City of Death - Blutiges Erbe (German Edition)
mir meine Mutter da hinterlassen hatte.
»Schicken Sie Daras Kinder herein«, forderte Alberto mit erhobener Stimme.
Einige Augenblicke später wurden Felicitas, Chane und Darrel in das Wohnzimmer gebracht. Felicitas sah abwechselnd von mir zu den anderen. Ihr Blick war von Angst erfüllt, und auch Chane wirkte verunsichert. Nur Darrels Blick war gewohnt stur. Um das Erbe offiziell anzutreten, mussten mir die Vampire ihre Treue schwören. Ein Blutaustausch, wie ich ihn mit meiner Mutter vollzogen hatte, war nicht zwingend notwendig, weil ihr Blut bereits durch meine Adern floss. Es hätte unsere Bindung zwar verstärkt, der Akt als solcher war für ihren Gehorsam aber nicht wichtig. Alberto versicherte mir, dass sie mir von jetzt an gehorchen würden, egal was ich verlangte. Er riet mir auch, mein Blut mit ihnen auszutauschen, damit ich Energie von meinen ‚Kindern‘ anzapfen konnte, beispielsweise wenn ich schwer verwundet war und Kraft brauchte, doch ich lehnte dankend ab. Fürs Erste reichte mir ihr Treueschwur.
»Wir fahren noch heute Abend ab«, sagte Will schließlich.
Ich warf ihm einen überraschten Blick zu. »Heute noch? Wir sind doch eben erst angekommen, außerdem reise ich nicht ohne eine Beerdigung ab.«
»Ich fürchte, ein Begräbnis, wie Sie es wünschen, wird nicht möglich sein, Mrs. Olsen. Vampire werden verbrannt. Allerdings kann ich Ihnen anbieten, als meine Gäste zu bleiben«, schlug der Meistervampir vor.
Will lehnte höflich ab.
Als ich empört widersprechen wollte, weil er von mir verlangte, meine Mutter einfach so zurückzulassen, zwickte mich Andre in den Rücken.
»Ja?«, fragte Alberto, als mir ein Laut entfuhr.
»Wir … reisen ab«, bestätigte ich, gespannt, welche Erklärung Andre hatte.
Kaum waren Alberto und seine Männer davongefahren, stellte ich Andre zur Rede. »Was sollte das vorhin?«
Felicitas, Darrel und Chane packten derweilen ihre Sachen.
»Die Kellerszene war inszeniert.«
Ich war wie vor den Kopf gestoßen. »Wie bitte?«
»Das tote Mädchen in der Badewanne, die Blutlache auf dem Boden, das war nicht echt.«
»Oh, mein Gott. Heißt das, meine Mutter lebt noch?« Ich musste mich setzen, weil mir die Knie weich wurden.
Andre sah zu Will, und dieser antwortete: »Ich fürchte, was Dara betrifft, so ist sie wirklich tot. Doch die Blutlache ist viel zu trocken, was die Menge angeht. Ich glaube, er hat nicht mit uns gerechnet, sonst hätte er sich mehr Mühe gegeben.«
»Ich verstehe nicht ganz. Warum Mühe gegeben? Meine Mutter ist tot, warum sollte er uns etwas vorspielen?«
Will sah zu Andre, bevor er antwortete: »Weil die Ursache, wie deine Mutter gestorben ist, eine andere sein könnte.«
»Das glaube ich nicht«, sagte ich und kaute nervös auf meinen Fingernägeln herum. Die Vampire sahen mich überrascht an.
» Du kennst Alberto doch überhaupt nicht«, sagte Andre mit hochgezogenen Brauen.
»Ich nicht, aber Mom hat mir oft erzählt, wie verrückt er nach ihr sei. Er ist vielleicht angsteinflößend, aber meine Mutter hat er immer verwöhnt.«
»Das ergibt wirklich keinen Sinn«, meldete sich erstmals Liam zu Wort.
»Wie dem auch sei – zuerst verlassen wir die Stadt, dann sehen wir weiter. Ich will aus seinem Revier raus«, sagte Will bestimmt.
»Und meine Mutter soll einfach so hier bleiben?«, fragte ich fassungslos.
Will kam zu mir und legte mir die Hände auf die Schultern. »Deine Mutter ist tot, Cherry. So grausam es auch ist, aber daran wird sich nichts ändern. Wichtig ist jetzt nur noch, dass wir hier lebend wegkommen. Du hast jetzt eine Verantwortung gegenüber deinen Vampiren und meine liegt bei dir. Jetzt pack alles Wichtige zusammen, in einer halben Stunde sind wir hier weg.«
Ich starrte einen endlosen Augenblick zu ihm auf und war mir sicher, dass er mit Gegenwehr rechnete. Doch ich wandte mich wortlos ab, ließ mir von Felicitas eine Tasche geben und ging ins Schlafzimmer meiner Mutter. Sie und ihre Kinder hatten ihren Schlafplatz zwar im Keller gehabt, dennoch besaß jeder sein eigenes Zimmer, einerseits um einen Rückzugsort zu haben und andererseits zur Tarnung vor den Menschen, denn auch bei Vampiren mussten Strom abgelesen oder häusliche Reparaturen vorgenommen werden. Da wäre es schwer erklärbar gewesen, wenn es weder Schlaf- noch Badezimmer gegeben hätte.
Moms Zimmer lag im Obergeschoss, genauso wie das der anderen. Ich hatte bisher immer nur das Untergeschoss gesehen, weil sich dort mein Gästezimmer befand.
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