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Circulus Finalis - Der letzte Kreis

Circulus Finalis - Der letzte Kreis

Titel: Circulus Finalis - Der letzte Kreis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tarek Siddiqui
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Metz mit aufgerissenem Hosenbein und einem blutigen Kratzer unter dem Knie. Wie zwei Jungen nach einem missglückten Raubzug auf den nachbarlichen Apfelbaum.
    „ Gute Reaktion.“
    Ich musste lachen, aber es war ein kurzes, atemloses Lachen. Er saß da mit gerunzelter Stirn und zog aus der Tasche, was er vom Dach der Mühle herabgeholt hatte.

    Zwei ineinandergeschobene Zylinder aus verzinktem Metall, daumenbreit und zeigefingerlang vielleicht, auf deren Enden ein durchbrochener Kreis mit zwei geschwungenen Linien eingraviert waren: die Andeutung eines Auges, der Circulus Finalis. Ich sah Metz an, für den das Symbol neu war, aber es war deutlich zu erkennen, dass er verstand. Atemlos hockte er da auf dem Vordach, und trotz meines Wissensvorsprungs musste auch ich schlucken. Das sah keineswegs frisch aus, sondern alt und verwittert. Siad, der Modellbauer mit dem Blick für die Details, auch wenn eine wissenschaftliche Untersuchung sicherlich schnell enthüllt hätte, dass die Gravur neu war.
    Er ließ sich von mir seinen Fund aus der Hand nehmen, wir kletterten vorsichtig von dem Anbau hinunter, und unter dem vorspringenden Dach der Mühle öffneten Metz und ich die zweiteilige Dose im Schein der Taschenlampe. Inliegend befand sich zusammengerollt eine dünne Lederhaut, auf deren glatter Seite Zeichen eingebrannt waren. Zuerst sah es aus wie Runen, aber bei genauerer Betrachtung erkannten wir, dass es sich um die uns vertrauten Buchstaben handelte, allerdings alle aus kurzen, geraden Linien zusammengesetzt. Der Text war kurz und lateinisch. Ich erahnte ein oder zwei der Worte, aber für eine Übersetzung würden wir Härting um Hilfe bitten müssen.
    Sorgfä ltig rollte Metz das Leder wieder zusammen und steckte es in die Metallhülse. Der Regen hatte nachgelassen, aber der Wind strich unnachgiebig durch den tropfnassen Wald und erfüllte die Luft mit Feuchte.

22
    Metz brachte mich nach Hause. Im Auto sprachen wir wenig. Ich fiel ins Bett, zog das Telefonkabel aus der Buchse, und schlief, keines klaren Gedankens mehr fähig, bis weit in den bereits beginnenden Tag hinein.

    Bei immer noch grauem, windigem, aber zumindest trockenem Wetter erwachte ich. Der Himmel war zwar von dichten Wolken bedeckt, das Tageslicht aber dennoch unvergleichlich hell, und die Erinnerung an die letzte Nacht unwirklich und vage. Ich versuchte Siad anzurufen, erreichte ihn aber nicht. Eigentlich hätte er nach meiner Rechnung wieder aus Syrien zurück sein sollen, aber vielleicht irrte ich mich, oder er hatte ein paar Tage angehängt.
    Langsam aß ich, nebenher lesend, und bald war es schon wieder Zeit, sich fertigzumachen, um am Abend erneut zur Wache zu fahren. Die Stunden zwischen den Diensten waren schnell vergangen, aber ich fühlte mich einigermaßen erholt und hatte wieder den nötigen Abstand zu den Ereignissen der Nacht gefunden. Doch andere waren nicht so untätig gewesen.

    Ein geselliger, um nicht zu sagen geschwätziger Verein wie der unsere ist ein ungeheuer fruchtbarer Boden für die Kunst der mündlichen Überlieferung. Schon bei meiner Ankunft auf der Wache bemerkte ich eine erwartungsvolle Spannung, die den Wachraum vollständig ausfüllte.
    Entgegen seiner Ankü ndigung war Metz noch in der Nacht bei Härting aufgetaucht, und hatte erst den Weg nach Hause gefunden, als der lateinische Text übersetzt war. Das Ergebnis der Anstrengungen hatte er in einem verschlossenen Umschlag für mich hinterlegt. Es bestand nur aus einem einzigen Satz.

    AUF DEM WEG NACH OBEN
    FOLGE DEINEM OHR

    Die Beklemmung der letzten Nacht hatte mich wieder eingeholt. Mir war danach, den Zettel zu zerreiß en, in tausend kleine Schnipsel, aber was würde das schon bringen? Ich sah erwartungsvolle Augenpaare auf mich gerichtet, vermutlich kannten alle die Zeilen. Der Personenkreis der Eingeweihten hatte sich inzwischen offensichtlich erweitert. Mir war klar, dass es nicht ausreichen würde, wenn ich erklärte, das alles sei nur eine Fabrikation, eine Lüge. Wo war Siad, warum konnte ich ihn nicht erreichen? Ich klammerte mich an unsere Abmachung und fasste einen Entschluss: Der beste Weg war es, das Spiel zu Ende zu spielen, bis zur abschließenden Auflösung.

    Also sah ich mir den Zettel noch einmal an. Klartext, dieses Mal. Obwohl natürlich nichts dagegen sprach, dass die eigentliche Nachricht in den Anfangsbuchstaben verborgen oder auf irgendeine andere Art kodiert war. Bestimmt mühten sich Metz und Härting bereits, um diese Möglichkeit

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