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Circus

Circus

Titel: Circus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
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wir werden es schon noch erfahren.«
    Sie erfuhren es sogar sofort: Die Tür wurde so stürmisch aufgerissen, daß sie gegen die Wand krachte, und Tesco Wrinfield stürzte herein.
    Sein Gesicht war grau, und er atmete heftig. »Henry wird vermißt!« keuchte er atemlos. »Wir können ihn nirgends finden!«
    »Hat die ›Carpentaria‹ deshalb die Fahrt verlangsamt?« fragte Bruno.
    »Wir haben ihn überall gesucht.« Er nahm das Glas Brandy, das Harper ihm hinhielt, und stürzte den Inhalt in einem Zug hinunter. »Die Mannschaft durchkämmt das ganze Schiff! Er ist wie vom Erdboden verschluckt.«
    Harper warf einen Blick auf seine Uhr und sagte besänftigend: »Aber Mr. Wrinfield, er kann doch höchstens seit einer Viertelstunde verschwunden sein, und dieses Schiff ist ziemlich groß.«
    »Aber es hat auch eine sehr große Mannschaft«, sagte Bruno. »Für derartige Gelegenheiten haben diese Leute Routinepläne – um einen vermißten Passagier zu finden, meine ich. Sie können jeden Quadratzentimeter dieses Schiffes in weniger Zeit durchsuchen als Sie für möglich halten würden.« Er wandte sich an den besorgten Wrinfield. »Es tut mir leid, daß ich diese Frage stellen muß, Sir, aber hat der Kapitän vielleicht Fahrt wegnehmen lassen, damit das Schiff sich nicht zu weit von der Stelle entfernt, an der Ihr Neffe möglicherweise über Bord gefallen ist?«
    »Ich nehme es an.« Wrinfield horchte auf. »Wir machen wieder mehr Fahrt, oder?«
    »Und wir wenden«, sagte Bruno. »Ich fürchte, das bedeutet, daß der Kapitän ziemlich überzeugt davon ist, daß Henry nicht mehr an Bord ist, Sir. Er wird jetzt ein Stück den Weg zurückfahren, den wir gekommen sind. Falls Henry über Bord gefallen ist, ist es ja gut möglich, daß er sich noch über Wasser hält. Solche Dinge sind schon oft passiert. Und eine Chance gibt es immer, Mr. Wrinfield.«
    Wrinfield sah ihn ungläubig an, und Bruno konnte es ihm nicht verdenken – er glaubte ja selbst nicht an das, was er gerade gesagt hatte. Sie gingen auf Deck: Die ›Carpentaria‹ fuhr mit zehn Knoten den Weg zurück, den sie gekommen war. Ein motorisiertes, bereits bemanntes Rettungsboot schwang in seiner Haltung nach außen. Zwei starke Suchscheinwerfer leuchteten von der Brücke aus nach vorn. Am Bug standen zwei Matrosen und richteten den Lichtstrahl ihrer tragbaren Scheinwerfer fast senkrecht nach unten. Ein Stück weiter hinten warteten auf beiden Seiten des Schiffes zwei Seeleute mit leuchtenden Rettungsringen. Unter ihnen hingen im Licht einiger Taschenlampen Strickleitern nach unten.
    Zwanzig Minuten ständig wachsender Spannung und sinkender Hoffnung verstrichen. Dann gab sich Wrinfield einen Ruck, verließ seine beiden Begleiter und ging zur Brücke. Er fand den Kapitän auf der Steuerbordseite: Er hatte ein Fernglas an den Augen. Als Wrinfield neben ihn trat, ließ er es sinken und schüttelte langsam den Kopf.
    »Ihr Neffe ist nicht auf dem Schiff«, sagte er. »Das ist ganz sicher.« Er schaute auf seine Uhr. »Es ist jetzt achtunddreißig Minuten her, daß er zum letztenmal gesehen wurde. Und jetzt sind wir ganz genau an der Stelle, an der wir vor achtunddreißig Minuten waren. Wenn er noch am Leben ist, dann muß er hier irgendwo sein.«
    »Könnte es nicht sein, daß wir ihn übersehen haben?«
    »Nein, das halte ich für ausgeschlossen. Die See ist ruhig, es geht kein Wind, hier in dieser Gegend gibt es keine nennenswerten Strömungen und – wie Sie wissen – gibt es im Mittelmeer so gut wie keine Gezeiten. Er hätte auf der Strecke sein müssen, die wir gefahren sind.« Er sagte etwas zu einem Offizier, der neben ihm stand, und der Mann verschwand.
    »Und was jetzt?« fragte Wrinfield.
    »Wir werden einen engen Kreis fahren. Und dann in immer größeren konzentrischen Kreisen, vielleicht drei- oder viermal. Und wenn wir dann immer noch nichts gefunden haben, werden wir zu der Stelle zurückkehren, an der wir gewendet haben.«
    »Und dann gibt es nichts mehr zu tun?«
    »Ich fürchte nein.«
    »Sie sind nicht sehr optimistisch, Kapitän.«
    »Nein, ich bin nicht sehr optimistisch.«
    Alles in allem brauchte die ›Carpentaria‹ vierzig Minuten, um wieder zu der Stelle zu kommen, an der sie gedreht hatte. Maria stand mit Bruno im Schatten eines Rettungsbootes und zuckte zusammen, als der Klang der Maschinen wieder tiefer wurde und die ›Carpentaria‹ Fahrt aufnahm.
    »Das war's dann, nicht wahr?«
    »Die Suchscheinwerfer sind ausgeschaltet

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