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Circus

Circus

Titel: Circus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
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sind …«
    »Betrachten wir das Kabel doch einfach als Hochseil«, echote Bruno. »Zweitausend Volt – das ist genau die Spannung, unter die der elektrische Stuhl gesetzt wird – oder wurde, nicht wahr?«
    Harper nickte unglücklich.
    »Im Circus tritt man von einer Plattform auf das Seil und am anderen Ende vom Seil wieder auf eine Plattform. Wenn ich von dem Hochspannungsmast auf das Kabel oder von dem Kabel auf die Festungsmauer steige, dann habe ich einen Fuß auf dem Kabel und mit dem anderen bin ich geerdet. Na, wenigstens würde ich keine Zeit mehr haben, irgendwelche Schmerzen zu empfinden. Haben Sie übrigens auch nur die entfernteste Ahnung, was für einen Durchhang es bei einem Seil von dieser Länge gibt? Können Sie sich vorstellen, wie die Zusammenwirkung dieses Durchhangs und des kleinen Lüftchens aussieht? Ist Ihnen schon der Gedanke gekommen, daß das Kabel um diese Jahreszeit sowohl verschneit als auch vereist sein könnte? Mein Gott, Dr. Harper, ist Ihnen nicht klar, daß unser Leben von dem Reibungskoeffizienten zwischen unseren Fußsohlen und dem Seil – in diesem Fall dem Kabel – abhängt? Sie mögen ja eine Menge von Spionage verstehen – von Hochseilakrobatik verstehen Sie nicht das geringste.«
    Harpers unglücklicher Gesichtsausdruck hatte sich noch vertieft.
    »Aber falls ich den Weg über das Kabel tatsächlich lebend hinter mich bringen sollte, wie könnte ich lebend über den Hof kommen – den hellerleuchteten Hof, auf dem eine Horde Dobermannpinscher nur darauf wartet, mich zu zerreißen? Oder durch diesen gläsernen Korridor – falls ich ihn überhaupt erreichen sollte? Und wenn wir einmal kühnerweise annehmen, daß ich das Westgebäude erreiche, wie sollte ich es schaffen, an den Wachen vorbeizukommen?«
    Harper sah aus, als würde er jeden Augenblick in Tränen ausbrechen.
    »Aber falls ich auch das schaffen sollte – ich bin zwar kein Spieler, aber in diesem Fall wette ich tausend zu eins dagegen –, wie soll ich herausfinden, wo die Unterlagen, um die es geht, aufbewahrt werden? Ich meine, ich nehme doch nicht an, daß sie einfach offen herumliegen. Sie sind sicherlich sorgfältig weggeschlossen, vielleicht hat Van Diemen sie auch unter seinem Kopfkissen.«
    Harper vermied es sorgfältig, Brunos Blick zu begegnen. Er fühlte sich verständlicherweise ausgesprochen unbehaglich. Er sagte: »Verschlossene Aktenschränke oder Safes sind kein Problem – ich kann Ihnen Schlüssel geben, mit denen sich jedes handelsübliche Schloß öffnen läßt.«
    »Und wenn es durch eine Kombination gesichert ist?«
    »Es sieht so aus, als ob Sie bei der ganzen Sache auch ein bißchen Glück benötigten.«
    Bruno schob die Pläne von sich, ließ sich zurücksinken, starrte an die Decke und versuchte, diese gigantische Untertreibung zu verdauen. Nach einer Pause, die Dr. Harper endlos schien, richtete er sich wieder auf, schaute ihn an und seufzte tief. »Ich fürchte, ich werde zusätzlich zum Glück auch noch eine Waffe brauchen. Eine mit Schalldämpfer. Und eine Menge Munition.«
    Jetzt war die Reihe an Dr. Harper, eine Weile zu schweigen, aber schließlich faßte er sich und fragte: »Soll das heißen, daß Sie es versuchen werden?« Falls er Hoffnung oder Erleichterung empfand, so zeigte er es jedenfalls nicht – alles, was man ihm ansah, war schiere Fassungslosigkeit.
    »Wer einmal spinnt, spinnt immer. Aber ich will keine Waffe, die scharf schießt. Es muß eine Gaspistole oder eine für Betäubungspatronen sein. Ist das möglich?«
    »Es wird schon zu machen sein.« Dr. Harper dachte eine Weile nach und fuhr dann fort: »Hören Sie zu, ich glaube, ich habe die Schwierigkeiten selbst unterschätzt. Wenn Sie es für absolut unmöglich halten …«
    »Sie sind verrückt. Ich bin verrückt. Wir sind alle verrückt. Aber der Circus ist nun schon mal unterwegs, und wenn aus keinem anderen Grund, so sollte man die Sache wegen der beiden Männer tun, die für diesen Plan ihr Leben gelassen haben – wir schulden es ihnen …«
    Harper suchte vergeblich nach passenden Worten. Schließlich gab er auf und fragte: »Sie werden diese Pläne und Bilder an einem absolut sicheren Platz aufbewahren, nicht wahr?«
    »Natürlich.« Bruno stand auf, nahm die Diagramme und die Fotografien, zerriß sie in winzige Stückchen, trug sie ins Bad und spülte sie in der Toilette hinunter. Dann kam er zurück und sagte zufrieden: »Jetzt sind sie absolut sicher aufbewahrt.«
    »Ja, es wäre

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