Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Circulus Finalis - Der letzte Kreis

Circulus Finalis - Der letzte Kreis

Titel: Circulus Finalis - Der letzte Kreis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tarek Siddiqui
Vom Netzwerk:
Gedanken, diese bärtigen Wahnsinnigen , oder war ich der Schlimmste von ihnen? Als Begründer einer Bewegung, dich ich weder verstand, noch im Entferntesten für sinnvoll hielt.
    Metz wollte wissen, wonach ich suchte. Ob ich schon einen Hi nweis gefunden hätte. Während wir dieses einsilbige Gespräch führten, war ein Teil meines Verstandes damit beschäftigt, sich darüber zu wundern, dass er kein weiteres Wort über die Umstände unseres Zusammentreffens verlor. Nach einer kleinen Weile begriff ich, dass ihn die Frage, ob er mir glauben sollte, gar nicht beschäftigte; vermutlich war er sich darüber im Klaren, das ein Teil meiner Entschuldigung Lüge und ein Teil Wahrheit war. Die genauen Prozentsätze waren ihm egal: Nur das Ergebnis war wichtig. Er sah sich dem Ziel nahe; einem Ziel, das er selbst kaum benennen oder beschreiben konnte, aber das ihn über die Mühen und Tiefen einer durchschnittlichen oder auch nur nicht hinreichend überdurchschnittlichen Existenz emporheben sollte. Und wahrscheinlich rechnete er damit, dass er mich dazu brauchte, es zu erreichen.

    Anska war inzwischen durch eine der Bankreihen nach links und langsam weiter an der Wand entlang in Richtung Kanzel und Altar gegangen. Als ich ihn wieder bewusst wahrnahm, stand er beinahe hinter mir, und das Bedrohungsgefühl kehrte zurück. Ich fühlte mich gefangen; doch er sah nicht einmal zu mir her. Die Suche nach einem Hinweis, nach einem Zeichen hatte von Neuem begonnen.
    Eine W eile sahen wir uns schweigend um. Heiligenbilder, Ornamente, Verzierungen an den Wänden, die an heidnische Symbole erinnern, im Boden regelmäßige Vertiefungen mit geometrischen Mustern. Nach der Entdeckung auf dem Dach, der Flucht durch den Wald, der unerwarteten Konfrontation hier in der Kirche, die ich noch nicht zu deuten wusste – schwankte ich zwischen dem Wunsch, meine Vermutung bestätigt zu sehen und einen Hinweis zu finden, und der Sorge, was dieser für meine Kollegen bedeuten mochte. Schließlich gewannen Müdigkeit und Nüchternheit die Oberhand, und innerlich erklärte ich meine Bemühungen zumindest für heute für beendet; vielleicht waren wir auch völlig in die Irre gegangen.
    Gemä chlich schlenderte ich zu Anska hinüber, der gewissenhaft ein in den Boden eingelassenes Band mit einer Reihe von wiederkehrenden Symbolen betrachtete. „Sieht eher keltisch aus als christlich-römisch“, stellte er nüchtern fest. Er hatte eine Art Pinsel mitgebracht, wie es ihn auf Lambertus ausdrücklichen Wunsch hin zum Abstauben des Armaturenbretts in jedem Dienstfahrzeug gab. Damit pinselte er die eingravierten Linien ab und sah dabei aus wie ein Archäologe oder vielleicht auch wie ein Flugunfalluntersucher auf Spurensuche. Ich wandte mich kopfschüttelnd ab, da stieß er einen Pfiff aus.
    Das allsehende Auge: lidlos in einem gleichschenkligen Dreieck. Mehrfach vorhanden in einem gewundenen Band verschiedenster, wiederkehrender Zeichen. Nicht im eigentlichen Sinne ein christliches Symbol, aber auch nicht ungewö hnlich für eine Kirche. Anska pfiff noch einmal, leiser, wie ein Echo. Metz eilte herbei. Wir beugten uns über das Zeichen, das gerade vom Staub befreit worden war. Bei diesem, und nur bei diesem einen, war das Auge umfasst von zwei feinen, geschwungenen Linien. Aus der Mitte blickte uns als Pupille, nein, kein verwundenes Kreuz; diesmal eine schmale Sichel entgegen.
    „ Warum eine Sichel?“ Anska klopfte das Symbol mit dem Pinselstil ab. In der Mitte des Auges ein heller Klang. Metz rannte zum Auto und stand wenige Augenblicke später wieder in der Kirchentür, den Blick auf den Boden gerichtet, die dunklen Schultern dampfend vom Regen, ein Skalpell in der Hand. Ein Werkzeug nur, ein Instrument, das ich völlig nüchtern betrachtete, aber in diesem Augenblick ließ mich die silbrige Unbefangenheit des Metalls schaudern.
    Mit der schmalen Klinge drang Metz in den feinen Spalt zw ischen dem Stein des Fußbodens und dem Rund des Auges, das gebildet wurde von einer winzigen, kaum fingerbreiten, geschwärzten Dose. Langsam und vorsichtig ließ sich das Behältnis mit vorsichtigem Zug weit genug herauf bewegen, um ganz herausgezogen zu werden.
    Anska ü bernahm das mit ruhiger Hand. Er gab seinen Fund ungeöffnet an Metz, der die aus zwei beinahe gleich langen Metallhülsen bestehende Dose auseinanderzog. Darin befand sich ein gerolltes Stück dünnen, feinen Papiers, nicht mehr als handtellergroß. Wir starrten darauf und hatten unser

Weitere Kostenlose Bücher