen hatte sie nichts verpasst. Bei dem Gedanken musste sie lachen. Doch Owen verstand ihre Freude falsch.
„Schön, dich so glücklich zu sehen“, meinte er. „Hoffentlich habe ich ein bisschen dazu beigetragen.“
„Ähm …“, stammelte Ruby. Sie wusste nichts zu sagen.
Im gleichen Augenblick nahm Owen sie in die Arme und küsste sie auf den Mund.
Ruby war zu überrascht, um ihn abzuwehren. Wie konnte er ihren gemeinsamen Abend nur gut finden? Hatte er denn kein Gespür für zwischenmenschliche Beziehungen? Oder war er einfach so egoistisch, dass er sie prinzipiell nahm, was er wollte – ohne Rücksicht auf Verluste?
Immerhin küsste er nicht schlecht. Aber Rubys Herz rührte sich nicht.
„Also, bis bald“, sagte Owen, nachdem er sie losgelassen hatte.
Ruby unterdrückte nur mühsam den Impuls, sich vor seinen Augen mit dem Handrücken über den Mund zu wischen. „Ähm … erst mal nicht. Ich muss viel lernen. Und dann Clarissas … Selbstmord nachgehen … und … ehrlich gesagt, habe ich für einen Freund keine Zeit.“ Puh! Es war ausgesprochen, wenn auch nicht ganz ehrlich. Aber die Absage musste selbst Owen kapieren.
„Verstehe …“ Er grinste schief und verbeugte sich spielerisch vor ihr. Zum Glück kam sein Taxi und ersparte ihnen unheilvolles Schweigen oder eine erzwungene Unterhaltung. Er stieg ein, winkte ihr zu und der Wagen fuhr davon.
Ruby seufzte. „Auf Nimmerwiedersehen!“ Sie checkte den Verkehr, um die Straße zu ihrer Suzuki zu überqueren, als sie Billys Pontiac auf der anderen Straßenseite parken sah.
Zuerst glaubte sie, es handelte sich um irgendeinen dunkelblauen Pontiac G6. Schließlich war das Fabrikat keine Seltenheit. Aber dann erkannte sie hinter dem Steuer Billy. Er starrte sie unverwandt an. Sein Gesicht war eine unergründliche Maske.
„Billy?!“ Sie lief auf sein Auto zu.
Er ließ den Motor aufheulen, schaltete das Licht an und raste davon.
9. KAPITEL
„Was sollte die kindische Aktion gestern Abend?“ Ruby fing Billy am nächsten Morgen vor der Polizeiwache ab. „Wieso bist du weggefahren, ohne mit mir zu reden? Warst du sauer, weil Owen mich geküsst hat?“
„Allerdings war ich das“, gab Billy zu und öffnete die Tür des Streifenwagens, der vor dem Sheriffbüro parkte. „Du knutschst mit einem Verdächtigen in einem Mordfall herum. Ich muss dir also Befangenheit unterstellen. Oder kann ich auf dich zählen, wenn Owen sich als Täter herausstellt?“
„Was? Ich … befangen? Spinnst du! Ich würde niemals den Mörder meiner Schwester davonkommen lassen. Und wie du richtig festgestellt hast: Owen ist ein Verdächtiger. Es gibt noch andere Anwärter.“ Ruby platzte fast vor Wut über Billys Benehmen. Nicht nur, dass er sie am Vorabend wie eine Vollidiotin mitten auf der Straße hatte stehen lassen, nicht an sein Handy gegangen war und auch nicht auf ihr Sturmklingeln an seinem Apartment reagierte. Jetzt unterstellte er ihr auch noch, mit Owen rumzumachen, ohne sie überhaupt anzuhören. „Du scheinst keine hohe Meinung von mir zu haben, wenn du denkst, ich würde mit dem erstbesten Typen rumknutschen.“
„Es geht mich nichts an, mit wem du knutschst.“ Billy stieg in den Streifenwagen. „Ich hab keine Zeit, über dein Liebesleben zu plaudern. Ich muss arbeiten. Im Übrigen ist es mir
Weitere Kostenlose Bücher