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Circus

Circus

Titel: Circus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
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erste Nacht – da haben die Leute sich noch nicht auf den schwankenden Untergrund eingestellt.«
    Bruno fragte sich, ob er sich das Augenzwinkern nur eingebildet hatte – er konnte den Zahlmeister ja schlecht fragen, denn er hatte keine Ahnung, wieweit Harpers Vertrauen zu diesem Mann ging und wieweit er ihn eingeweiht hatte. Er machte eine nichtssagende Bemerkung, der Zahlmeister bedankte sich höflich, schloß die Tür auf und ging.
    Genau um halb sieben trat Bruno in den Gang hinaus, der glücklicherweise völlig verlassen dalag. Der Fuß der Kajüttreppe war nur zwei Meter weit entfernt. Halb liegend, halb sitzend ließ er sich so bequem nieder, wie es möglich war, wenn er den Eindruck erwecken sollte, unbequem zu liegen, und harrte der Dinge, die da kommen sollten. Fünf Minuten verstrichen, und er bekam allmählich einen Krampf im rechten Knie, als ein paar Stewards auftauchten und ihn aus seiner mißlichen Lage befreiten. Mit viel bedauerndem Zungenschnalzen halfen sie ihm mitleidig in seine Kabine und betteten ihn vorsichtig auf das Sofa.
    »Liegen Sie ganz ruhig«, sagte einer von ihnen. »Ich werde sofort Dr. Berenson holen.«
    Es war Bruno – und offensichtlich auch Dr. Harper – nicht eingefallen, daß die ›Carpentaria‹ natürlich ihren eigenen Schiffsarzt hatte, denn von einer bestimmten Größe an mußte ein Schiff einen Arzt an Bord haben. Er sagte hastig: »Könnten Sie bitte lieber meinen eigenen Arzt rufen – den Circusarzt? Sein Name ist Dr. Harper.«
    »Ich weiß, welche Kabine er hat. Sofort, Sir.«
    Harper mußte schon mit der Tasche in der Hand in seiner Kabine gewartet haben, denn er erschien – ebenfalls bedauernd mit der Zunge schnalzend und mit angemessen besorgtem Gesichtsausdruck – bereits nach einer halben Minute. Er sperrte die Kabinentür hinter den beiden Stewards ab und machte sich daran, Brunos Knöchel mit einer außerordentlich aufdringlich stinkenden Salbe und etwa einem Meter elastischer Binde zu verarzten.
    »War Mr. Carter pünktlich?« fragte er.
    »Wenn Mr. Carter der Zahlmeister ist – er hat sich mir nicht vorgestellt –, dann war er pünktlich.«
    Harper unterbrach seine Arbeit für einen Moment und ließ seinen Blick durch den Raum wandern. »Sauber?«
    »Haben Sie etwas anderes erwartet?«
    »Nein, eigentlich nicht.« Harper begutachtete sein Werk: Der Verband war ebenso fachkundig wie eindrucksvoll.
    Harper trug einen niedrigen Tisch zu dem Sofa, auf dem Bruno noch immer lag, und breitete zwei Pläne und einige Fotografien darauf aus. Dann zeigte er auf einen der Pläne: »Nehmen wir den hier zuerst – den Lageplan des ›Lubylan‹-Forschungszentrums. Kennen Sie es?«
    Bruno betrachtete Harper mißbilligend. »Ich hoffe, das ist für heute abend die letzte dumme Frage, die Sie mir stellen.« Harper versuchte, nicht beleidigt auszusehen. »Bevor die CIA mich für diesen Job anheuerte …«
    »Woher wissen Sie, daß es die CIA ist?«
    Bruno verdrehte die Augen gen Himmel und kämpfte sichtlich um Beherrschung. »Bevor also die Pfadfinder mich für diesen Job anheuerten, haben sie wahrscheinlich jeden meiner Schritte überprüft, die ich von meinen ersten Gehversuchen an getan habe. Und ich bin überzeugt, daß auch Sie wissen, daß ich die ersten vierundzwanzig Jahre meines Lebens in Crau verbracht habe. Wie hätte ich es da bewerkstelligen sollen, die ›Lubylan‹ nicht zu kennen?«
    »Sie haben recht, verzeihen Sie. Seltsamerweise werden in der ›Lubylan‹ Forschungen durchgeführt, die leider hauptsächlich mit chemischer Kriegführung, Nervengasen und ähnlichem zu tun haben.«
    »Leider? Betreiben die USA denn nicht ganz ähnliche Forschungen?«
    Harper wand sich. »Das ist nicht mein Gebiet.«
    »Schauen Sie, Doktor«, sagte Bruno geduldig, »wenn Sie mir nicht vertrauen, wie können Sie dann von mir verlangen, Ihnen zu vertrauen? Es ist durchaus Ihr Gebiet, und Sie wissen verdammt genau Bescheid. Erinnern Sie sich an das Kurierzentrum der Armed Forces am Flughafen Orly – sämtliche streng geheimen Gespräche zwischen dem Pentagon und den amerikanischen Truppen in Europa liefen dort durch. Erinnern Sie sich daran?«
    »Ich erinnere mich.«
    »Erinnern Sie sich auch an einen gewissen Sergeant Johnson, einen Knaben mit den herrlich patriotischen Vornamen Robert Lee? Er war Rußlands erfolgreichster Spion seiner Generation und gab wer weiß wie lange jedes Militärgeheimnis an das KGB weiter. Erinnern Sie sich auch daran?«
    Harper

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