Circus
ich mich schon.«
Bruno knüpfte eine Doppelschlinge, schlüpfte mit beiden Beinen hinein, schob die Schlingen so weit hinauf wie möglich, schlang sich noch eine Schlinge um die Taille und ließ sich jenseits der gebogenen Stahlspitzen so weit hinunter, bis er an seinen ausgestreckten Armen hing. Währenddessen schlang Kan Dahn das Seil einmal um eine Stahlspitze. Bruno griff nach dem Seil, und Kan Dahn ließ ihn langsam hinunter.
Mit dem Seil um Oberschenkel und Taille, den Füßen auf dem Sims des Fensters und einer Hand um eine der Eisenstangen war Bruno so sicher wie in Abrahams Schoß. Das Fenster war durch vier Stangen gesichert, die jeweils paarweise angebracht waren. Zwischen beiden Paaren klaffte ein Zwischenraum von etwa sechzehn Zentimetern. Bruno nahm die beiden Zylinder mit der Plastikmasse aus seiner Tasche, öffnete sie halb und umhüllte die Mitte der beiden mittleren Stangen mit der Masse, wobei er die Polyäthylenumhüllung in beiden Fällen so sorgfältig glattstrich, daß der Inhalt völlig luftdicht verschlossen war. Dann kletterte er das kurze Stück bis zu dem Stahlzaun wieder hinauf. Kan Dahn streckte die Hände aus, faßte Bruno unter den Armen und hob ihn ohne jede Anstrengung über die tückischen Spitzen.
»Fünf Minuten«, sagte Bruno. »Manuelo, du gehst mit Kan Dahn und mir runter. Roebuck bleibt hier. Und paß auf deine Säcke auf – die wären das letzte, worauf wir im jetzigen Stadium der Entwicklung verzichten könnten. Manuelo, könnte ich bitte die Drahtschere haben?«
Kan Dahn schlüpfte seinerseits mit den Beinen in eine Doppelschlinge, schlang sich eine weitere Schlinge um den Leib, legte das Seil um drei Stahlspitzen – wahrscheinlich eine sehr vernünftige Maßnahme, wenn man sein kolossales Gewicht bedachte – und ließ sich bis zum Fenstersims hinunter. Er umklammerte die beiden mittleren Eisenstangen mit seinen riesigen Pranken und begann sie auseinanderzubiegen. Die Eisenstangen gaben nach – das Zaubermittel in Kombination mit Kan Dahns ungeheuren Kräften ließ ihnen keine Chance: Sie ließen sich biegen wie Knetmasse. Aber Kan Dahn gab sich nicht damit zufrieden, nur eine Lücke zu schaffen – er verstärkte seinen Griff noch ein wenig und riß die Stangen aus ihrer Verankerung. Dann reichte er sie zum Dach hinauf.
Bruno gesellte sich mit Hilfe eines zweiten Seils zu Kan Dahn. Als er sich vor dem Fenster befand, schaltete er seine Taschenlampe ein und leuchtete damit in den hinter dem Fenster liegenden Raum hinein. Er schien ein harmloses Büro vor sich zu haben, dessen Mobiliar aus Metallschränken, Metalltischen und gepolsterten Metallstühlen bestand. Nirgends war ein Anzeichen von Gefahr zu entdecken.
Während Kan Dahn die Taschenlampe hielt, zog Bruno eine Rolle braunen Papiers aus der Tasche, rollte sie auf und drückte das Papier mit einer Seite fest gegen das Glas. Und diese Seite klebte offensichtlich. Er wartete ein paar Sekunden und schlug dann ziemlich kräftig mit der Faust gegen die Mitte der Glasscheibe. Ein großes Stück brach heraus und fiel ohne nennenswerten Lärm in den Raum hinein. Bruno nahm Kan Dahn die Taschenlampe ab und schob sich mit dem Kopf und dem rechten Arm durch das Loch, wobei er die Lampe und die Drahtschere in der rechten Hand hielt. Er entdeckte die auf Putz verlegten Leitungen der Alarmanlage, schnitt sie durch, griff nach oben, legte den Fensterriegel um und schob den unteren Teil der Fensterscheibe nach oben. Zehn Sekunden später standen Kan Dahn und er in dem ungemütlichen Raum. Nach weiteren zehn Sekunden hatte sich Manuelo ebenfalls bei ihnen eingefunden. Er hatte Kan Dahns Brecheisen mitgebracht.
Die Tür des Büros war nicht abgeschlossen, und der Korridor dahinter lag verlassen da. Die drei Männer gingen ihn entlang, bis sie zu einer offenstehenden Tür kamen, die auf der linken Seite lag. Bruno bedeutete Manuelo mit einer Handbewegung weiterzugehen. Er tat es und steckte sein Messer mit dem Griff nach vorn so weit vor, daß ein kleines Stück des Griffes im Türrahmen zu sehen war. Fast im gleichen Augenblick klopfte es gegen die Abdeckung der Bodenluke. Das Klopfen war laut genug, um den wachen Posten aufhorchen zu lassen, aber zu leise, um die drei schlafenden Männer zu wecken.
Der Posten blickte mißtrauisch von seinen Karten nach oben, und dann war die Angelegenheit für ihn auch schon erledigt: Der Griff von Manuelos Messer traf ihn genau über dem Ohr, und Kan Dahn fing den Mann auf, noch ehe
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