Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Circus

Circus

Titel: Circus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
Vom Netzwerk:
noch keine fünf Minuten im Bett, als jemand an ihre Kabinentür klopfte.
    »Kommen Sie rein, es ist offen«, rief sie.
    Bruno trat ein und machte die Tür hinter sich zu.
    »Es sollte aber abgeschlossen sein. Wenn man bedenkt, was für zwielichtige Gestalten hier herumstreichen. Denken Sie doch nur an Henry und an mich selbst …«
    »Henry?«
    »Als ich ihn zuletzt sah, bestellte er sich gerade einen doppelten Brandy. Er sah aus, als hätte er gerade festgestellt, daß er sein Ständchen unter dem falschen Balkon gebracht hat. Sie haben eine hübsche Kette um.«
    »Sind Sie zu dieser nachtschlafenden Zeit hierhergekommen, um meinen Schmuck zu bewundern?«
    »Ist diese Kabine Ihnen zugewiesen worden?«
    »Komische Frage. Nein, ist sie nicht. Man konnte unter sieben oder acht Kabinen wählen, und so entschied ich mich für die hier. Weshalb sind Sie gekommen, Bruno?«
    »Um gute Nacht zu sagen.« Er setzte sich auf den Rand ihres Bettes, nahm sie in die Arme und drückte sie an sich. »Und um mich für mein Benehmen im Restaurant zu entschuldigen. Ich werde es Ihnen später erklären – auf dem Rückweg von Europa.« Genauso abrupt, wie er sich gesetzt hatte, stand er wieder auf, ging zur Tür, drehte sich noch einmal um und sagte: »Sperren Sie ab!«
    Und dann fiel die Tür hinter ihm ins Schloß. Maria starrte sie noch eine ganze Weile fassungslos an.
    Die ›Carpentaria‹ war ein großes Schiff – beinahe ein Dreißigtausend-Tonner – und hauptsächlich für Erztransporte gebaut worden, ließ sich aber in kürzester Zeit in einen Container-Frachter umfunktionieren. Außerdem hatte sie Platz für beinahe zweihundert Passagiere, die allerdings nicht ganz den Luxus eines transatlantischen Passagierschiffes geboten bekamen. Die beiden vorderen Laderäume waren momentan von zwanzig Circuswaggons ausgefüllt, die normalerweise hauptsächlich Tiere und Circusangehörige beherbergten. Der Inhalt von einem Dutzend weiterer Waggons war auf dem Kai ausgeladen und sorgfältig in den Laderäumen verstaut worden. Die flachen Güterwagen waren auf dem Vordeck verankert worden. In Italien wartete eine genügende Anzahl leerer Waggons und eine Lokomotive, die genügend Kraft hatte, den Zug über die Berge Mitteleuropas zu ziehen.
    Um sechs Uhr am Abend des folgenden Tages war die ›Carpentaria‹ bereits sieben Stunden von New York entfernt. Es goß in Strömen, und der Seegang war beträchtlich, aber das Schiff war so konstruiert, daß es nur kaum merklich rollte. Bruno lag ausgestreckt auf einem Sofa in seiner Kabine, die als eine von sehr wenigen vergleichsweise luxuriös ausgestattet war. Es klopfte, und gleich darauf trat ein uniformierter Zahlmeister in den Raum. Wie Bruno erwartet hatte, brachte er eine dicke schwarze Aktentasche mit.
    »Guten Abend, Sir«, sagte der Zahlmeister. »Haben Sie mich erwartet?«
    »Ich wußte, daß jemand kommen würde, und ich nehme an, daß Sie dieser Jemand sind.«
    »Ich danke Ihnen, Sir. Darf ich?« Er sperrte die Kabinentür ab, wandte sich wieder an Bruno und klopfte mit der Hand auf seine Aktenmappe. »Der Papierkrieg, den ein moderner Zahlmeister führen muß, ist zum Verzweifeln«, sagte er traurig. Er öffnete die Tasche, entnahm ihr einen flachen, rechteckigen Metallkasten, der mit Wählscheiben und Kontrolleuchten bedeckt war, zog eine Antenne heraus, setzte sich ein Paar Kopfhörer auf und ging langsam durch den Wohnraum und dann ins Badezimmer, wobei er unermüdlich die Wählscheiben des Kastens betätigte. Er sah aus wie das Mittelding zwischen einem Minensucher und einem Wünschelrutengänger. Nach etwa zehn Minuten befreite er sich von seiner Ausrüstung und verstaute sie wieder.
    »Nichts«, sagte er. »Ich kann es natürlich nicht garantieren, aber ich habe mein möglichstes getan.«
    Bruno deutete auf die Aktenmappe. »Ich kenne mich mit diesen Geräten nicht aus, aber ich dachte immer, sie gäben einem hundertprozentige Sicherheit.«
    »Das tun sie auch. Auf dem Festland. Aber auf einem Schiff gibt es soviel Eisen – Magnetfelder von den vielen Starkstromkabeln … nun, jeder kann sich irren. Auch ich. Und auch mein elektronisches Spielzeug hier.« Er streckte eine Hand aus, um sich festzuhalten, als die ›Carpentaria‹ plötzlich trotz aller Stabilisatoren unerwartet schwankte.
    »Es sieht aus, als hätten wir eine unangenehme Nacht vor uns. Es sollte mich nicht wundern, wenn es heute abend noch ein paar Abschürfungen und blaue Flecken gibt. Es ist ja die

Weitere Kostenlose Bücher