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Circulus Finalis - Der letzte Kreis

Circulus Finalis - Der letzte Kreis

Titel: Circulus Finalis - Der letzte Kreis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tarek Siddiqui
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ersten Jahren hier an der Schule hatte ich mich nicht mehr geprügelt, und es fehlte mir jede Vorstellung davon, wie kräftig ich zuschlagen musste und was zu viel war. Wegmann stolperte mit einem würgenden Laut auf die Treppe zu, versuchte sich am Geländer festzuhalten, und stürzte dann über die Stufen hinunter zum Treppenabsatz, den Fall mit einer Hand bremsend. Ich musste daran denken, wie er einmal auf der Wache spontan Nasenbluten bekommen hatte, und von uns mit viel Gelächter aufwändig versorgt worden war.
    Ich drehte mich um und lief.
    An der nächsten Treppe wechselte ich hinunter in den zweiten Stock und entfernte vor einem Klassenzimmer den die Klinke verriegelnden Stuhl, um eine kleine Ablenkung zu schaffen. Wieder Schritte, aber ein gutes Stück hinter mir und außer Sicht. Keine Stimmen, keine Rufe, was der Verfolgung etwas Grimmiges, Entschlossenes gab.
    Oberhalb der Pforte nahm ich die Treppe in den ersten Stock. Ich bewegte mich so leise wie mö glich und hielt mich an der Wand, aber entweder war es Zufall, oder ein Schatten hatte mich verraten – das Geräusch eiliger Schritte von unten ließ mich befürchten, dass die Wache an der Tür ihren Posten verlassen hatte und direkt auf mich zukam.
    Das Licht wurde eingeschaltet. Plö tzlich lag das gesamte Treppenhaus oberhalb der Pforte hell erleuchtet da. Die Schritte von unten beschleunigten sich.
    Einen Moment lang drä ngte es mich, wieder in das Halbdunkel des Korridors, in die Tiefe des Gebäudes zu flüchten. Aber langsam holte meine körperliche Verfassung mich ein: Der Mangel an Schlaf, Nahrung, und Ruhe. Ich spürte, dass ich körperlich und nervlich keiner langen Verfolgung mehr gewachsen war, und entschied mich dafür, alles auf eine Karte zu setzen. Sollten sie mich doch sehen.
    Ich sammelte alle Kraft und sprintete in Richtung Ostflü gel. Meine Beine fühlten sich nur lose mit dem Rest des Körpers verbunden an, gehorchten aber. Tann kam die Treppe herauf. Kein Wunder, dass sie ihn als Türwächter zurückgelassen hatten, an seiner massigen Gestalt gab es kein Vorbeikommen. Dafür war er weniger beweglich.
    So schnell es mir mö glich war, rannte ich, bis ich die doppelflügelige Tür zur Empore erreichte. Sie war nicht abschließbar, ganz so wie früher, und ich trat ein.
    Die Empore ü berblickte die Aula, und bei gut besuchten Veranstaltungen wurde sie manchmal für das Publikum freigegeben. Ein hüfthohes Geländer und der jetzt fast ganz zugezogene Vorhang trennten sie von der gut sechs Meter hohen Festhalle, an deren Stirnseite die Bühne lag, groß genug für ein ganzes Orchester.
    Durch die Tü r hörte ich Tann heran keuchen. Der linke Türflügel war mit Metallstiften oben und unten verriegelt, und unter die Klinke des rechten Flügels klemmte ich die Lehne eines Holzstuhls. Ich brauchte nur ein paar Sekunden Vorsprung.
    Eigentlich war der Plan, mich am Gelä nder festzuhalten, das letzte Stück zu springen oder eventuell den Vorhang zur Hilfe zu nehmen, und dann über die Bühne zu flüchten. Die Höhe betrug etwa drei Meter fünfzig, das war für einen Sprung ins Halbdunkel zwar unangenehm, aber machbar.
    Dann entdeckte ich in einer Ecke einen Beleuchtungss trahler, der mit einem Verlängerungskabel an einer Steckdose angeschlossen war. Ich nahm das Kabel und knotete es um das Geländer. Die Anschlussdose verhinderte ein Verrutschen des Knotens, und das Kabel würde mein Gewicht leicht tragen.
    Als ich den Knoten geprüft hatte und zufrieden aufsah, prägte der Anblick sich mir auf besondere Weise ein: Über die Empore mit den leeren Holzstühlen hinaus auf die Aula, deren Sitzreihen sich im Halbdunkel verloren, als handele es sich um einen unvorstellbar großen Saal. Die Aussicht eingeschränkt durch den halb geschlossenen, dunkelroten Vorhang, und in der Mitte ans Geländer gebunden das weiße Stromkabel, das hellste Objekt im Raum. Es war ein Sinnbild für die erfolgreiche Flucht. Tann rüttelte an der Tür, aber der Stuhl hielt besser als erwartet. Weitere Schritte nahten, aufgeregte Stimmen. Ich sah mich um. Links und rechts standen zwei riesige Stereoboxen, die vermutlich bei Abschlussfesten benutzt wurden, wenn sich alles unten abspielte. Ich sah genauer hin und konnte gar nicht glauben, was für eine Möglichkeit sich mir bot.
    Die Gehä use waren mannsgroß, aber bei der rechten Box fehlte bei genauerer Betrachtung das Innenleben. Es handelte sich offensichtlich um einen Selbstbau, ein Schülerprojekt vermutlich,

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