City Vampire - Frankfurt im Morgengrauen
vorbeiging. Sie warf einen kurzen Seitenblick hinein. Ein sehr alter Mann hatte sich zu Kai gesetzt, sonst war da niemand. Lara ging weiter, vorbei an Janus’ Abteil bis zur Toilette. Dann wartete sie kurz.
Ihre Gedanken kreisten. Ob es der alte Mann war? In diesem Fall wäre die Verkleidung wirklich hervorragend. Er müsste sogar eine komplette Maske tragen, denn sie hatte selbst bei dem kurzen Blick die Runzeln im Gesicht des Greises sehen können. Lara schaute auf die Uhr. Seit drei Minuten stand sie hier, das genügte. Gemütlich schlenderte sie zurück. Diesmal warf sie einen Blick zu Janus, der scheinbar konzentriert in einem Buch las. Als er Laras Blick bemerkte, schaute er auf und lächelte ihr kurz zu, dann vertiefte er sich wieder unauffällig in seine Lektüre. Ein Abteil weiter war Kai Westphal noch immer in Gesellschaft des älteren Mannes, doch schien dieser in keinerlei Hinsicht an Kai interessiert zu sein.
Lara kehrte zurück in ihr Abteil und wartete. Weitere zehn Minuten vergingen, ohne dass Kai sich meldete. Lara wurde zunehmend unruhig. War da etwas schief gegangen? Sie schrieb Janus eine SMS:
Kannst du b itte mal nachschauen? Vielleicht der alte Mann?
Nach fünf Minuten kam die Antwort.
Das ist er nicht. Warten wir noch etwas.
Sie fuhren eine halbe Stunde bis nach Mainz. Der alte Mann verließ den Zug und wurde am Bahnhof von seinen strahlenden Enkelkindern begrüßt. Eine Frau setzte sich zu Kai ins Abteil und stieg zwei Stationen weiter wieder aus. Nach drei Stunden Fahrt gaben sie schließlich auf.
„Meinen Sie, er hat Lunte gerochen?“, fragte Kai an Lara gewandt nach dem Umsteigen im Bordrestaurant des Zugs, der sie zurück nach Frankfurt bringen sollte.
Sie schüttelte den Kopf. „Das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Können Sie von hier aus Ihre E-Mails checken? Vielleicht hat er noch einmal geschrieben?“
Kai öffnete den Mail -Account auf seinem Smartphone. „Nein, nichts“, antwortete er, als er das Telefon wieder wegsteckte.
„ Für den Moment können wir nichts tun“, stellte Janus niedergeschlagen fest.
„ Ich überlege mir eine neue Strategie“, versuchte Lara die Situation zu retten.
Auch am darauffolgenden Tag meldete sich der Killer nicht. Kai schickte eine E-Mail an die Adresse, von der er die Nachricht erhalten hatte, doch es kam nichts zurück. Am Abend trafen sich Kai, Janus und Lara in ihrem Büro und überlegten gerade, ob sie noch einmal einen Geldbetrag überweisen sollten – da klingelte Laras Telefon. Schmidt war am Apparat.
„Hallo, Kleines .“ Seine Stimme klang angespannt. „Bevor du es aus den Nachrichten hörst, wollte ich dich lieber selbst informieren.“
Lara war sofort alarmiert. „Was ist denn passiert?“, fragte sie und ihr Herz klopfte heftig gegen ihre Rippen.
„Der Mann, dessen Foto du mir gezeigt hast, Yannik Renauld. Er ist tot.“
Kapitel 18
„Wie bitte?“ Laras Stimme war kaum mehr als ein heiseres Flüstern.
„Wir haben die Leiche deines Auftragskillers aus dem Main gefischt“, informierte Schmidt sie.
„Oh mein Gott “, hauchte Lara. Alle Farbe wich aus ihrem Gesicht und in ihr keimte ein schrecklicher Verdacht. „Kannst du mir etwas zum Todeszeitpunkt sagen?“
„Er hat etwa vierundzwanzig Stunden im Wasser gelegen. Und er trug eine Schusswaffe mit Schalldämpfer bei sich. Wahrscheinlich die Tatwaffe, mit der er das Callgirl erschossen hat.“
Deshalb war er also nicht zum Treffpunkt gekommen, dachte Lara. Übelkeit stieg in ihr auf.
„Danke, Klaus “, sagte sie ins Telefon. „Ich weiß es sehr zu schätzen, dass du mich informiert hast.“
„Pass auf dich auf, hörst du?“, ermahnte der Kommissar sie. „Auftragsmörder, die selbst ermordet werden – das Ganze hat sich in eine gefährliche Richtung entwickelt.“
„Ist es nicht immer gefährlich?“, säuselte Lara gespielt sorglos, doch es klang gezwungen. „Ich bin vorsichtig, versprochen. Und nochmals danke.“ Dann legte sie auf.
Als Lara zu Janus und Kai aufblickte war sie knochenbleich. Janus hatte das Telefongespräch aufgrund seines hervorragenden Hörvermögens verfolgen können, doch Kai hatte keine Ahnung, was gerade gesprochen worden war.
„Was ist los?“, wollte er wissen und sah von einem zum anderen. „Lara? Sie sehen aus, als hätten Sie ein Gespenst gesehen …“
„Ja, so fühle ich mich auch “, gestand sie. „Wie es aussieht, hatte unser Killer einen guten Grund, nicht zu dem Treffen zu
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