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Clancy, Tom

Clancy, Tom

Titel: Clancy, Tom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dead or Alive
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halten.
    Tatsächlich
dauerte es insgesamt knapp über eine Minute. Die Flugzeugnase stieg auf und
fiel ab, taumelte nach rechts und links, trudelte unkontrolliert durch die
Luftströmungen, denen sie ausgesetzt war, bis sie mit einer Geschwindigkeit von
240 Knoten auf die Wasseroberfläche aufschlug. Die Wirkung trat auf der Stelle
ein und war absolut fatal. Um dieselbe Zeit hatte ihre Chartergruppe ihr
letztes Ziel erreicht und verschwendete keinen Gedanken mehr an die Crew.
     
     
    Wie ein Zeichen Allahs, dass er auf
dem richtigen Weg sei, hörte Dirar al-Kariim den adhan, den Gebetsruf, über den Dächern von Tripolis bis in
das Café hallen, in dem er seinen Tee trank. Der Zeitpunkt war kein Zufall, wie
er wusste. Er hatte sich so sehr darauf konzentriert, die Operation im Geist
immer wieder durchzuspielen, dass er nicht auf den Sonnenuntergang geachtet
hatte. Unwichtig. Sicher würde Allah ihm diese Saumseligkeit vergeben,
besonders, wenn er seine Sache gut machte - und es war seine Sache, egal, wie
sie ausging. Dass seine Vorgesetzten den Wert der Mission nicht erkannt hatten,
war bedauerlich, machte Dirar aber keine Sorgen. Eigeninitiative, solange sie
mit dem Willen Allahs und den Gesetzen des Islam in Einklang stand, war ein Segen,
und sicher würden seine Vorgesetzten das ebenso sehen, wenn die Mission erst
abgeschlossen war. Ob er dann noch am Leben sein würde, um ihr Lob zu hören,
lag in Allahs Hand, aber seine Belohnung war ihm sicher, in diesem Leben oder
im nächsten. Mit diesem Gedanken tröstete Dirar sich und beruhigte seinen
revoltierenden Magen.
    Bis jetzt
hatte er im Dschihad hauptsächlich Unterstützungsarbeit als Fahrer und
Informant geleistet und andere Kämpfer bei sich übernachten lassen; hin und
wieder hatte er auch als Kundschafter gearbeitet und Informationen beschafft.
Er war natürlich schon mit Waffen umgegangen, hatte aber zu seinem großen
Kummer noch nie eine auf den Feind gerichtet. Das würde sich bald ändern — vor
dem nächsten Morgengrauen, um genau zu sein. Aber im Ausbildungslager bei
Fuqha hatte er gelernt, dass Schießen nur ein kleiner Teil jeder Operation
war. Darin zumindest hatte das amerikanische Militär recht. Die meisten Kämpfe
waren schon entschieden, bevor die Soldaten das Schlachtfeld betraten. Planung,
abermals Planung und wieder Planung. Fehler entstehen aus schlechter
Vorbereitung.
    Sein
Wunschziel hatte sich als zu ambitioniert erwiesen, nicht nur angesichts der
begrenzten Anzahl von Kämpfern, die ihm zur Verfügung stand, sondern auch wegen
der Lage des Ziels. Das Hotel war eines der neuesten von Tripolis, mit so
vielen Ausgängen, Stockwerken und unbekannten Schwachstellen, dass er
mindestens zwei Dutzend Männer brauchen würde, um es zu sichern. Dazu kamen
noch die Sicherheitskräfte des Hotels - alles ehemalige Soldaten und
Polizisten mit modernster Waffentechnik und dem besten erhältlichen
Überwachungssystem. Dirar war sich sicher, dass er auch diese Mission mit
genügend Zeit und Reserven durchziehen könnte, aber zumindest vorläufig hatte
er weder das eine noch das andere. Nächstes Mal vielleicht.
    Stattdessen
hatte er ein zweitklassiges Ziel ausgewählt, eines, das von einer anderen
Zelle - der Benghasi-Gruppe, wie Dirar vermutete - bereits vorgeschlagen, aber
von der Führung abgelehnt worden war, ohne dass die Ablehnung begründet oder
ein Alternativziel genannt worden wäre, und wie viele seiner Landsleute hatte
Dirar es satt zu warten, während der Kreuzzug des Westens ungehindert
vorangetrieben wurde. Wie zu erwarten, hatte er schnell andere
Zellenmitglieder gefunden, die genauso dachten, obwohl die Anwerbung eine
gefährliche Sache gewesen war. Dirar konnte ja nicht wissen, ob sein Vorhaben
nicht bereits an die falschen Ohren - innerhalb wie außerhalb der Organisation
— gedrungen war. Im vergangenen Jahr war es Gaddafis Haiat amn al-Jamahiriya
gelungen, mehrere Zellen zu infiltrieren, darunter eine, die von einem
Schulfreund Dirars geführt wurde. Diese neun Männer, allesamt gute Kämpfer und
wahre Gläubige, waren in der Bab-al-Azizia-Kaserne verschwunden und nie wieder
herausgekommen - jedenfalls nicht lebend.
    Das
Ersatzziel war zwar weicher und nur am Rande mitverantwortlich dafür, wofür es
bestraft werden sollte, aber Dirar war überzeugt, dass ein Erfolg die Botschaft
klar vermitteln würde: Die Soldaten Allahs hatten ein langes Gedächtnis und
noch längere Messer. Tötet einen von uns, und wir töten hundert von

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