City of Lost Souls
»Und Jocelyn kann sie nicht allein aufsuchen, weil sie keine Schattenjägerin mehr ist.«
»Was ist mit Clary?«
»Sie hat gerade erst ihre Schattenjägerausbildung begonnen und weiß nicht, welche Fragen zu stellen sind oder wie sie die Schwestern richtig anreden muss. Aber du und Jocelyn, ihr wisst Bescheid. Und Jocelyn meinte, sie sei schon mal dort gewesen und könne dir den Weg zeigen, sobald wir euch an den Wall aus Schutzzaubern rund um die Adamant-Zitadelle teleportiert haben. Ihr würdet dann morgen früh gemeinsam dorthin reisen.«
Isabelle dachte einen Moment darüber nach. Die Vorstellung, endlich eine Aufgabe zu bekommen und eine aktive, wichtige Rolle zu übernehmen, erfüllte sie mit Erleichterung. Ihr wäre es zwar lieber gewesen, man hätte ihr einen Auftrag erteilt, der das Töten von Dämonen und das Amputieren von Sebastians Beinen beinhaltet hätte, aber der Besuch bei den Eisernen Schwestern war besser als gar nichts. Die Legenden, die sich um die Adamant-Zitadelle rankten, verliehen dem Hauptsitz der Schwesternschaft die Aura eines verbotenen, weit entfernten Ortes, und die Schwestern ließen sich noch viel seltener in der Öffentlichkeit blicken als die Brüder der Stille. Isabelle hatte bisher noch keine dieser Frauen zu Gesicht bekommen. »Wann brechen wir auf?«, fragte sie.
Alec lächelte zum ersten Mal seit ihrer Ankunft und streckte die Hand aus, um ihr durch die Haare zu wuscheln. »So kenn ich meine Isabelle.«
»Lass das.« Isabelle tauchte unter dem Arm ihres Bruders hindurch; dabei sah sie, wie Magnus sie beide vom Sofa aus angrinste.
Eine Sekunde später stemmte er sich hoch und fuhr sich mit der Hand durch die ohnehin schon strubbligen schwarzen Haare. »Ich hab drei Gästezimmer«, verkündete er. »In einem schläft Clary, im zweiten ihre Mutter. Ich begleite dich zum dritten.«
Die Zimmer lagen an einem schmalen, fensterlosen Flur, der vom Wohnraum abging. Zwei der drei Türen waren geschlossen. Magnus winkte Isabelle durch die dritte Tür in einen Raum, dessen Wände knallrosa gestrichen waren. Von den silbernen Gardinenstangen hingen schwarze Vorhänge, die von Handschellen zusammengehalten wurden. Und der Bettbezug war mit einem Muster aus dunkelroten Herzchen bedruckt.
Isabelle schaute sich um. Sie war unruhig und nervös und kein bisschen müde. »Nette Handschellen. Ich versteh schon, warum du Jocelyn nicht hier untergebracht hast.«
»Ich brauchte auf die Schnelle eine Halterung für die Vorhänge«, erwiderte Magnus achselzuckend. »Hast du irgendetwas dabei, in dem du schlafen kannst?«
Isabelle nickte nur; sie wollte nicht zugeben, dass sie Simons T-Shirt aus seiner Wohnung mitgebracht hatte. Vampire besaßen zwar keinen Eigengeruch, aber in dem Gewebe hing noch schwach der Duft von Simons Waschpulver. »Irgendwie ist das komisch«, bemerkte sie. »Du verlangst, dass ich sofort hier auftauche, nur um mich dann ins Bett zu schicken und mir mitzuteilen, dass wir erst morgen früh aufbrechen.«
Magnus lehnte sich an die Wand neben der Tür, verschränkte die Arme vor der Brust und musterte Isabelle aus zusammengekniffenen Katzenaugen. Einen Moment erinnerte er sie an Church – nur dass er sie wahrscheinlich nicht so schnell kratzen würde. »Ich liebe deinen Bruder«, sagte Magnus unvermittelt. »Das weißt du, oder?«
»Falls du mein Einverständnis möchtest, um ihn zu heiraten – nur zu«, erwiderte Isabelle. »Außerdem ist der Herbst eine hervorragende Jahreszeit für eine Hochzeit. Du könntest einen orangefarbenen Smoking tragen.«
»Aber er ist nicht glücklich«, fuhr Magnus fort, als hätte Isabelle überhaupt nichts gesagt.
»Natürlich ist er nicht glücklich«, fauchte die junge Schattenjägerin. »Jace … «
»Jace«, sagte Magnus und ballte die herabhängenden Hände zu Fäusten.
Verwundert starrte Isabelle ihn an. Denn sie hatte immer angenommen, dass er nichts gegen Jace hätte, ihn sogar mögen würde, nachdem die Frage bezüglich Alecs Präferenzen in Sachen Liebe einmal geklärt war. Sie holte tief Luft und meinte dann: »Ich dachte, du und Jace … ihr seid Freunde.«
»Darum geht es gar nicht«, erwiderte Magnus. »Aber es gibt nun mal bestimmte Menschen – Menschen, die das Universum offenbar für ein besonderes Schicksal auserwählt hat. Für besondere Gunstbezeugungen und besondere Qualen. Gott weiß, wir alle fühlen uns zu dem hingezogen, was schön und gebrochen ist; das habe ich auch schon erlebt. Aber manche Menschen
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