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Clancy, Tom

Clancy, Tom

Titel: Clancy, Tom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dead or Alive
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Er bricht ein, er geht förmlich aus dem Leim, und mit ihm das ganze Land.
    w ie versprochen, wartete das Charterschiff schon auf sie.
Der Kapitän war ein ortsansässiger Fischer namens Pjotr Salychow. Er saß auf
einem weißen Gartenstuhl auf dem ansonsten völlig menschenleeren Landesteg, der
mit halb morschen Holzplanken bedeckt war, und rauchte eine Pfeife. Im kalten
schwarzen Wasser dümpelte ein zwölf Meter langer, ausladender Halmatic-Kutter
britischer Herkunft träge an den Tauen. Salychow stand grunzend auf.
    »Sie sind
spät dran«, brummte er, während er vom Pier auf das Achterdeck stieg.
    »Schlechtes
Wetter«, erklärte Adnan. »Sind Sie bereit?«
    »Wäre wohl
nicht hier, wenn ich's nicht wäre.«
    Während
der ersten Verhandlungen hatte Salychow ein paar Fragen gestellt — wer sie
waren und warum sie auf die Insel wollten -, aber Adnan hatte den ökologischen
Eiferer gespielt und während des Gesprächs ein paar versteckte Fragen oder
Hinweise fallen lassen. Ökofreaks und Umweltschützer kämen schon seit Langem
immer wieder mal hierher, hatte Salychow mit einem Schulterzucken geantwortet,
um die Zerstörungen zu dokumentieren, die der Kalte Krieg angerichtet hatte.
Solange sie dafür zahlten und weder ihn noch sein Boot in Gefahr brachten,
mache es ihm nichts aus, Leute zu dieser gottverlassenen Insel zu schippern.
Gegen Blödheit gebe es eben keine Medizin, meinte er.
    »Ihr
Kutter ist kleiner, als ich mir vorgestellt hatte«, bemerkte Adnan mit einem
Kopfnicken zum Kutter.
    »Was haben
Sie denn erwartet - ein Schlachtschiff? Er ist hart im Nehmen. Die Halmatic
gehört zu den wenigen wirklich guten Schiffen, die die Engländer jemals gebaut
haben. Ich hab schon erlebt, wie sie bis zum Baum krängte, aber sie kam trotzdem
immer wieder hoch. Unterwegs müssen Sie aber selbst auf sich aufpassen. Und
jetzt kommen Sie endlich an Bord - wir können in zehn Minuten ablegen.«
    Adnans
Männer luden gerade den Rest der Ausrüstung aus dem Truck und beeilten sich,
alles auf das Achterdeck zu schaffen. Salychow bellte seine Befehle, wo und
wie alles zu verstauen sei. Als er sich endlich vergewissert hatte, dass alles
in Ordnung war, warf er die Leinen los, stemmte einen Fuß gegen den Pier und
stieß die Halmatic ab. Sekunden später stand er bereits im Ruderhaus und
startete den Motor. Der alte Diesel rußte eine gewaltige schwarze Wolke in den
Himmel und sprang röhrend an. Am Heck schäumte das Wasser auf.
    »Der
nächste Hafen«, brüllte Salychow über die Schulter, »heißt Die Hölle.«
     
    Zwei Stunden später tauchten steuerbords die südlichen
Ausläufer der Insel aus dem Nebel auf. Adnan stand mittschiffs und observierte
die Küste durch ein Fernglas. Salychow hatte ihm versichert, dass Militärpatrouillen
kein Problem seien, und tatsächlich konnte Adnan auch keine entdecken.
    »Sie sind
schon irgendwo dort draußen«, rief ihm Salychow aus dem Ruderhaus zu. »Aber
sie sind nicht sehr helle. Man kann sogar die Uhr nach ihnen stellen. Dieselbe
Patrouillenroute, jeden Tag zur selben Zeit.«
    »Und was ist
mit Radar?«
    »Wo?«
    »Auf der
Insel. Habe gehört, dort gibt es einen Luftwaffenstützpunkt ...«
    Salychow
lachte. »Was denn - meinen Sie etwa Rogachevo? Gibt's eigentlich nicht mehr.
Kein Geld mehr da. Hatten damals hier ein Jagdbombergeschwader stationiert,
das 641., glaube ich, aber heute stehen dort nur noch ein paar Frachtflugzeuge
und Hubschrauber herum. Und die Patrouillenboote haben eine ziemlich jämmerliche
Navigationsausrüstung, wie gesagt, man kann genau vorhersagen, wann sie
unterwegs sind. Aber in Küstennähe sind wir sicher. Wie Sie sich wohl denken
können, achten sie strikt darauf, uns nicht zu nahe zu kommen.«
    Adnan
wusste, was er damit meinte. Im Gegensatz zu seinen Männern, die über ihren
Einsatz und ihren Zielort sehr wenig wussten, hatte Adnan ein detailliertes
Briefing erhalten.
    Nowaja
Semlja war tatsächlich die Hölle auf Erden. Der letzten Volkszählung zufolge
wohnten dort 2 500 Menschen, größtenteils Angehörige der Urbevölkerung, der
Nentsen, die hauptsächlich in der Siedlung Beluschaja Guba lebten. Die Insel
bestand eigentlich aus zwei Inseln - Sewerny im Norden, Yuschny im Süden,
voneinander getrennt durch den Matotschkin Schar.
    Schade
eigentlich, dachte Adnan, dass die Welt Nowaja Semlja nur wegen ihrer Rolle im
Kalten Krieg kannte. Russen und Europäer hatten die Inseln seit dem 11. Jahrhundert
erkundet, zuerst durch die Kaufleute aus Nowgorod,

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