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Cirrus Flux - Der Junge, den es nicht gab

Cirrus Flux - Der Junge, den es nicht gab

Titel: Cirrus Flux - Der Junge, den es nicht gab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Skelton
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gefährliches Glitzern lag in ihren Augen.
    »Eh, was hat’n der da um’n Hals?«, fragte der Junge unmittelbar neben Cirrus. Sein Mantel war durchlöchert, um den Hals hatte er ein rußverschmiertes Tuch geknotet.
    »Ne Art Edelstein«, sagte ein anderer.
    »’N Medaillon, glaub ich.«
    »Was sollen wir tun, Charlie?«
    »Mal sehen«, sagte der erste Junge, offenbar der Anführer. »Egal, was es ist, es dürfte uns jedenfalls ’n nettes Sümmchen einbringen.«
    Er trat einen Schritt näher, und Cirrus konnte die graue Narbe erkennen, die sich über die eine Wange bis unter das Kinn zog. Die anderen Bandenmitglieder drängten sich jetzt eng um ihn, bauten sich so dicht vor Cirrus auf, dass die Passanten auf der Straße nicht auf ihn aufmerksam werden konnten.
    Der Anführer ertappte ihn dabei, wie er die Narbe auf seiner Wange anstarrte.
    »Hach, wo bleiben denn nur meine Manieren!«, sagte er. »Darf ich vorstellen? Das hier ist Glasauge, der dort heißt Daumenab, und da drüben ist Nell. Ich selber bin Halsabschneider-Charlie.«
    Eine Hand schoss unter der Jacke des Jungen hervor, und plötzlich hatte Cirrus ein Messer an seiner Kehle sitzen. Er schluckte die Angst hinunter, als er die kalte Klinge auf der Haut spürte.
    »Jetzt mach dir nicht gleich in die Hosen«, sagte Halsabschneider-Charlie. »Wir tun dir schon nix. Wir wollen weiter nix als dein kostbares kleines Medaillon, dann sind wir schon wieder weg. Nur eins sag ich dir, rühr dich, und mir rutscht das Messer aus und fährt dir am Ohr runter. Schrei« – seine Stimme wurde scharf wie die Klinge –, »und du bist deine Zunge los!«
    Cirrus atmete schwer, das Blut pochte ihm in den Ohren. Gehetzt blickte er von einem zum andern, überlegte, ob er entkommen könnte, aber die anderen Jungen schienen geradezu Streit zu suchen. Der, der Glasauge genannt wurde, hatte einen Körper wie ein Ochse, und der Junge neben ihm war zwar kleiner, hatte dafür aber einen verschlagenen Blick. Und Nell … Erst jetzt fiel Cirrus auf, dass sie ein Mädchen war. Ein kräftiges, wild entschlossen wirkendes Mädchen, das ihr schwarzes Haar mit einem Tuch im Nacken zusammengebunden hatte.
    Cirrus’ Augen flogen wieder zu dem kleineren Jungen, Daumenab, der schon die Hand erhoben hatte – ein Stumpf ohne Finger.
    Cirrus schluckte und wollte sich gerade aufs Bitten und Betteln verlegen, als aus einer der angrenzenden Straßen plötzlich Getöse in den Hof drang. Ein Pferd wieherte, jemand schrie, und dann ließ ein Donnern und Krachen die Luft erzittern.
    Halsabschneider-Charlie drehte sich zur Seite, um nach der Ursache des Tumultes zu sehen, und Cirrus erkannte seine Chance. Mit einer geschickten Bewegung glitt er unter dem Messer vorbei – es ratschte leicht über seine Wange – er wich scharf nach rechts aus und stand unversehens vor Glasauge, der zum Schlag gegen ihn ausholte. Er traf allerdings Daumenab, der daraufhin auf allen vieren landete und damit Nell den Weg versperrte.
    Cirrus blieb keine Zeit zum Überlegen. Er rannte aus dem Hof auf die Straße hinaus. Ein Fuhrwerk war in den Verschlag eines Gemüsehändlers hineingefahren, Leute jagten hinter dem über die Straße rollenden Obst und Gemüse her. Mit einem Satz war Cirrus über die ganze Verwüstung gesprungen und machte sich schleunigst aus dem Staub.
    Hinter ihm erscholl ein Schrei.
    »Haltet ihn! Ein Dieb!«
    Entsetzt drehte er sich um und stellte fest, dass seine Möchtegern-Angreifer den Alarm angezettelt hatten und hinter ihm her rannten. Plötzlich griffen von allen Seiten Arme nach ihm und versuchten, ihn zu Boden zu reißen.
    »Das war ich nicht!«, schrie er. »Ich bin unschuldig!« Aber keiner schien zuzuhören. Verzweifelt boxte er sich frei und sprintete die Straße entlang, schlitterte über weggeschüttete Küchenabfälle und bewegte sich in Schlangenlinien, da sich immer mehr Hände nach ihm ausstreckten.
    Endlich erreichte er das Ende der Straße und rannte blindlings um die Ecke – direkt vor ein entgegenkommendes Pferdefuhrwerk.
    Das Blut schoss ihm durch die Adern. Das Pferd wieherte, bäumte sich auf und schlug mit den Vorderhufen, aber Cirrus duckte sich blitzschnell und rollte unter dem Pferdebauch hindurch auf die andere Seite. Nur wenige Zentimeter neben seinem Kopf schlugen die Hufe aufs Pflaster.
    Rasch warf er einen Blick über die Schulter. Seine Verfolger wurden durch das Pferd und den Kutscher aufgehalten, der jetzt seine Wut an jedem, der in seine Nähe kam, ausließ

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