Circus
Also werden wir uns am Sonntag einen Wagen mieten und einen kleinen Ausflug aufs Land machen. Ich weiß nicht, wie weit man uns fahren lassen wird – ich glaube, die Beschränkungen sind etwas gemildert worden –, aber das ist auch egal. Wir können ja in immer enger werdenden Kreisen herumfahren. Jedenfalls müssen wir es so einrichten, daß wir nach Einbruch der Dunkelheit an der ›Lubylan‹ vorbeikommen, um feststellen zu können, ob die Festung auch von außen bewacht wird. Falls das der Fall ist, brauche ich deine Hilfe.«
»Bitte gib doch diesen wahnsinnigen Plan auf! Ich flehe dich an!«
»Wenn ich an der Südseite des Forschungsgebäudes hochklettere, mußt du an der Ecke stehen, an der sich die südliche Straße und die westliche Hauptstraße treffen. Und zwar – das habe ich noch nicht gesagt – nach der letzten Vorstellung am Dienstagabend. Der Mietwagen, der bestimmt versichert ist, wird ein paar Meter weiter in der Hauptstraße stehen. Die Fenster werden offen sein, und es wird ein kleiner Kanister Benzin auf dem Vordersitz bereitstehen. Wenn du einen Wachtposten herankommen siehst, nimm den Kanister, schütte ein bißchen Benzin auf die Vorder- und Rücksitze, wirf ein brennendes Streichholz in den Wagen und tritt ein paar Schritte zurück. Die Explosion wird nicht nur sämtliche Aufmerksamkeit auf sich ziehen, sondern auch so hell sein, daß es mir dadurch möglich sein sollte, in der vergleichsweise pechschwarzen Dunkelheit unbehelligt nach oben klettern zu können. Es könnte natürlich sein, daß du geschnappt und vernommen wirst, aber Mr. Wrinfield und Dr. Harper müßten es eigentlich schaffen, dich in kürzester Zeit wieder herauszupauken.« Er dachte einen Augenblick nach und meinte dann: »Vielleicht aber auch nicht.«
»Du bist vollkommen wahnsinnig. Vollkommen!«
»Es ist zu spät zum Umkehren.« Er stand auf, und sie rappelte sich vom Boden auf. »Ich muß sofort mit Dr. Harper sprechen.«
Sie hob die Arme und legte sie um seinen Hals. Ihre verzweifelte Stimme paßte zu ihrem Gesichtsausdruck! »Bitte, Bruno! Bitte!«
Er legte seine Hände auf ihre Unterarme, aber nicht, um sich aus ihrer Umarmung zu befreien. »Hör zu, Herzdame«, sagte er. »Wir sollten uns doch nicht wirklich ineinander verlieben. Das hat jedenfalls keiner verlangt.« Seine Stimme war ganz behutsam. »Mit meinem jetzigen Plan habe ich eine Chance.«
»Wie man es auch dreht, du wirst die Sache nicht überleben«, sagte sie traurig.
Auf dem Weg zu seiner Kabine kam Bruno an einem Telefon vorbei und rief Dr. Harper an. Bruno sagte: »Mein Knöchel macht mir wieder Schwierigkeiten.«
»Ich bin in zehn Minuten bei Ihnen.«
Und er war auch nach zehn Minuten da. Er bediente sich wieder aus Brunos Barschrank, machte es sich in einem Sessel bequem und hörte sich Brunos Bericht über das Gespräch mit Maria an. Als Bruno geendet hatte, dachte Dr. Harper eine Weile nach und meinte schließlich: »Ich würde sagen, auf diese Weise haben Sie wirklich eine Chance. Ich muß zugeben, daß Ihre Idee bedeutend besser ist als meine. Wann wollen Sie sie in die Tat umsetzen?«
»Die endgültige Entscheidung liegt natürlich bei Ihnen. Ich hatte geplant, mich am Sonntag ein wenig umzusehen und Dienstag abends einzusteigen. Sehr spät am Abend. Das erscheint mir der günstigste Zeitpunkt, denn wir brechen unsere Zelte am nächsten Tag ab, und das nimmt der Polizei die Möglichkeit, uns endlos lange zu verhören – falls man uns überhaupt verhört.«
»Einverstanden.«
»Falls irgend etwas schiefgehen sollte – haben Sie Fluchtpläne?«
»Ja, die haben wir. Aber sie sind noch nicht ganz fertig. Ich lasse es Sie sofort wissen, wenn alles klar ist.«
»Kommen die über das kleine Funkgerät? Sie wollten es mir doch einmal zeigen, wissen Sie noch?«
»Ich werde es Ihnen auch noch zeigen. Ich werde drei Dinge miteinander verbinden – Ihnen das Funkgerät vorführen und erklären, Ihnen die Waffen übergeben und Ihnen die Fluchtpläne aushändigen. Ich werde Ihnen Bescheid sagen, wenn es soweit ist. Was sagt Maria zu Ihrem Plan?«
»Sie war entsetzt. Aber Ihren fand Sie noch viel schlimmer. Aber sie wird auf jeden Fall mitmachen.« Bruno hielt inne und sah sich verwirrt um.
»Stimmt was nicht?«
»Ich weiß nicht, aber das Schiff fährt plötzlich viel langsamer. Können Sie es nicht hören? Das Maschinengeräusch hat sich verändert. Warum sollte ein Schiff auf offener See plötzlich die Fahrt verlangsamen? Na,
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