City of Death - Blutfehde (German Edition)
sie, dass ich morgen nicht so lange bleiben konnte, weil ich mich mit einer Kundin traf. Sie brachte mich bis zum Wagen und winkte mir hinterher, dann bog ich um die Ecke. Ich fuhr noch schnell bei Ullrich vorbei und kaufte hauptsächlich Kohlenhydrate wie Nudeln, Kartoffeln und Reis. Heute würde ich Geschnetzeltes essen.
Um acht Uhr bog ich in Wills Einfahrt ein oder versuchte es zumindest, denn die gesamte Straße war vollgestellt.
»Was zum …?«, murmelte ich und parkte auf der gegenüberliegenden Seite am Bürgersteig. Ich ließ meinen Einkauf im Wagen und schnappte mir nur die Tasche. Am Tor begegnete ich Toni.
»Was ist hier los?« Ich zählte acht Wagen.
»Gregor ist tot. Will hat eine Blitzversammlung einberufen.«
Oh, mein Gott! »Die gefundene Leiche war Gregor?« Ich konnte es nicht glauben, doch Toni nickte bestätigend.
Aus der Villa drangen laute Stimmen, viele Stimmen. Eine Versammlung also. Da hatte ich sicherlich nicht viel verloren. Ich ging zu meinem Auto zurück und zündete mir eine Zigarette an.
Fünf Minuten später kam Max aus der Villa geschlendert. »Sieh an, sieh an!«, sagte er und umarmte mich zur Begrüßung. »Darf ich mir eine schnorren?«
»Klar.« Ich hielt ihm die Schachtel hin. »Wie lange geht die Versammlung schon?«
»Noch nicht so lange, etwa eine halbe Stunde.«
»Was glaubst du, wer ihn getötet hat?« Ich drückte meine Zigarette am Boden aus.
»Ehrlich gesagt, glaubt niemand so recht, dass es Mord war.«
Ich sah ihn an. »Du denkst, er hat es selbst getan?«
Max zuckte die Schultern. »Na ja, du weißt selbst, wie er in den letzten Monaten drauf war. Ist nicht mehr aus seinem Haus gegangen, hat an keinen Versammlungen teilgenommen, sein Personal gefeuert. Sogar seine ,Kinder‘ hat er auf die Straße gesetzt. Die Wahrscheinlichkeit für einen Selbstmord ist also ziemlich hoch.«
Armer Gregor. Ich hatte ihn zwar erst ein paar Mal getroffen, aber die wenigen Male, die er bei D.I.P gewesen war, hatte er einen ziemlich netten Eindruck gemacht. Er und seine Frau hatten meine Immobilienangebote stets geschätzt. Sie war vor einem Jahr ganz plötzlich an Krebs gestorben, dabei wollte sie sich zur Vampirin machen lassen, um ewig mit ihm zusammenzusein. Als die Krankheit dann zu weit fortgeschritten war, wollte sie sich nicht mehr verwandeln. Zum Vampir sollte man sich, wenn man denn die Wahl hat, möglichst in gesundem Zustand machen lassen, weil alle Krankheiten und Narben, die man vorher hatte, mit hinübergenommen werden. Ein verwandelter Vampir ist nahezu unsterblich. Er braucht sich weder vor Krankheiten noch vor Altersschwäche fürchten. Ist er vor der Verwandlung jedoch schwer krank, so wie Gregors Frau es gewesen war, bleibt man auf ewig ein geschwächter oder verstümmelter Vampir. Sie hätte ewig Schmerzen und Beschwerden gehabt. Ich hätte genauso entschieden.
»Ich versteh bloß nicht, warum er sich zum Sterben ausgerechnet einen Park ausgesucht hat«, sprach ich weiter. »Warum hat er sich nicht leise und heimlich in seinem Haus umgebracht?«
»Genau das wird drinnen gerade diskutiert, und wer seinen Platz einnehmen soll.«
Ich sah Max mit großen Augen an. »Könnte es wieder so ein Massaker wie 2001 geben?«
»Völlig ausgeschlossen. Nachdem sich die Vampire damals förmlich abgeschlachtet hatten, entschieden die dunklen Lords, im Falle eines Ausfalls nur noch öffentliche Abstimmungen abzuhalten, und wenn unbedingt gekämpft werden muss, dann in der Öffentlichkeit unter den Augen aller Ranger.«
Ich atmete erleichtert auf, dann fiel mir etwas auf. »Zur Abstimmung müssen alle zwölf Ranger anwesend sein?«
Max sah, wie ich noch einmal die Autos zählte. »Das hier ist kein offizielles Treffen, nur eine Versammlung. Das eigentliche Treffen findet diesen Sonntag statt.«
»Werden die dunklen Lords auch kommen?«
Er lachte. »Nein, aber einige Scharfrichter.« Er schnipste seine Zigarette weg. »Komm, gehen wir rein.«
Ich zögerte.
»Nun hab dich nicht so, du wohnst doch quasi hier.«
Ich lachte. »So würde ich es nicht ausdrücken.« Dennoch folgte ich ihm.
Das Wohnzimmer war voller Vampire, und ich wäre am liebsten direkt im Zimmer verschwunden, wären nicht plötzlich alle Blicke auf mich gerichtet gewesen. Einige Ranger kannte ich, doch wussten hier nur wenige von meiner wahren Natur, weswegen sich sicherlich einige fragten, was ein Mensch hier verloren hatte. Ich ging direkt ins Wohnzimmer und reichte Helena die Hand. Sie war
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