City of Death - Blutiges Erbe (German Edition)
meine, für ihn als Vampir war es doch offensichtlich, dass ich mich vor ihm fürchtete. Warum musste er das also unbedingt von mir hören? »Sollte ich denn Angst haben?«, fragte ich stattdessen. Er war um so vieles älter und stärker als ich und noch dazu eine Killermaschine, die mich im Sekundenbruchteil töten konnte. Ja, du solltest Angst haben , schrie mir mein Verstand zu. Definitiv!
Liam sah mich lange an, dann sagte er: »Im Moment jedenfalls nicht.«
Zwanzig Minuten später hatten wir den Papierkram erledigt und Liam den Immobilienkaufvertrag unterschrieben. Normalerweise musste dieser notariell beurkundet werden, aber mein Onkel, der bei der Staatsanwaltschaft arbeitete, hatte ein paar gute Freunde bei der Berliner Notarkammer, die das für uns erledigten. Ich würde ihm den Vertrag morgen per Post schicken und Liam später, wenn alles erledigt war, ein Exemplar zukommen lassen.
»Darf ich dich auf einen Drink einladen?«, fragte Liam, nachdem ich den Vertrag in meiner Tasche verstaut hatte und meinen Mantel überzog.
Ich hielt mitten in der Bewegung inne. »Jetzt?« Es klang wohl wenig begeistert.
»Es sei denn, du hast etwas Besseres vor.«
Seinem Tonfall entnahm ich, dass er es sehr unhöflich fände, wenn ich seine Einladung ablehnte. Und das wäre es auch gewesen, denn immerhin hatte er gerade eine millionenschwere Immobilie gekauft, von der eine beträchtliche Summe an Provision für mich abfallen würde. Es war nicht so, dass mein Vater unendlich viel Geld auf dem Konto hatte. Er kaufte Immobilen, passte sie den vampirischen Bedürfnissen an und verkaufte sie etwas teurer. Wir nagten zwar nicht gerade am Hungertuch, aber eine so teure Immobilie wie diese hier hatten wir lange nicht mehr verkauft. Mein Gewissen ließ es nicht zu, dass ich ihm jetzt absagte, also zuckte ich die Schultern. »Warum nicht?«
Wir verließen das Grundstück und gingen zu meinem Wagen. Als ich bemerkte, dass er mir folgte, blieb ich stehen. »Fährst du nicht mit deinem Auto?«
»Ich habe kein Auto.«
»O h! Bist wohl einer von der umweltbewussten Sorte«, vermutete ich und bedeutete ihm, auf der Beifahrerseite einzusteigen.
»Nicht ganz. Sagen wir … Ich habe andere Möglichkeiten zu reisen.«
Als wir im Auto saßen , warf ich ihm einen langen Blick zu. Irgendwie hatte ich nicht das Gefühl, dass er von öffentlichen Verkehrsmitteln sprach. Er machte jedoch keine Anstalten, näher ins Detail zu gehen, also hakte ich nicht weiter nach und drückte aufs Gaspedal.
Kapitel 4
Wir fuhren zur Para-Bar nach Kreuzberg, welche nahe dem Jüdischen Museum lag. Die Para- Bar diente als Rückzugsort aller paranormalen Wesen in Berlin. Hier konnte man sich vergnügen, ohne Menschlichkeit vortäuschen zu müssen. Die Elfen, die ihre wahre Gestalt hinter einem menschlichen Körper versteckten, verzichteten aber glücklicherweise darauf, ihren Schutz fallen zu lassen. Das taten sie nur unter sich, und dafür war ich ihnen dankbar. Optisch waren sie nicht von den Menschen zu unterscheiden, aber man roch den Unterschied, wenn man ihnen näher kam.
Elfen konnten nach allen möglichen Blumen duften, was sie immer harmloser erscheinen ließ, als sie tatsächlich waren. Ich hatte schon Kombinationen gerochen, die jeden Parfümeur vor Wonne in die Knie gezwungen hätten. Leider waren Elfen aber alles andere als harmlos. Ich hatte mal einen von ihnen in seiner wahren Gestalt gesehen, und der war über zwei Meter groß gewesen, hatte katzenhafte Augen gehabt und Gliedmaßen, die länger waren als normal. Dass sie dann auch noch Menschen fraßen, machte sie nicht gerade sympathischer.
»Ich hoffe das ist okay für dich?«, fragte Liam, als wir den Wagen geparkt hatten und zur Bar stapften.
»Klar«, sagte ich und wäre am liebsten auf dem Absatz umgekehrt , denn wenn es Neuigkeiten aus der nicht-menschlichen Welt zu erfahren gab, dann in der Para-Bar. Ich war einmal mit Will hier gewesen und zu diesem Zeitpunkt noch als Mensch durchgegangen, weil ich mich noch nicht an meine Mutter gebunden hatte. Dadurch fehlte mir die für paranormale Wesen so typische Aura, die mich als das verriet, was ich war. Deshalb hatte Will jedem hier klar gemacht, dass ich sein war. Sie verstehen also sicher, warum ich mich ungern mit einem anderen Vampir hier blicken ließ! Ich wollte nicht, dass die anderen mich für die Hure der Meistervampire hielten.
Vielleicht ist ja heute kein Ranger hier , versuchte ich mir einzureden, während wir die
Weitere Kostenlose Bücher