City of Death - Blutiges Erbe (German Edition)
blieb er vor mir knien.
Ich lehnte mich ein Stück zurück und beobachtete ihn mit angehaltenem Atem. »Du hast es versprochen«, flüsterte ich und starrte ihn mit wachsamen Augen an. Mein Herz schlug augenblicklich schneller, und in meinem Unterleib breitete sich ein verräterisches Ziehen aus. Wenn er mich jetzt berührte, wäre ich verloren, denn ich hätte mich nicht gewehrt.
»Ich weiß«, sagte Will mit ausgefahrenen Fangzähnen. Sein Blick war so intensiv, dass ich ihm nicht länger standhalten konnte und wegschaute. »Cherry , ich …«
In diesem Moment klingelte sein Handy, was uns beide vermutlich rettete. Er verließ so schnell den Raum, dass ich den Eindruck hatte, auch er sei froh über die Unterbrechung. Ich drehte den Wasserhahn der Badewanne auf und scheffelte mir kaltes Wasser ins Gesicht. Diesmal zitterten meine Hände nicht vor Erschöpfung. Puh, das war knapp gewesen ! Ich war gerade dabei, mir das Gesicht abzutrocknen, als er wieder ins Bad kam.
»Ich muss gehen. Es gibt Schwierigkeiten.«
Ich hielt inne und sah ihn an. Die prickelnde Spannung, die vor ein paar Sekunden noch im Raum gehangen hatte, war verflogen. »Was ist los?«
»Benedikt und Amadeus trommeln alle Ranger zusammen. Andre sagte ja, dass die Scharfrichter bald aufkreuzen würden.«
»Und was machen sie jetzt mit euch?« Sie würden ihnen doch nichts tun, oder?
»Herausfinden , wer für den ganzen Ärger verantwortlich ist.«
Ich begleitete ihn zur Tür, als er unschlüssig auf der Türschwelle stehen blieb. Er schien etwas sagen zu wollen, brachte dann aber nur ein »Gute Nacht« heraus.
»Gute Nacht und danke für deine Hilfe«, rief ich ihm mit Verspätung hinterher, als er schon auf der Treppe war. Ich schloss die Tür, lehnte mich mit dem Rücken dagegen und sank in die Hocke. Scheiße, so was durfte nicht passieren. Ich durfte mich auf gar keinen Fall auf Will einlassen. Er war nett und er war vielleicht sogar aufrichtig, aber er war auch ein Vampir, weshalb eine Beziehung keine Zukunft hätte. Abgesehen davon, dass ich altern und er ewig leben würde, wusste ich überhaupt nichts von ihm. Mir gegenüber zeigte er sich, zumindest in letzter Zeit, immer von seiner besten Seite, aber ich wusste auch um seinen Ruf als kaltblütiger und gefürchteter Ranger. Konnte ich denn mit so jemandem zusammen sein? War das überhaupt seine Absicht? Vielleicht hatte er ein einzig und allein körperliches Interesse an mir. Ich hatte Sophias Worte nicht vergessen, als sie ihn einen Verführer nannte. Gott, vielleicht wäre ich nur ein weiterer Trumpf für ihn! Ich ging ins Bett und weil ich nicht schlafen konnte, hatte ich nichts weiter zu tun, als über ihn nachzudenken.
Kapitel 6
Zwei Wochen später waren die Ranger mit dem Vampir problem immer noch nicht weiter. Die unerklärlichen Morde stiegen an und wurden zudem immer auffälliger. Man war sich zwar einig, dass irgendjemand die Öffentlichkeit auf die Vampire zu lenken versuchte, aber das war es auch schon. Weder konnte etwas aus den gefangenen Tätern herausgequetscht werden noch kam man dem mutmaßlichen Anführer auf die Spur. Selbst Lucretia, die gedankenlesende Scharfrichterin, konnte nichts in Erfahrung bringen, was darauf schließen ließ, dass sich jemand ganz bewusst im Hintergrund hielt. Lucretia und Emilio waren angereist, um ihre Kollegen Benedikt und Amadeus bei der Aufklärung zu unterstützen, doch waren die wenigen Vampire, die gefangen wurden, entweder so verrückt und verängstigt, dass Lucretia nicht in ihren Geist eindringen konnte, oder sie wussten wirklich nichts.
Auch berichtete die Presse über immer mehr seltsame Vorfälle, und da die Vampire nicht überall zur gleichen Zeit sein konnten, um Reporter, Polizisten und Zeugen zu bezirzen, sickerten immer häufiger Zeugenberichte, Beweismaterial und wilde Theorien über die Existenz übernatürlich begabter Menschen durch. Auch das Internet wurde uns immer mehr zum Feind, denn es tauchten Videos auf, die angeblich übernatürliche Geschöpfe zeigten. Ob gefaket oder nicht, die Öffentlichkeit geriet zunehmend in Panik. Noch sprach man bei der Presse von satanischen Gruppen, von Anhängern einer selbsternannten Vampirsekte, aber das Kind war schon mal beim Namen genannt, und wie lange würde es wohl dauern, bis aus den wilden Theorien ernste Vorwürfe würden?
Mein Vater war wieder für längere Zeit nach New York gereist , und Louis und ich hatten plötzlich sehr viel zu tun. Die jüngeren
Weitere Kostenlose Bücher