City of Death - Blutiges Erbe (German Edition)
Körper aus, bis er ein verkohltes regloses Etwas war. Ein abscheulicher Schwall von Fäulnis wehte in meine Richtung, und einige Fahrgäste übergaben sich, woraufhin sich wieder andere übergaben. Auch mein Magen rebellierte gegen den Gestank, aber ich schaffte es, den Würgereflex zu unterdrücken. Das Entsetzen über meine Tat half mir dabei. Ich hockte mich neben den Jungen und wollte ihn berühren, doch ich konnte nicht, traute mich nicht. Meine Hand schwebte über seinem Gesicht, doch ich zog sie wieder zurück. Wenn ich ihn anfasste, würde das Ganze erst real werden, und das würde ich nicht ertragen. Ich ballte die Hand zur Faust. »Es tut mir leid«, flüsterte ich mit tränenverschmiertem Gesicht und richtete mich auf.
Als hinter meinem Rücken eine Waffe abgefeuert wurde, zuckte ich unter dem Knall und dem Kreischen der Fahrgäste zusammen. Ganz langsam drehte ich mich um. Ein bärtiger dicker Mann hatte eine Waffe auf mich gerichtet und sah mich mit großen Augen an. Es war die Waffe, die ich fallengelassen hatte. »Ist er tot?«, fragte er und deutete mit zitternden Händen hinter mich.
Ich wusste nicht, wen er meinte, aber da es auf beide zutraf, nickte ich. Er kam auf mich zu, wedelte mich mit der Waffe aus dem Weg und schaute auf den Jungen herunter. Dann ging er zu dem Vampir. »Was … Was ist das?« Wir fuhren in den nächsten Bahnhof ein, und der Mann wandte sich zur Tür, als diese aufging. Ich nutzte seine Unaufmerksamkeit und entriss ihm die Waffe. Erschrocken und mit erhobenen Händen sah er mich an, als ich sie auf ihn richtete und rückwärts aus der Tür ging.
»Er ist ein Vampir !«, rief ich ihm zu, dann lief ich die Treppen hinunter und verließ den Bahnhof, bevor mich ein Polizist mit dem erschossenen Jungen und dem Vampir in Verbindung bringen konnte. Ich orderte ein Taxi, das EC-Karten als Zahlung akzeptierte, und rief abwechselnd Will und Max an, während ich nach Charlottenburg fuhr. Niemand nahm ab. »Kommen Sie von der Demo?«, fragte mich der Taxifahrer und betrachtete meine verdreckte Gestalt durch den Innenspiegel.
»Wie bitte?«, fragte ich, weil ich in Gedanken ganz wo anders war. Warum gingen die beiden nichts ans Handy?
»Ob Sie von der Demo kommen ? Man sagte mir, am Alexanderplatz sei eine Demonstration.« »Äh ja … Genau von dort komme ich.« Ich rief im Drake an, doch auch dort nahm niemand ab.
»Und?«, wollte der Taxifahrer wissen. »Wer sind diese Leute?«
Ich starrte den Fahrer durch den Innenspiegel an. Ich hatte gerade jemanden getötet, war nur knapp dem Tod entkommen und Zeugin eines Blutsaugeraufmarsches gewesen, wie ich ihn noch nie gesehen hatte. Ich hatte weiß Gott Besseres zu tun, als hier Smalltalk zu halten! Natürlich konnte der Taxifahrer nichts dafür, weshalb ich meine unfreundliche Antwort noch einmal überdachte. »Ich weiß es nicht, aber tun Sie sich einen Gefallen und meiden Sie den Alexanderplatz heute Nacht.«
Er nickte und ließ mich die restliche Fahrt in Ruhe.
»Hier können Sie mich rauslassen«, sagte ich, kurz bevor wir in das Villenviertel einbogen. Ich bezahlte mit meiner EC-Karte und riet dem Fahrer noch einmal, sich vom Alexanderplatz fern zu halten, dann fuhr er davon. Ich legte die restlichen Straßen rennend zurück, weil ich es kaum erwarten konnte zu erfahren, was los war. Als ich Wills demolierte Einfahrt und die eingerissene Mauer sah, blieb ich schlagartig stehen. Wachen waren weit und breit nicht zu sehen, und aus dem Haus drangen keinerlei Geräusche, doch das musste bei Vampiren nicht viel heißen. Ich zog meine SIG, hielt sie mit beiden Händen auf die Villa gerichtet und betrat langsam das Grundstück.
»Will!«, rief ich und schlich den gepflasterten Weg entlang. Er war an einigen Stellen aufgeplatzt, als habe man etwas Schweres darauf geworfen. Ich warf einen Blick nach oben. Das Geländer war in der Mitte eingerissen, und die Terrassentür lag in Scherben vor meinen Füßen. Ich schluckte, als ich keine Antwort enthielt, und ging weiter. Mit der rechten Hand öffnete ich die mitgenommene Haustür, mit der anderen zielte ich in den Eingangsbereich.
Die Tür knarrte, als ich sie zur Seite schob. Ich machte das Licht an und erschrak, als ich mehrere verschrumpelte Leichen im Wohnzimmer entdeckte. An der Kleidung erkannte ich ein paar von Wills Wachen, aber auch mir unbekannte Vampire. Zwei menschliche Leichen waren auch darunter. Dem einen lugte eine halbe Dienstmarke aus der Hosentasche. Wo war Will? Ich
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