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Cirrus Flux - Der Junge, den es nicht gab

Cirrus Flux - Der Junge, den es nicht gab

Titel: Cirrus Flux - Der Junge, den es nicht gab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Skelton
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hauptsächlich aus Kruste bestand und die Füllung aus Knorpelstücken mit etwas sehnigem Fleisch.
    »Jetzt erzähl mal, was passiert ist«, sagte Jonas plötzlich ernst.
    Cirrus wich seinem Blick aus. Er schwankte, ob er Jonas von dem Mann aus Black Mary’s Hole und der Frau, die hinter seiner Kugel her war, erzählen sollte, aber dann dachte er daran, wie Jonas sich vor gar nicht so langer Zeit über ihn lustig gemacht hatte, damals, als er und Bottle Top ihm von ihrer Entdeckung am Galgenbaum berichtet hatten. Jonas würde ihm wahrscheinlich nicht glauben. Und so sagte er nur: »Ich bin auf der Suche nach Bottle Top. Ich muss ihn unbedingt finden.«
    Jonas musterte ihn neugierig. »Pass auf, ich weiß nicht, warum du aus dem Heim abgehauen bist, aber wenn du meine Meinung hören willst: Geh am besten dahin zurück. Das Leben in der Stadt ist hart, und ich weiß nicht, ob Bottle Top – oder sein Meister – der Mensch ist, der dir helfen wird. Glaub mir, der Vorsteher nimmt dich gern wieder auf. Er hat immer ein besonderes Interesse für dich gehabt, du bedeutest ihm viel. Geh wieder zu ihm ins Heim, Cirrus, das rate ich dir.«
    Etwas rumorte in Cirrus. Ein Gefühl von Wut und Ärger. Er dachte daran, wie der Vorsteher mit dem Mann aus Black Mary’s Hole gesprochen und sich bereit erklärt hatte, ihm die Kugel auszuhändigen. Was würde er tun, wenn Cirrus ins Heim zurückkehrte? Cirrus war sich nicht mehr sicher, ob er ihm vertrauen konnte.
    »Nein, zurück gehe ich nicht«, sagte er. »Ich muss Bottle Top finden, basta. Sag mir nur, in welche Richtung ich …«
    Eine Weile schwieg Jonas nachdenklich, dann sprang er auf. »Da weiß ich was Besseres«, sagte er, wischte sich den Dreck von der Hose und klaubte seine Sachen zusammen. »Ich bring dich hin.«
     

 

     

Das Wachsame Auge
    Zum zweiten Mal in nur wenigen Tagen war Pandora mit einer Pferdekutsche unterwegs. Nur hockte sie dieses Mal nicht auf der hinteren Plattform und hielt sich mühsam fest, sondern saß neben Madame Orrery gequetscht in dem gut gepolsterten Innenraum. Sie kam sich wie eine Gefangene in einer heißen stickigen Zelle vor. Auf den Straßen herrschte reger Verkehr, Kutschen und Fuhrwerke wirbelten Staubwolken auf. Ein Wirrwarr von Rufen und Schreien drang an Pandoras Ohren.
    Neben ihr, einen Fächer an die Nase gedrückt, saß schweigsam wie eine Statue Madame Orrery. Aus dieser Nähe konnte Pandora feine Risse in ihrer Gesichtsschminke und schwache teefarbene Flecken im Kleid unter ihren Armen erkennen. Sie dachte daran, was Mr Sorrel ihr erzählt hatte – dass Madame Orrery einmal die am meisten bewunderte Frau Frankreichs war, bevor ihr Mann ihr das Herz brach –, aber jegliches Mitgefühl, das Pandora vielleicht für sie hätte empfinden können, verschwand bei der Erinnerung daran, wie die Frau abends zuvor gedroht hatte, das Andenken ihrer Mutter zu verbrennen.
    Die Kutsche schwankte und ruckelte, während sie sich ihren Weg durch das Gewimmel bahnte. Pandora überflog all die fremden Gesichter auf der Straße und hoffte, sie würde zufällig einen Blick auf den Jungen erhaschen. Sie rechnete nicht wirklich damit, ihn in dieser wabernden Menge zu erspähen, sie hätte nur so gern gewusst, ob er in Sicherheit war. Ob der Mann mit dem Wachsamen Auge tatsächlich herausfinden konnte, wo Cirrus sich jetzt aufhielt?
    Hafenanlagen und Speicherhäuser säumten den Fluss zu ihrer Rechten, Schiffe und Lastkähne waren auf dem Wasser zu sehen. Männer rollten Fässer über den Kai. Pandora musste an den Mann denken, der kürzlich vor ihrem Fester erschienen war. Wer war das? Woher wusste er von Cirrus Flux? Und wie um alles in der Welt konnte er frei in der Luft schweben?
    Sie fuhren weiter in östlicher Richtung auf St Paul’s zu.
    Endlich hielten sie vor einem imposanten Bauwerk im betriebsamen Finanzdistrikt der Stadt. Es glich eher einem Tempel als einem gewöhnlichen Haus. Wuchtige Steinsäulen trugen einen enorm großen Giebel, von dem aus Skulpturen emporragten, und das Dach selbst war von einem gewaltigen Aufbau mit langen Fenstern und einem hohen Blitzableiter gekrönt.
    »Mr Sidereals Observatorium«, bemerkte Madame Orrery, die ihrem Blick gefolgt war. »Dort bewahrt er sein Wachsames Auge auf.«
    Pandora hatte keine Ahnung, was das bedeutete, doch sie stellte sich diesen Mr Sidereal als eine monströse Gestalt mit einem einzelnen Auge mitten auf der Stirn vor. Sie fröstelte.
    Madame Orrery packte sie am Arm und

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