City Crime – Vermisst in Florenz
Rücksicht auf das Alter oder die Wunden des Jungen, sondern packte erneut zu, diesmal vorn an dessen Shirt, zog ihn halb zu sich hoch und brüllte ihn an: »Il telefonino!«
Nun erreichte auch Finn das Treppenhaus. Völlig außer Atem sah er, wie der kleine Dieb Finns Smartphone aus der Tasche zog und es ängstlich Andrea überreichte.
»Nicht zu fassen!«, schüttelte Joanna den Kopf. »Das ist ja noch ein kleines Kind!«
Andrea wandte sich ihr zu, ohne den Dieb loszulassen. »Deshalb ich glaube, er isse nich allein. Der … äh … ruba … äh … stehle … für eine Bande!«
Joanna sah sich erschrocken um. Waren sie jetzt vielleicht in einen Hinterhalt geraten?
Andrea aber war sich sicher, dass vom Rest der Bande zurzeit niemand da war. »Sonst sie hätte ihm doch geholfen!«
Andrea zog den Jungen am Shirt hoch in die Aufrechte und forderte ihn auf, ihnen das Versteck der Bande zu zeigen.
Der Junge schüttelte ängstlich den Kopf.
»Du glaubst, die Bande hat ihr Versteck hier in diesem Haus?«, wunderte sich Joanna.
»Bis eben nicht«, grinste Andrea sie an. »Aber seine reazione … Reaktion …«, er schüttelte den kleinen Jungen kräftig durch, »… hat gerade verraten mir.«
Er schaute dem Jungen grimmig ins Gesicht und fragte scharf: »Allora?«
Der Blick des Jungen huschte für einen Moment hoch in den ersten Stock. Andrea stieg die Treppe hinauf und zog den Jungen mit sich.
»Warte!«, rief Joanna ihm nach. »Was willst du denn dort oben?« Ihr war überhaupt nicht wohl bei dem Gedanken, länger als nötig hierzubleiben. Jeden Moment konnte der Rest der Bande zurückkehren und dann waren sie geliefert.
Finn, der bisher alles schweigend mit angesehen hatte, warf einen Blick auf die Straße, aber es kam niemand. Auch er wäre am liebsten so schnell wie möglich abgehauen. Was wollten sie noch hier? Er hatte sein Smartphone zurück – und gut war’s.
Doch Andrea schleppte den Jungen unbeirrt weiter die Treppe hinauf. »Wartet es ab!«, rief er den beiden zu.
»Mist!«, fluchte Joanna vor sich hin, ergab sich aber ihrem Schicksal und stiefelte Andrea hinterher. Finn wollte nicht allein unten im Treppenhaus stehen bleiben. Also musste auch er mit.
Im ersten Stock fanden sie vor, was sie erwartet hatten: eine leere Wohnung, in der sich die Bande notdürftig eingerichtet hatte. Nur das größte Zimmer war belegt. Alte zerfledderte Matratzen lagen kreuz und quer über dem Boden verstreut. Dazwischen alte Pizzareste, Schachteln, unendlich viele leere Dosen, volle Aschenbecher und sonstiger Müll. Kurz: ein einziger Saustall, wie Finns Mutter gesagt hätte.
Andrea warf den Jungen auf eine der Matratzen und fragte ihn nach seinem Namen.
»Francesco«, antwortete er.
»Das ist doch bestimmt gelogen!«, vermutete Finn.
»Egal«, befand Andrea. Und verpasste Francesco ohne Vorwarnung eine schallende Ohrfeige.
Francesco schossen sofort die Tränen in die Augen, seine Lippen bebten, aber er verkniff sich das Weinen. Er tat Finn schon leid, obwohl er ihm ja keine zehn Minuten zuvor noch das Handy aus der Tasche gestohlen hatte.
Joanna wollte gleich dazwischengehen. Doch Andrea stoppte sie mit nur einer Handbewegung, schaute Francesco an und zog dabei die Augenbrauen hoch.
Francesco verstand das Zeichen und zeigte mit zitternder Hand auf die gegenüberliegende Wand.
Joanna und Finn hatten keine Ahnung, was das sollte.
Andrea erklärte es ihnen nicht. Stattdessen ging er zu der angezeigten leeren Wand, kniete sich hin, strich mit den flachen Händen über den Parkettboden und fand, was er gesucht hatte. Er löste ein Brett, hob es an und sein Gesicht begann zu strahlen: »Lo sapevo!«
Joanna und Finn riskierten einen Blick in den Hohlraum unter dem Holzboden und staunten nicht schlecht: prall gefüllt mit gestohlenen Smartphones, Portemonnaies, Schmuck, kleinen Digitalkameras und allem, was man Touristen sonst noch auf die Schnelle aus den Taschen reißen konnte.
»Habe ich doch gedacht mir!«, sagte Andrea.
»Was hast du dir gedacht?«, fragte Joanna. »Findest du es nicht zu gefährlich, mal eben nebenbei eine Diebesbande hochgehen zu lassen? Wir haben Wichtigeres zu tun!«
»Hoch gehen?« Andrea verstand das Wort in diesem Zusammenhang nicht.
»Verraten!«, umschrieb Joanna es. »Bei der Polizei anzeigen.«
Andrea aber reagierte nur mit Unverständnis: »Die Bande verraten? Glaubst du, ich gehe zur polizia?«
»Was denn sonst?« Auch Finn hatte nichts anderes angenommen.
»Mamma
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