Circus
eine Reichweite von zwölf Metern, die Gaspistole nur eine von einem Meter zwanzig. Die Bedienung ist kinderleicht. Drücken Sie auf den Knopf, ist die Waffe geladen. Und wenn Sie auf den Taschenclip drücken, dann schießt sie. Stecken Sie die beiden Dinger in die Außentasche Ihres Jacketts, damit die Leute sich an ihren Anblick gewöhnen. Und jetzt hören Sie genau zu, wenn ich Ihnen die Pläne für Crau erläutere.«
»Aber ich dachte, Sie hätten dem Plan schon zugestimmt – meinem Plan, meine ich.«
»Das habe ich, und das tue ich auch immer noch. Dies hier ist nur noch eine Weiterentwicklung. Sie haben sich vielleicht schon gewundert, weshalb die CIA Ihnen einen Arzt als Begleitperson mitgegeben hat. Wenn ich mit meinen Ausführungen zu Ende bin, werden Sie es verstehen.«
Etwa vierhundertfünfzig Meilen weiter nördlich saßen drei uniformierte Männer in einem hellerleuchteten, fensterlosen und kahlen Raum, dessen Mobiliar lediglich aus metallenen Aktenschränken, einem Metalltisch und einigen Metallstühlen bestand. Nach den Rangabzeichen, die die Männer trugen, waren einer ein Oberst, einer ein Hauptmann und der dritte ein Unteroffizier. Der Oberst hieß Serge Sergius. Er war ein dünner Mann mit einer Adlernase, scheinbar lidlosen Augen und einem Schlitz an der Stelle, an der andere Menschen den Mund haben. Sein Aussehen paßte zu der Position, die er innehatte – er war ein hoher Beamter der Geheimpolizei. Sein Assistent war Hauptmann Kodes, ein muskulöser, sportlicher Mann Anfang dreißig mit einem freundlichen Gesicht und kalten, blauen Augen. Und der dritte im Bunde, Unteroffizier Angelo, war nur aus einem einzigen Grund bemerkenswert: Für seine Größe von einssechsundachtzig war Angelo entschieden zu breit – ein Muskelpaket, das sicherlich nicht weniger als zweieinhalb Zentner wog. Angelo hatte nur eine einzige Aufgabe: Er war Sergius' persönliche Leibwache. Und wenn man sich Angelo ansah, mußte man zugeben, daß Sergius ihn mit großer Sorgfalt ausgesucht hatte.
Auf dem Tisch stand ein laufendes Tonbandgerät. Eine Stimme sagte: »… und das ist im Augenblick alles.« Kodes beugte sich vor und schaltete das Gerät ab.
»Und für uns mehr als genug«, meinte Sergius zufrieden. »Jetzt haben wir alle Informationen, die wir haben wollten. Es sind vier verschiedene Stimmen. Mein lieber Kodes, ich nehme an, wenn Sie die Besitzer dieser Stimmen sehen würden, könnten Sie sie sofort identifizieren, nicht wahr?«
»Einwandfrei, Herr Oberst.«
»Und du, Angelo?«
»Keine Frage, Herr Oberst.« Angelos rauhe, grollende Stimme schien aus den Tiefen seiner riesigen Stiefel zu kommen.
»Dann lassen Sie bitte unsere üblichen Zimmer in der Hauptstadt reservieren – für uns drei und den Fotografen. Haben Sie schon einen ausgesucht, Kodes?«
»Ich hatte an den jungen Nicolas gedacht, Sir. Er ist ein ausgezeichneter Mann.«
»Wie Sie meinen.« Der lippenlose Mund des Obersten öffnete sich etwa einen halben Zentimeter weit, was bedeutete, daß er lächelte. »Ich bin seit dreißig Jahren nicht mehr im Circus gewesen – während des Krieges gab es keine Circusse – und ich muß sagen, ich freue mich geradezu kindlich auf dieses Erlebnis. Vor allem, da es sich um einen so vielgerühmten Circus handelt. Übrigens gibt es in diesem Programm eine Nummer, die dich sicherlich besonders interessieren wird, Angelo.«
»Was sollte mich bei einem amerikanischen Circus schon interessieren?«
»Komm, komm, Angelo, man darf nicht so chauvinistisch sein.«
»Chauvinistisch?«
Sergius überlegte, ob er ihm erklären sollte, entschied sich dann aber dagegen. Angelo hatte eine Menge brauchbarer Eigenschaften, aber eine messerscharfe Intelligenz gehörte nicht dazu.
»Bei einem Circus gibt es keine nationalen Unterschiede. Dem Publikum ist es völlig egal, ob der Mann auf dem Trapez aus Rußland oder aus dem Sudan stammt. Die Nummer, von der ich spreche, wird von einem Mann namens Kan Dahn gebracht, und es heißt, daß er noch eindrucksvoller sei als du. Er wird als der stärkste Mann der Welt bezeichnet.«
Angelo antwortete nicht. Er beschränkte sich darauf, seinen enormen Brustkorb voller Luft zu pumpen und ungläubig zu lächeln.
Das Drei-Tage-Gastspiel war erwartungsgemäß ein Riesenerfolg. Danach reiste der Circus nach Norden und erreichte nach nur einem Zwischenaufenthalt die Stadt, in die Sergius und seine Untergebenen gekommen waren, um ihn zu sehen.
Bei der Abendvorstellung saßen
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