City of Death - Blutiges Erbe (German Edition)
Haarstruktur nicht länger als eine Minute dauerte, und zog mich an. Auf Make-up verzichtete ich, genauso wie auf sonstige kosmetische Verschönerungen.
Dank meiner afroamerikanischen Mutter hatte ich eine samtweiche, schokoladenbraune Haut und in meinem Leben, glaube ich, noch keinen einzigen Pickel gehabt. Meine Haut war, und dafür war ich mehr als dankbar, so glatt und rein, dass ich einfach nie Make-up benötigte. Die braunen lockigen Haare, die mir knapp über die Schultern reichten, trug ich offen. Da meine Nase empfindlicher als die eines Menschen war, konnte ich nur leichtes Parfüm vertragen, wollte darauf aber nicht verzichten. Ich machte mir ein paar Spritzer auf Hals und Haare, dann zog ich eine schwarze Röhrenjeans und dunkelbraune Stiefel an, damit ich meinen Dolch darin verstecken konnte. Dazu ein braunes einfaches Shirt, einen schwarzen Mantel – und schon war ich fertig.
Als ich vor der riesigen Villa stand, war ich einen Moment sprachlos. Ich wusste gar nicht, ob man so ein Objekt überhaupt noch als ‚Villa‘ bezeichnen konnte. ‚Schloss‘ traf es wohl eher. Das Gebäude war asymmetrisch gegliedert, hatte drei Etagen, einen dreigeschossigen Eckturm und bestand aus orangerotem Backstein. Ich mochte alte Backsteingebäude, und dieses hier sah einfach nur traumhaft aus. Die Villa befand sich auf einem Anwesen, das groß genug war, um neugierige Blicke fernzuhalten. Das große abgezäunte Grundstück sorgte also dafür, dass man trotz des zentralen Standortes seine Privatsphäre hatte. Genau das Richtige für einen Vampirranger. Ich ging um das Gebäude herum und schaute mir zuerst den wunderschönen Garten an. Es war zwar dunkel, aber wo man auch hintrat, sprangen kleine Lichter an, sodass die Gartenanlage auch nachts von ihrer Pracht überzeugte. Ich als Pflanzenfreund konnte mich an den aufwendig gestutzten Hecken, Bäumen und bunten Blumenbeeten gar nicht satt sehen. Ich hätte den Garten gern am Tag betrachtet. Über die hintere Veranda gelangte ich in die Villa. Licht gab es nicht, was mich ein bisschen unruhig machte.
Ich mochte es nicht, mich in dunklen Gebäuden zu bewegen, weil ich hinter jeder Ecke irgendetwas erwartete. Vielleicht hatte ich auch zu viele Horrorfilme gesehen, aber im Freien fühlte ich mich definitiv sicherer. Solange ich mich in der Nähe der Fenster bewegte, sorgte jedoch das Mondlicht für genügend Beleuchtung. Die Villa gehörte einst einem Fürsten, der eine besondere Vorliebe für Skulpturen und Gemälde gehegt hatte. Beides war im Überfluss vorhanden, jedoch war das Gebäude im Laufe der Zeit immer wieder erneuert und modernisiert worden, sodass die Antiquitäten nicht ganz zur Einrichtung passten. Eines hatten die Vorbesitzer aber alle gemeinsam gehabt: Sie hatten sich nie von den antiken Gegenständen trennen können. Wie Liam es gewünscht hatte, war das komplette Erdgeschoss ein einziger Saal. Mantel und Tasche legte ich an der Terrassentür ab, dann lief ich eine dreistufige Treppe hoch, und meine Blicke blieben an einem Gemälde hängen, das doppelt so groß und breit war wie ich. Es zeigte einen adligen Mann in einer stolzen Pose auf seinem weißen Pferd sitzen.
»Wunderschön, nicht wahr?«, erklang eine männliche Stimme hinter meinem Rücken.
Ich kreischte nicht, war aber kurz davor, so erschrocken war ich. Stattdessen wirbelte ich herum und fasste mir ans Herz.
Liam stand so dicht hinter mir, dass ich seinen Atem hätte spüren können – wenn er denn geatmet hätte. Nicht dass Vampire niemals atmeten, aber sie waren nicht darauf angewiesen und taten es nur in bestimmten Situationen, beispielsweise wenn sie in irgendeiner Weise erregt waren. Ich wich ein Stück zurück. Vielleicht nicht das Klügste, was man in der Nähe eines Vampirs tun sollte, aber die Nähe war mir einfach unangenehm. Wenn ich daran dachte, was letztes Mal geschehen war, als er mich berührte, wollte ich ihm nie wieder nahekommen. Liam schien noch schöner geworden zu sein, als ich ihn in Erinnerung hatte. Die blonden langen Haare hatte er wieder zum Mittelscheitel gekämmt, und seine bernsteinfarbenen Augen erschienen glänzender als beim letzten Treffen. Ich hätte stundenlang hineinsehen können. Er trug eine dunkelrote Cordhose, dazu braune Schuhe und ein Seidenhemd in dem gleichen Braunton. Eigentlich mochte ich es nicht besonders, wenn Männer solch farbenfrohe Hosen trugen, aber zu ihm passte es.
Seine Stimme war aufrichtig, als er sagte: »Es tut
Weitere Kostenlose Bücher