Clancy, Tom
genug
Geld ein, um ihre und unsere Kultur zu korrumpieren. Sie brauchen unsere Hilfe
gar nicht. Bis die Russen im Jahr 1979 kamen, haben sie sich gegenseitig
umgebracht. Dann haben sie sich zusammengetan und den Iwan gehörig zur Ader gelassen.
Zwei Wochen nachdem die Rote Armee abgezogen war, haben sie dann wieder
angefangen, sich gegenseitig abzumurksen. Sie wissen überhaupt nicht, was
Frieden ist. Sie wissen nicht, was Wohlstand ist. Wenn man ihren Kindern Schulen
baut, jagen sie die in die Luft. Ich habe dort über ein Jahr gelebt, bin die
Berge hochgekraxelt und habe auf den Iwan geschossen. Und ich habe versucht,
Afghanen auszubilden. Sie haben viele wirklich liebenswerte Züge, aber dreh
ihnen bloß nicht den Rücken zu. Dazu kommt noch das Terrain. Einige Plätze sind
so hoch, dass kein Hubschrauber dort hinauffliegen kann. Nicht gerade das
ideale Feriengebiet. Aber die härteste Nuss dort ist ihre Kultur. Das sind
Steinzeitmenschen mit modernen Waffen. Sie scheinen ein genetisches Wissen
über alles zu haben, womit man einen Menschen töten kann. Sie sind anders als
alle Leute, denen ich jemals begegnet bin. Das Einzige, was sie nicht tun, ist,
ihre Opfer aufzuessen. Dazu sind sie zu sehr Muslime. Wie dem auch sei, solange
das Opium Geld einbringt, ist es die Maschine, die das ganze Land antreibt, und
daran wird auch niemand etwas ändern können.«
»Das
klingt aber ziemlich düster«, bemerkte Ryan.
»Düster ist nicht das richtige Wort. Verdammt, die Russen
haben alles versucht, um Akzeptanz für ihr Eingreifen zu wecken. Sie haben
ihnen Schulen, Krankenhäuser und Straßen gebaut, aber was hat das gebracht?
Diese Leute kämpfen aus Freude am Kampf. Man kann ihre Loyalität mit
Nahrungsmitteln und so etwas kaufen, und man kann natürlich auch wieder
versuchen, ihnen Krankenhäuser, Schulen und Straßen zu bauen. Es sollte
eigentlich funktionieren, aber verwetten sie nur nicht Ihr Häuschen darauf! Man
muss einen Weg finden, um dreitausend Jahre Stammeskriege, Blutfehden und Misstrauen
gegen alles Fremde zu überwinden. Diese Nuss ist kaum zu knacken. He, ich habe
in Vietnam gekämpft, und Vietnam ist im Vergleich zu Afghanistan ein
verdammtes Disneyland.«
»Und
irgendwo in diesem Magic Kingdom spielt der Emir mit uns Verstecken«, warf
Chavez ein.
»Oder auch
nicht«, entgegnete Clark. »Alle nehmen an, dass er noch dort ist. Warum
eigentlich?«
»Wissen
Sie etwas, was wir nicht wissen?«, fragte Ryan mit einem Lächeln.
»Nein, ich
bemühe mich nur, wie dieser Bursche zu denken. Bei den SEALs war das die Regel
Nummer eins beim Flucht- und Ausweichtraining: Geh immer dorthin, wo der
Gegner nicht ist.
Sicher, seine Optionen sind begrenzt, aber er verfügt doch anscheinend über
eine ordentliche Infrastruktur und einen Haufen Bargeld.«
»Vielleicht
ist er in Dubai«, schlug Ding vor, »in einer dieser Luxusvillen.«
Expräsident
Ryan musste über diese Vermutung lachen. »Nun, wir suchen überall nach ihm.
Aber ohne eine Analyse- und Auswertungsabteilung, die die richtigen Fragen
stellt, und eine Einsatzorganisation, die ihn dort draußen aufspüren kann, ist
alle Mühe nur Zeitverschwendung. Alle Leute, die Kealty hereingebracht hat,
interessieren sich immer nur für das >große Ganze<. So werden sie diesen
Job ganz bestimmt nicht erledigen.«
Zwei Stunden
später waren Clark und Chavez auf dem Rückweg nach Washington. Beide verdauten
ihr Essen und dachten über alles nach, was sie gerade erfahren hatten. Obwohl
Ryan das Thema nur ganz kurz angerissen hatte, war sich Clark sicher, dass der
ehemalige Commander in Chief ernsthaft daran dachte, sich erneut um das
Präsidentenamt zu bewerben.
»Er wird
es tun«, sagte Chavez plötzlich.
»Ja«,
stimmte Clark zu. »Er fühlt sich irgendwie gefangen, wie in einem Käfig.«
»Er sitzt in einem Käfig.«
»Wir doch
auch, Domingo. Neuer Job, die gleiche Scheiße.«
»Na ja,
etwas anders ist er schon. Es wird auf jeden Fall interessant. Ich frage mich
nur, wie oft ...«
»Nicht so
oft, glaube ich. Tote sind generell schlecht fürs Geschäft, und Tote können
auch nichts mehr erzählen. Wir sind jetzt im Nachrichtengeschäft — vergiss das
nicht.«
»Aber
manchmal bleibt einem gar nichts anderes übrig, als einen dieser Schurken aus
dem Weg zu räumen.«
»Das
stimmt. In Langley war es nur immer schwer, jemand dazu zu bringen, den
entsprechenden Befehl zu unterzeichnen. Papier hält eben ewig, glauben sie. In
Vietnam hatten wir einen
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