Circus
lassen darf.«
»Diesen Beschluß hatten Sie aber schon lange vor dem Auftauchen dieses geheimnisvollen Stewards gefaßt – und in die Tat umgesetzt.«
Aber mit Ironie war Henry nicht beizukommen. Sein Blick hing unverändert sehnsuchtsvoll an ihrem Gesicht. »Wissen Sie«, sagte er träumerisch, »ich hatte immer davon geträumt, für eine Frau ein Sir Galahad zu sein.«
»Das würde ich mir an Ihrer Stelle aber schnellstens aus dem Kopf schlagen, Henry. In der heutigen Zeit ist kein Platz mehr für Sir Galahads. Die Tage der Turniere mit Lanzen und glänzenden Schwertern sind vorbei – heute ist die Zeit des Messers im Rücken.«
Aber ihre Worte erreichten ihn nicht – abgesehen von seinen Augen waren seine sämtlichen Sinne völlig abwesend.
Am vierten Abend auf See besuchte Dr. Harper Bruno erneut in seiner Kabine. Diesmal hatte er Carter dabei, der wie beim erstenmal höflich guten Abend sagte, die Räume nach Abhörgeräten durchforschte, am Schluß den Kopf schüttelte und wieder ging.
Harper trat an den Barschrank, goß sich einen Drink ein, schüttete ihn in einem Zug hinunter und sagte: »Wir werden Ihre Waffen in Wien bekommen.«
»Waffen?«
»Allerdings.«
»Sie haben sich mit den Staaten in Verbindung gesetzt? Wurde der Funker da nicht mißtrauisch?«
Harper gestattete sich ein dezent triumphierendes Lächeln. »Ich bin mein eigener Funker. Ich habe ein Hochfrequenz-Funkgerät – nicht größer als ein normales Buch –, das den Frequenzen des normalen Schiffsfunkverkehrs nicht ins Gehege kommen kann. Charles sagte, man könnte damit sogar den Mond erreichen. Aber für alle Fälle sende ich natürlich verschlüsselt. Ich werde Ihnen das Ding irgendwann einmal zeigen – ich muß es Ihnen sogar zeigen und seine Funktionsweise erklären, falls Sie es einmal benutzen müssen. Wenn mir irgend etwas zustoßen sollte, meine ich.«
»Was sollte Ihnen zustoßen?«
»Wer hätte gedacht, daß Pilgrim und Fawcett etwas zustoßen würde? Aber zurück zu den Waffen: Wir werden zwei Pistolen bekommen, nicht nur eine, und das aus gutem Grund: Die Betäubungswaffe, die so etwas Ähnliches wie Injektionsnadeln abschießt, ist die wirkungsvollere von beiden, aber es heißt, daß Van Diemen seit langem ein Herzleiden hat. Wenn Sie ihn also mit einem Betäubungsgeschoß außer Gefecht setzen, würde das sozusagen eine Kontraindikation bedeuten. Ihn verarzten Sie also mit der Gaspistole. Haben Sie schon einen Plan, wie Sie in die Festung hineinkommen?«
»Ein batteriebetriebener Hubschrauber wäre schlechthin ideal, aber leider gibt es so etwas nicht. Nein, bis jetzt habe ich noch keine Lösung gefunden.«
»Kommt Zeit, kommt Rat. Wissen Sie schon, daß Sie heute abend mit mir am Tisch des Kapitäns essen müssen?«
»Nein.«
»Alle Passagiere genießen dieses Privileg an einem Abend der Reise, es ist Tradition. Bis dann also.«
Sie hatten sich gerade erst an den Tisch gesetzt, als ein Steward herangeschossen kam, sich zum Kapitän herunterbeugte und ihm etwas ins Ohr flüsterte, worauf der Kapitän aufstand, sich entschuldigte und hinter dem Steward her aus dem Speisesaal eilte. Als er nach ein paar Minuten wiederkam, sah er regelrecht verstört aus.
»Seltsam«, sagte er, »sehr seltsam. Carter – Sie haben ihn kennengelernt, er ist der oberste Zahlmeister – behauptet, er sei überfallen worden. Jemand habe ihm von hinten einen Arm um den Hals gelegt und ihm so die Luftzufuhr abgeklemmt. Es sind zwar keine Druckstellen oder so etwas zu sehen, aber er war ziemlich außer sich.«
»Vielleicht hat er sich nur ungeschickt umgedreht und sich dabei etwas verzerrt«, meinte Harper.
»In diesem Fall wäre seine Brieftasche von allein aus der Innentasche seiner Jacke verschwunden.«
»Dann ist er also doch überfallen worden, und seine Brieftasche liegt jetzt – natürlich ohne Inhalt – wahrscheinlich bereits auf dem Grund des Atlantik. Soll ich ihn mir einmal ansehen?«
»Das wäre vielleicht ganz gut. Berenson ist nämlich zur Zeit damit beschäftigt, irgend so einer hysterischen alten Schachtel, die sich einbildet, einen Herzanfall zu haben, die Hand zu halten. Vielen Dank für Ihre Hilfsbereitschaft, Doktor. Ein Steward wird Sie zu Carter bringen.«
Nachdem Harper gegangen war, wandte sich Bruno an den Kapitän: »Wer kann nur diesen angenehmen, höflichen Mann überfallen haben? Wir bringt es fertig, einen solchen Menschen auszurauben?«
»Ich glaube kaum, daß der Täter sich den
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