City of Death - Blutiges Erbe (German Edition)
mir nichts vor! Ich sage lediglich, dass wir uns nicht hundertprozentig sicher sein können.«
Will atmete ungeduldig aus. »Tu mir einen Gefallen und lausche in dich hinein. Wenn deine Mutter wirklich noch lebt, kannst du sie spüren.«
Das tat ich nicht. Stattdessen starrte ich mit weit aufgerissenen Augen zu ihm auf. Ich hatte Angst davor, in mich hineinzulauschen, Angst nichts zu spüren. Was, wenn er recht hatte und dort nichts mehr war?
Als er meinen verzweifelten Blick sah, sagte er: »Tut mir leid, wirklich.«
Stacy und ich standen in Decken gehüllt auf der Terrasse, in der Hand Kaffee und Zigaretten. Ich mochte überhaupt keinen Kaffee, dennoch trank ich gerade die dritte Tasse. Bis auf Max und Will waren alle Gäste gegangen, denn nach Albertos Anruf war niemand mehr in Feierlaune gewesen. Die drei Vampire saßen in der Küche, unterhielten sich und telefonierten zwischendurch. Sie machten alles für die Abreise bereit, auch wenn ich die Einzige war, die wirklich nach Frankfurt am Main wollte. Alle hatten versucht, es mir auszureden, schon weil Alberto mich binnen zweier Tage bei sich haben wollte, damit ich die Besitztümer meiner Mutter an mich nehmen könnte. Doch ich musste mich selbst davon überzeugen, dass sie tot war.
»Das gefällt mir nicht«, hatte Will gesagt, nachdem er sich mit den anderen beraten hatte. Andre war der Meinung, dass mir Alberto die Urkunde für das Haus und Mutters Wertsachen auch einfach hätte schicken können und die Sache damit geklärt wäre. Dass er mich jedoch persönlich einlud, machte die anderen stutzig. Ich fand es unfassbar, dass sie ihren Tod so einfach hinnahmen, anstatt sich erst einmal davon zu überzeugen. Stacy wollte den Mund aufmachen und mir zum zehnten Mal davon abraten zu fahren, doch ich kam ihr zuvor.
»Egal, was du sagst, ich werde fahren , Stacy. Ich muss!«
»Ich weiß, aber es wäre mir lieber, du würdest auf die anderen hören.«
»Wenn es deine Mutter wäre … «, begann ich, doch sie unterbrach mich.
»Ich weiß. Ich würde das Gleiche tun.«
Wir gingen hinein und setzten uns zu den Vampiren an den Tisch.
»Wenn ihr so um eure Sicherheit besorgt seid, nehmt doch ein paar Männer mit«, schlug Stacy vor.
»Zu auffällig«, sagte Will. »Wir wollen nicht den Eindruck erwecken, seinen Bezirk einnehmen zu wollen. Offiziell ist nur Cherry eingeladen, was ihr freies Geleit in der Stadt verschafft. Je mehr ungeladene Vampire erscheinen, desto bedrohter wird er sich fühlen. Und Alberto ist nicht dafür bekannt lange zu fackeln.«
»Warum wollt ihr nicht dorthin fahren?«, fragte ich. Alberto war zwar ein mächtiger und angsteinflößender Vampir, aber seit ich mit den Untoten verkehrte, war er nie negativ aufgefallen. Und die Scharfrichter hätten ihn schon längst eliminiert, wenn er sich etwas zuschulden hätte kommen lassen. Warum also das Zögern?
»Ich weiß nicht, ist so ein Gefühl«, sagte Will.
»Das Problem ist, dass Alberto ein verdammt mächtiger Vampir ist und jeden von uns Berliner Rangern kennt. Wir werden ihn kaum einschüchtern, sollte er irgendwelche Absichten haben«, meinte Andre.
Will sah ihn neugierig an. »Was schlägst du vor?«
»Jemanden mitzunehmen, den Alberto noch nicht kennt. Jemanden, den er nicht einschätzen kann, einen Zeugen sozusagen.«
»An wen denkst du?«, fragte ich Andre, denn auch mir fiel kein Vampir ein, der mächtig genug war.
»Liam.«
Will und ich sahen Andre etwa gleich begeistert an.
»Ist das dein Ernst?«, fragte ich ablehnend. Nachdem mich Liam für die größte Verräterin überhaupt halten musste, würde er mir sicher nicht in privaten Angelegenheiten helfen. Außerdem hatte ich Angst, er würde mich bei der nächsten Gelegenheit kalt machen. Die wollte ich ihm so schnell nicht geben.
»Warum nicht? Er ist mächtig genug, relativ neu und besitzt eine einschüchternde Gabe.«
»Ich kenne Liam nicht besonders gut, aber Andres Vorschlag klingt vernünftig«, warf Max ein.
Na ja. Ich sah zu Will und zuckte die Schultern. Er würde sicher nichts versuchen, solange Will und Andre in meiner Nähe waren, oder? Will erhob sich und wählte eine Nummer auf seinem Handy. »Ich erledige das. Du solltest nach Hause fahren und packen«, sagte er zu mir.
Das tat ich, doch vorher rief ich meinen Vater an und erzählte ihm von der schrecklichen Neuigkeit.
Kapitel 7
Zwanzig Stunden später saßen Will, Andre, Liam und ich im Zug. Es war kurz nach neun, und die Hälfte der
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