City Vampire - Frankfurt im Morgengrauen
erscheinen: Er wurde selbst zur Zielscheibe.“
„Was?“ fragte Kai entgeistert. „Wie?“
„Ich kenne die Todesursache noch nicht“, erklärte Lara, „aber wer auch immer ihn für den Mord an dem Callgirl engagiert hat, der hat nun dafür gesorgt, dass er nicht mehr darüber reden kann.“
„Und damit stehen wir wieder ganz am Anfang“, stellte Janus bitter fest.
„Nicht ganz “, entgegnete Lara, die sich wieder ein wenig gefasst hatte. „Ein weiterer Mord liefert immer auch weitere Hinweise.“ Sie griff zum Telefon und wählte eine Nummer. „Ich werde jetzt meine alten Polizeikontakte spielen lassen!“
Lara ermöglichte sich und Janus noch am selben Abend einen Besuch in der Rechtsmedizin. Nach einer kurzen Fahrt durch das nächtliche Frankfurt erreichten sie schweigend ihr Ziel.
Der starke Geruch nach Desinfektionsmitteln stach Janus in der Nase, aber er erwähnte es nicht. Es erstaunte ihn sehr, dass er Lara hatte begleiten dürfen; normalerweise waren Besucher in der Pathologie nicht gestattet, schon gar nicht, wenn es um einen Mordfall ging. Doch Lara genoss noch immer großes Ansehen bei ihren ehemaligen Kollegen.
„Ganz ehrlich: Ich wüsste tausend Orte, an denen ich jetzt lieber mit dir wäre“, gestand Janus und Lara hielt kurz inne.
„Geht mir ganz ähnlich“, lächelte sie zaghaft und ergänzte: „Lass uns das schnell hinter uns bringen.“
Sie gingen einen gekachelten Flur entlang, bis sie zu einer weißen Schwingtür kamen, in die kleine Glasscheiben eingelassen waren. Beide trugen weiße Kittel und Gummihandschuhe. Ein junger Mann – er war ein Assistent des Rechtsmediziners – ging voraus und hielt ihnen die Schwingtür auf. Janus war noch nie in einer modernen Pathologie gewesen und die Reihen von aluminiumfarbenen Schränken mit ihren viereckigen Öffnungen jagten ihm trotz seiner übernatürlichen Existenz einen eisigen Schauer über den Rücken. Hinter jedem dieser eisigen Vierecke lag ein Toter – oder zumindest hinter vielen.
Der junge Assistent schaute auf seinem Klemmbrett nach und öffnete eine der Kammern. Er zog die auf Schienen gelagerte Aluminiumliege heraus und schlug das weiße Tuch vom Gesicht des Toten zurück.
„Bitte sehr, Yannik Renauld“, bemerkte er routiniert. „Ich lasse Sie dann einen Moment allein.“
Ohne eine Antwort abzuwarten verließ er den Raum . Die Tür schwang noch zwei- oder dreimal hin und her, dann kam sie zum Stillstand.
Lara betrachtete das Gesicht des Toten. „Das ist er “, bestätigte sie und schlug das Laken weiter zurück, um auch den Oberkörper des Toten in Augenschein nehmen zu können. Auf der Brust zeichnete sich deutlich das typische, grob vernähte Y ab, das nach der Autopsie und der damit verbundenen Öffnung des Brustkorbs zurückblieb. Lara warf einen Blick auf das Klemmbrett.
„Todesursache: Genickbruch“, las sie vor und hob fragend eine Augenbraue. Sie schaute auf den Toten hinab. „Was denkst du?“ Sie sah Janus fragend an.
Der Vampir stand da wie eine Statue aus edlem Marmor vor einer weißen Kachelwand und seine grauen Augen wirkten unnatürlich dunkel in dem kalten Neonlicht.
„Was ist?“, fragte Lara behutsam nach, als er nicht reagierte. Sie besaß genügend Erfahrung mit Empfindungen, plötzlichen Eingebungen und Visionen, um zu erkennen, dass Janus etwas bemerkt hatte. Etwas, das diesmal ihren eigenen Sinnen verborgen geblieben war.
„Diesmal war es die Tat eines Vampirs “, antwortete Janus tonlos.
„Bist du sicher?“ Lara spürte, wie die feinen Härchen in ihrem Nacken sich aufrichteten.
„Ja. Darf ich?“, fragte er höflich, was in dieser Situation grotesk wirkte.
„Natürlich .“ Lara wich verwundert einen Schritt zurück. Der Vampir ergriff die kalte Hand und hielt sie ins grelle Licht.
„ Was hast du entdeckt?“, wollte Lara atemlos wissen und kam wieder näher heran. Wortlos drehte Janus ihr den Handrücken des Toten hin, sodass sie sehen konnte, was er bereits gesehen hatte.
Yannik Renauld hatte eine Brandwunde auf dem Handrücken. Eine Brandwunde in Form eines verschnörkelten Pentagramms, welches von einem Kreis umschlossen wurde. Es musste von einem Siegelring oder Ähnlichem stammen.
„Ich habe so etwas schon einmal gesehen “, stellte Janus regungslos fest. „Ich schätze, ich weiß jetzt, wer unser Mörder ist.“
Kapitel 19
Ruhelos wanderte er in seiner dunklen Höhle auf und ab. Er hatte ja so lange auf diese Gelegenheit gewartet!
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